So., 21.09.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA – Kreuzfahrtschiffe: moderne Luftverpester?
Nächste Woche wird beim UN-Klima-Sondergipfel in New York über die Verringerung von Treibhausgasen diskutiert. Nur einige Kilometer von der UN entfernt ankern täglich Kreuzfahrtschiffe aus aller Welt. Diese schwimmenden Hotels, sagen Kritiker, gehören zu den größten Dreckschleudern der Welt, denn die Kolosse produzierten so viel Abgase wie 13.000 Autos.
Die meisten Schiffe verbrennen Rückstandsöl und das gilt an Land als Sondermüll. Selbst an der Anlegestelle in der Millionenmetropole New York qualmen die Schornsteine weiter. Der Stadtteil Red Hook hält einen traurigen Rekord. Ein Viertel der Bewohner leidet an Asthma. Die Kreuzfahrtunternehmen, deren Geschäft boomt, tun sich eher schwer, in umweltschonende Techniken zu investieren.
Ein diesiger Morgen - Die Queen Mary läuft ein. Traumschiff- Traumreise. Einmal an der Freiheitsstatue vorbei auf Manhattan zu gleiten. Es ist ein besonderer Tag – genau vor 10 Jahren machte der Luxusliner seine Jungfernfahrt über den Atlantik genau hierher. Dezente Klänge in der Lobby – tief im Bauch der Queen Mary – die Gäste werden einzeln persönlich begrüßt. Der Chef ist mitgereist bereitet seine Festansprache vor. Sein Geschäft boomt – ganz besonders in Deutschland:
„New York ist für uns ganz wichtiger Markt, allein hier setzen wir pro Jahr 1 Mrd um – und die Deutschen sind uns liebe Kunden. Denn sie bringen uns die größten Wachstumsraten“
Er hat die Kreuzfahrtmanager der Queen Mary im Visier - Prof. Ross Klein. Er gilt als best informierter Kritiker der Branche. Wie sehr Kreuzfahrtschiffe zur Luftverschmutzung beitragen – darauf weist er immer wieder hin. „Ein Kreuzfahrtschiff wie die Queen Mary produziert soviel Abgase wie 13 000 Autos. Seit Jahren gibt es Techniken, um das zu verhindern, aber die kosten Geld und reduzieren die Profite der Branche.“
Auf allen Weltmeeren, dasselbe Bild. Verbrannt wird oft Rückstandsöl, an Land wäre das Sondermüll – diese Schiffe gehören zu den größten Dreckschleudern der Welt - immer noch. Die deutsche Aida Flotte, die Queen Mary (gehören) inzwischen dem US Unternehmen Carnival. Es kontrolliert mehr als die Hälfte des Weltmarktes.
Die Schornsteine der Queen Mary qualmen weiter, auch nachdem sie angelegt hat. Abgase der dieselbetriebenen Generatoren zur Stromproduktion an Bord. Das Schiff ankert in Redhook Brooklyn – Hier sind besonders viele Kinder an Astma erkrankt. Der Stadtteil hält einen traurigen Rekord. Die Stadt New York gibt an, das in Redhook ein Viertel der Bewohner Asthma hat - das ist auffällig hoch. Asthma kann viele Gründe haben- Luftverschmutzung ist einer davon: Die schweren Asthmafälle in seiner Nachbarschaft treiben Adam Armstrong seit Jahren um. Er schrieb an den Bürgermeister, und fragte, warum dürfen Schiffe direkt vor seiner Türe ankern und weiter die Luft verpesten? „Da sterben hier Kinder an Asthma, das bilde ich mir nicht ein, das ist unsere Wirklichkeit . Da müssen wir doch alles tun, um die Luftqualität zu verbessern“
Redhook – nicht grade das beste Viertel New Yorks. Viele arme Leute in Sozialwohnungen leben hier wie die Familie Geddie. Auch Equasha Geddie hat Asthma. Sie führt uns vor, wie sie sich auf einen Anfall vorbereitet und´zeigt uns ihren Inhalator – ihre Lebensversicherung. Für ihren kleinen Bruder Cee Deshawn kam jede Hilfe zu spät. 4 Jahre ist das her, da konnten die Ärzte nur noch seinen Tod feststellen. Die Mutter Kisha hatte ihn ins Krankenhaus gebracht: Diagnose :Herzstillstand nach einem Asthmaanfall. „Ich weine jetzt nicht mehr so viel wie früher, ich hab ihn fest in meinem Herzen und ich weiß, er ist jetzt im Himmel, und es geht ihm gut. Aber Ich glaube, die starke Luftverschmutzung hier in unserem Viertel beeinträchtigt immer noch die Atmung vieler Kinder.“
Längst gibt es technische Lösungen – so wie hier in Oslo, um Schiffe von Land aus mit Strom zu versorgen, so dass sie wenigstens am Pier nicht mehr die Luft verpesten. Warum hat man so eine Anlage in New York beim Neubau des Piers in Redhook vergessen, fragt Adam Armstrong schon 2006 die Stadt New York ? Was folgte war ein jahrelanges Tauziehen zwischen Anwohnern, Stadt und dem Unternehmen Carnival, ein Gefeilsche, wer die teure Anlage zu bezahlen hat.
Jetzt endlich wird am Pier gebaut. Die riesige Strom -Transformatoren stehen schon. Die Stadt wirbt jetzt sogar damit, dass die Anlage die Luft in Redhook und Umgebung erheblich verbessern wird. Die Gesundheitskosten würden um 9 Millionen Dollar pro Jahr sinken. Aber bis endlich Strom in`s Schiff geleitet werden kann, gehen noch 1 bis 2 Jahre ins Land . Die Zuleitungen - sind noch im Rohbau.´Das Unternehmen Carnival wird nur einen geringen Teil der Gesamtkosten übernehmen. „Die Stadt, also wir Steuerzahler subventionieren das Ganze. Carnival hatte gedroht, die Anlage nicht zu benutzen, wenn der Strom für sie nicht verbilligt werde.“
Die Queen Mary wird also noch einige Zeit die Umwelt verdrecken - viele Touristen haben keine Ahnung, welchen Umweltbelastungen sie da mit ihren Tickets Vorschub leisten. Die internationalen Vorschriften sind lax, Rußfilter an Bord, Bestromungsanlagen an Land - alles freiwillig.
„Wir alle müssen zum Umweltschutz beitragen und den Ausstoß von giftigen Partikeln reduzieren: Frage des Reporters: „Und haben Sie hier auf dem Schiff schon Filter eingebaut? „Das soll in etwas mehr als einem Jahr passieren. Solange wollen wir noch Schiffsdiesel verbrennen.“ Beim Umweltschutz knausern und dabei riesige Profite einfahren – das ist die Realität beim Weltmarktführer Carnival. Übrigens: Auf diese Profite zahlt der Konzern gerade mal um die 1 Prozent Steuern- völlig legal: „Das ist schon ein Skandal: es gibt keine andere Branche in der Welt, die so ungehindert Steuern vermeiden darf. Die Konzerne nutzen die Dienste von diversen Staatsbehörden wie etwa der Küstenwache, aber dafür bezahlen sie so gut wie keine Steuern.“ Seit 10 Jahren überquert die Queen Mary die Ozeane, das saubere Image der Branche hat dicke schwarze Flecken.
Autor: Markus Schmidt/ARD Studio New York
Stand: 22.09.2014 09:21 Uhr
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