SENDETERMIN So., 16.03.25 | 18:30 Uhr

Griechenland: Zehn Jahre nach der Finanzkrise

Griechenland: Zehn Jahre nach der Finanzkrise | Bild: Tilmann Kleinjung und Moritz Pompl, ARD Athen

Auf dem Fahrrad durch Athen, ohne Radwege… nicht viele trauen sich das zu. Auch in anderer Hinsicht ist Yiannos wagemutig. Er ist 36 und gehört zu einer Generation junger Griechinnen und Griechen, die zehn Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise wieder eine Chance für sich sehen in Griechenland. Yiannos erinnert sich noch gut an die Krisenjahre, an Arbeitslosigkeit und daran, was sich Freunde und Familie alles nicht leisten konnten.
Und jetzt: Der Mut, ein neues Geschäft zu eröffnen. Ein echter Spezialladen.

Rückblick: Vor zehn Jahren spitzt sich die Finanzkrise zu. Die Troika verlangt harte Einschnitte. Allen voran Deutschland drängt Griechenland zum Sparen.
Damals besuchten wir den Arzt Giorgos Vichas. Nebenberuflich behandelte er in dieser Sozialpraxis tausende unversicherter Patienten, gratis. Die öffentliche Gesundheitsversorgung: am Boden. Ohne Spenden, auch aus dem Ausland, ginge nichts mehr.

Der Aufschwung kommt nicht bei allen an.

Jetzt, zehn Jahre später, sind wir wieder bei Giorgos Vichas. Wie hat sich die Situation entwickelt? Vom Aufschwung kommt bei vielen nichts an, beobachtet der Arzt Giorgos Vichas. Wer für seine Gesundheit nicht privat bezahlt, hat ein Problem: “Die Anzahl derer, die z.B. keine Vorsorge-Untersuchungen machen, ist stark gestiegen. Dadurch ist auch die Lebenserwartung von chronisch kranken Menschen gesunken. Sie gehen zu selten zum Arzt. Und vernachlässigen sich selbst.”

Der Wirtschaftsboom, glaubt Ex-Finanzminister Varoufakis, gehe komplett an den Menschen vorbei: “Es fließt Geld nach Griechenland, um mit Immobilien zu spekulieren oder in Staatsanleihen, also in Schulden zu investieren, nicht in Produktion. Die Finanziers machen eine Goldmine daraus, während die Bevölkerung leidet und die Jungen auswandern.”
Wirtschaftswissenschaftler Aggelos Tsakanakis ist dagegen zuversichtlicher. “Natürlich wollen wir nicht zu einem früheren Wohlstandsmodell zurück. Das nur aus Tourismus und Bauwesen bestanden hat. Ich bin etwas optimistischer, dass im Moment vorsichtiger vorgegangen wird. Ohne dass ich sagen will: Wir hätten unsere Lektion komplett gelernt.“

Auch Yiannos Vafidis schaut durchaus kritisch auf den Aufschwung. Aber er merkt, dass wieder mehr Menschen etwas Neues wagen wie er. In seinem Laden stellt Yiannos maßgeschneiderte Fahrradtaschen her. Yiannos glaubt an sein Geschäftsmodell. Und daran, dass er zu einer Generation gehört, die in Griechenland wieder erfolgreich sein kann.

Tilmann Kleinjung und Moritz Pompl, ARD Athen

Stand: 16.03.2025 19:33 Uhr

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