So., 02.09.12 | 19:20 Uhr
Thailand: Dicke Bettelmönche
Thailands Mönche sind Frühaufsteher. Kurz nach Sonnenaufgang beginnt ein jahrhundertealtes Ritual. Wie einst Buddha machen sie sich auf den Weg, um ihr Essen zu erbetteln. Doch die Zeiten haben sich geändert. Der Weg wird immer kürzer, die Gaben umso reichhaltiger!
Thai-Mutti
“Hier, das ist der Nachtisch aus Zucker und Eigelb. Den mögen sie besonders gern... Ich gebe den Mönchen nur das Allerbeste. Ich würde ihnen doch nicht etwas geben, dass ich nicht selber essen würde!”
Phra Jira und Kietipong sind zwei junge Mönche in Bangkok. Doch an ihrer Last, Söhne Buddhas zu sein, tragen sie schwer.
Phra Jira Tanakorn, Mönch
“Wir bekommen viel Süßes. Die Leute meinen es ja gut mit uns. Und wir müssen das essen, was sie uns geben. Da dürfen wir nicht wählerisch sein!”
Frühstück und Mittagessen. Mehr Mahlzeiten sind nicht erlaubt. Phra Jira sieht sich dabei in der Pflicht. Der Teller muss leer gegessen werden, damit die Gebete der Gläubigen erhört werden. Je reicher die Gabe, desto wirkungsvoller ihr Segen. Eine verhängnisvolle Verknüpfung. Phra Jira ist vor 2 Jahren aus der Provinz nach Bangkok gezogen. Doch die Großstadtküche macht ihm schwer zu schaffen.
Dabei lieben die Mönche Curry, Klebereis und Kokosmilch. Doch manchmal darf’s auch mal was anderes sein!
Phra Maha Preecha, Mönch
“Mein absolutes Lieblingsessen sind Spaghetti! Am liebsten mit Hühnchen in Tomatensoße und Basilikum!”
Doch auch ohne die italienische Küche haben Thailands Mönche ein dickes Problem.
40 Prozent leiden an Übergewicht. Dazu kommen Diabetes, Bluthochdruck und ein erhöhter Cholesterinspiegel. Wir haben eine Ernährungsberaterin gebeten, einen kritischen Blick in die Opferschale zu werfen. Die erste Sünde: Das frittierte Hühnchen... Und auch sonst ist ihr Urteil vernichtend: Viel zu viel Fett, viel zu wenig Grünzeug! Ihr Ratschlag für den Mönch: Mindestens 16 Löffel Gemüse pro Tag.
Mönch
“Was? Soviel!” Wundert der sich!
Und auch sein Lieblingsnachtisch kommt nicht gut weg. Viel zu süß. “Cholesterol!”
Und zu viel Cholesterin! Darauf soll er am besten ganz verzichten!
Mönch
“Uhhhh. da muss ich meinen Appetit wohl etwas zügeln!”
Nednapis Vatanasuchart, Ernährungswissenschaftlerin
“Sie können sich zwar nicht aussuchen, was sie bekommen. Aber sie müssen ein Gefühl für die richtige Menge entwickeln. Für das, was gut ist. Gemüse, Obst oder eine klare Suppe.”
Rettungsring und Hüftgold. Die Mönche leiden nicht allein. Ein Drittel aller Thailänder hat zuviel auf den Rippen. Den Folgen von Fastfood und Völlerei hat die Regierung jetzt den Kampf angesagt. Mit landesweiten Hula Hoop-Meisterschaften! Doch die Mönche stecken in einer Zwickmühle ... Denn Fitness und voller Körpereinsatz verstoßen gegen ihren strengen Verhaltenskodex. Das Gesundheitsministerium setzt deshalb auf Aufklärung. Mit einer großen Kampagne soll die Bevölkerung dazu aufgerufen werden, ihre Spenden an die Mönche etwas gesünder zu gestalten!
Sopon Mekthon, Gesundheitsministerium Thailand
“Aber die Mönche müssen auch was tun... Nicht nur genau auswählen, was sie essen, sondern sich mehr bewegen. Angemessen natürlich. Zum Beispiel den Hof im Tempel fegen oder wie Buddha lange Strecken beim Bettelgang zurücklegen!”
Aber zum Glück gibt es noch einen weiteren Weg... Willkommen in Bangkoks erster Yogaschule für gesundheitsbewusste Mönche. Yogalehrer Tanawat hat ein eigenes Programm für Mönche entwickelt. Sanfte Übungen, die die Verdauung anregen und das Fett verbrennen lassen.
Tanawat Ketwimut, Yogalehrer
“Yoga hilft, auf Deine innere Stimme zu hören. Als Mönch musst Du ständig Dein Handeln kontrollieren. Hier lernst Du, ein Bewusstsein dafür entwickeln, was Dein der Körper wirklich braucht!”
Seine Yoga-Klasse bekommt heute gewichtigen Zuwachs. Auch Phra Jira und seine Glaubensbrüder wollen Seele und Körper in Einklang bringen.
Doch die Yoga-Stellungen haben es in sich... Strecken, dehnen, nach vorne beugen - gar nicht so einfach!
Phra Jira Tanakorn, Mönch
“Ich möchte abnehmen! Und ich weiß, dass es ein langer Weg sein wird. Diese Übungen hinzubekommen, das ist schon schwierig. Vielleicht ist weniger Essen dann doch einfacher!”
Yogalehrer
“Entspannt euren Bauch und fühlt das Innere eures Magens!”
Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach. Aber Mönche sind ja auch nur Menschen!
Autor: Norbert Lübbers
Stand: 22.04.2014 14:53 Uhr
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