Mo., 05.06.23 | 05:30 Uhr
Service: Neues Recht für Bahnreisende
mit Kay P. Rodegra, Rechtsanwalt
Millionen Reisende nutzen jeden Tag im Nah- und Fernverkehr die Bahn. Verspätungen und Zugausfälle sind inzwischen an der Tagesordnung. Bahnkunden brauchen oftmals Geduld. Ärger beim Bahnfahren bleibt nicht aus. Jetzt kommt mit dem Stichtag 07.06.2023 eine neue EU-Verordnung, die die Verbraucherrechte der Bahnkunden zum Teil deutlich einschränkt.
Ticketrückgabe bei Zugverspätung?
Man kann sein Ticket bei einer Zugverspätung zurückgeben. Kommt es zu einer erwarteten Verspätung am Zielbahnhof von mehr als 60 Minuten oder fällt der Zug ganz aus, dann kann das Ticket zurückgegeben werden. Der Fahrgast bekommt den vollen Fahrpreis einschließlich Sitzplatzreservierung erstattet.
Entschädigung bei Verspätung
Ab dem 7. Juni 2023 kommt es entscheidend auf den Grund der Verspätung an, wenn man eine Entschädigung seitens des Bahnunternehmens erhalten will. Wer mit 60 Minuten oder mehr zu spät ankommt, kann den Fahrpreis um 25 Prozent mindern, ab 120 Minuten bekommt 50 Prozent zurück. Das gilt aber nicht, wenn sich das Bahnunternehmen auf unvermeidbare außergewöhnliche Umstände berufen kann, z.B. Wetterchaos oder wenn unbefugte Menschen auf den Gleisen den Zugverkehr stoppen. Streiks bei der Bahn gehen aber zu Lasten des Bahnunternehmens.
Der Bahnkunde sollte sich die Verspätung des Zuges auf seinem Ticket bestätigen lassen. Entweder im Zug oder am Serviceschalter im Bahnhof. Liegt die Entschädigungshöhe unter 4 €, bekommt man den Betrag nicht ausbezahlt, sondern der Bahnkunde muss weitere Fälle abwarten und seine Entschädigungsforderung dann gesammelt einreichen.
Welche Hilfe gibt es, wenn man nachts auf dem Bahnhof strandet?
Fällt abends ein Zug aus und es gibt keinen anderen Zug mehr zum Zielbahnhof, so dass man bis 24:00 Uhr ankommt, kann der Bahnkunde ein Taxi zum Zielbahnhof nehmen. Das gilt auch, wenn ein nächtlicher Zug (planmäßige Ankunftszeit zwischen 0 und 5 Uhr) mit einer Verspätung von mindestens 60 Minuten am Zielort ankommen würde. Die Taxikosten werden bis max. 80 € erstattet. Kommt man nachts gar nicht mehr an das vereinbarte Ziel, kann man vom Bahnunternehmen die Unterbringung in einem Hotel verlangen.
Ansprüche bei Verspätungen
Mit dem Fahrgastrechte-Formular kann man seine Ansprüche wegen einer Verspätung geltend machen. Das ist schnell ausgefüllt und man reicht es zusammen mit dem Fahrschein ein. Unbedingt vorher eine Kopie des Fahrscheins machen. Online findet man das Formular z.B. unter: https://www.bahn.de/service/fahrplaene/fahrgastrechte. Das Formular erhält man auch beim Zugpersonal oder im Bahnhof am Service-Point. Ansprüche können auch online über das Kundenkonto (www.bahn.de) oder über die APP DB Navigator angemeldet werden.
Reservierter Sitzplatz im überfüllten Zug
Auch wenn der Zug komplett überfüllt ist, behält die Reservierung ihre Gültigkeit. Fällt der Zug mit dem reservierten Platz aus oder wird die Reservierung vom Bahnunternehmen nicht vorgenommen oder aufgehoben, kann man sich die Reservierungsgebühr erstatten lassen.
Flug verpasst durch verspäteten Zug
Wenn man wegen eines verspäteten Zuges seinen Flug verpasst, weil man nicht rechtzeitig zum Flughafen kommt, dann muss das Bahnunternehmen das Ticket für einen Ersatzflug nicht zahlen. Das Wegerisiko trägt also der Bahnreisende. Anders bei einem sog. Rail & Fly-Ticket, das als Beförderungsleistung eines Reiseveranstalters bei einer Flugpauschalreise verkauft wird. Hier hat der Kunde einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter.
Gelten die Fahrgastrechte auch beim 49-Euro-Ticket?
Für Bahnkunden, die mit einem 49-Euro-Ticket in Nahverkehrszügen unterwegs sind, gelten derzeit ebenfalls die Fahrgastrechte.
Bekomme ich als behinderter Mensch Hilfe beim Bahnfahren?
Ja. Bahnreisende mit Behinderung bzw. Mobilitätseinschränkungen erhalten auf Wunsch unentgeltliche Hilfeleistungen. Es muss beispielshalber darüber informiert werden, welche Bahnhöfe mit Personal ausgestattet sind, so dass Hilfe beim Ein- und Aussteigen bzw. beim Umsteigen zur Verfügung gestellt werden kann. Wer beim Bahnfahren Hilfe benötigt, muss den Wunsch danach mindestens 48 Stunden vorher anmelden. Ansprechpartner bei der Deutschen Bahn ist die Mobilitätsservice-Zentrale (MSZ) andere Bahnunternehmen sind z.B. über die jeweiligen Online-Seiten erreichbar.
Weitere Informationen
• Deutsche Bahn, Informationen zu Fahrgastrechten
https://www.bahn.de/service/buchung/fahrgastrechte
• Eisenbahn Bundesamt, Fahrgastrechte Bahn: Beispiele und Ausnahmen:
https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Fahrgastrechte/Bahn/Beispiele_Ausnahmen/beispiele_ausnahmen_node.html
• Eisenbahn Bundesamt, Fahrgastrechte Bahn: Erstattung bei Verspätung
https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Fahrgastrechte/Bahn/Beispiele_Ausnahmen/beispiele_ausnahmen_node.html
Stand: 05.06.2023 11:54 Uhr
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