Pressemeldung vom 03.11.2011
„Skandal! Affäre! Enthüllung!": Wickerts Gummibärchen und Becksteins Windeln
Am Montag, 7. November 2011, 23.30 Uhr
Im Votingformat zur Geschichte der ARD-Politikmagazine erzählt Günther Beckstein, wie die Stasi ihn beim Babywickeln belauschte, und Ulrich Wickert berichtet von klebrigen Details bei einer brisanten Recherche.
Manchmal liegen politische Brisanz und alltägliche Banalität ganz nah beieinander. Das wird deutlich, wenn Ulrich Wickert aus seiner Zeit als Reporter des Politikmagazins „Monitor" im wahrsten Sinne des Wortes klebrige Details verrät: Ein Informant in der „Starfighter"-Affäre der 60er Jahre verlangte von ihm als Gegenleistung für brisante Details zum damaligen Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß ein süßes Honorar: zwei Kilo Gummibärchen. Wickert brachte sie in Plastiktüten nach London. Diese Geschichte erzählt er in der Sendung „Skandal! Affäre! Enthüllung! - Ihre Highlights aus 50 Jahren Politikmagazine". Die ARD hat den Geburtstag der politischen Magazine von „Panorama" bis „Report Mainz" zum Anlass genommen, ihre Zuschauer abstimmen zu lassen, und gefragt: „Welcher Skandal, welche Affäre, welche Enthüllung aus den vergangenen 50 Jahren hat Sie am meisten bewegt?"
Zehn Themen standen zur Wahl - vom CDU-Parteispendenskandal über die Starfighter-Affäre bis hin zu Enthüllungen rund um die Stasi. Mit der hat Bayerns Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein seine ganz private Geschichte: DDR-Schnüffler hatten ein Gespräch mit seiner Frau abgehört. Der Inhalt: Der gemeinsame Sohn wird gewickelt und dafür werden Pampers-Windeln verwendet. So penibel niedergeschrieben fand Günther Beckstein es später im Protokoll der Stasi.
Eine andere Begebenheit berichtet Peer Steinbrück: Ein katholischer Pfarrer war es, der ihm 1968 in Italien Avancen machte. Solange, bis ein Freund Steinbrücks dem zudringlichen Kirchenmann drohte, „wenn er es fortsetzen würde, dann kriegt er einen aufs Maul." Der ungekürte SPD-Kanzlerkandidat erzählt diese Geschichte aus seiner Jugend, als es im Interview um Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche geht - in den vergangenen Jahren immer wieder Thema der politischen Magazine.
Neben Steinbrück und Beckstein kommentieren und erzählen Politiker wie Claudia Roth und Wolfgang Gerhard, die Moderatoren Marcel Reif und Sandra Maischberger sowie Künstler wie Marius Müller-Westernhagen und Dieter Nuhr, welche Erinnerungen und besonderen Beziehungen sie zur Berichterstattung von „Panorama", „Monitor", „Report München", „Report Mainz", „Fakt" und „Kontraste" haben. In einem sind sich alle einig: Die ARD-Politikmagazine haben die Geschichte der Bundesrepublik bis heute in besonderer Weise geprägt. Immer wieder haben sie mit Enthüllungen Schlagzeilen gemacht, sich in politische Diskussionen eingemischt und Missstände aufgedeckt.
Mit „Skandal! Affäre! Enthüllung!" probiert Das Erste zum ersten Mal eine neue Form der Jubiläumssendung aus. So genannte Votingformate, also Sendungen, bei denen das Zuschauervotum die Präsentation von Beiträgen bestimmt, sind bislang vor allem in der Unterhaltung erfolgreich. Die Koproduktion von NDR und SWR wendet dieses Prinzip jetzt auf investigative Berichterstattung an.
Die Autoren Dominique Ziesemer (NDR) und Benjamin Cors (SWR) haben für das Projekt hunderte Stunden Archivmaterial gesichtet und ausgewertet, um einen attraktiven, spannenden Themenmix auszuwählen. Benjamin Cors vom SWR in Mainz, der bereits den Film „60 Jahre ARD" produziert hat, sagt: „Wichtig für uns war es, dass wir wirklich aus jedem Jahrzehnt Themen finden, dass wir ‚Dauerbrenner‘ der Magazine genauso berücksichtigen, wie einzelne herausragende oder besonders umstrittene Filme." Dominique Ziesemer ergänzt: „Natürlich müssen sich auch die Promis, die wir interviewen, spontan an die Geschichten erinnern können. Schließlich wollen wir keinen Film für ‚Magazininsider‘ machen, sondern echtes Erinnerungsfernsehen." Dominique Ziesemer hat das einzige Quiz rund um die deutsche TV-Geschichte „Wer hat's gesehen?" erfunden und etliche Votingformate produziert.
Die Idee für „Skandal! Affäre! Enthüllung!" ist im NDR entstanden. Redakteur Stephan Brünjes, Chef von Dienst im Programmbereich Zeitgeschehen, konnte dabei auf Erfahrungen aus dem NDR Fernsehen zurückgreifen: „Das Votingformat ‚Die größten Schlagzeilen der Politik‘ lief bei uns im Dritten ausgesprochen erfolgreich. Das hat uns gezeigt, dass die Zuschauer durchaus Interesse an dieser neuen Art des Erinnerungsfernsehens haben." Redakteur Adrian Peter, Chef vom Dienst bei „Report Mainz" ergänzt: „Gerade über das Internet und social media haben wir hier die Chance, Zuschauer anzusprechen, die nicht ohnehin regelmäßig die politischen Magazine sehen. Damit ist natürlich die Hoffnung verbunden, auch jüngere Menschen für die Inhalte von Politikmagazinen zu begeistern."