So., 19.01.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Kenia: Wie fair ist der faire Kaffee-Handel?
An der Kaffeebörse in Nairobi werden Millionen umgesetzt. Ein Riesen-Geschäft. Vor allem für die Handelshäuser aus Europa und den USA. Denn kenianischer Kaffee ist gefragt.
Fairtrade soll auch den Kleinbauern helfen, ihnen ein gutes Einkommen sichern. Peter Njonge hat gerade mal eineinhalb Hektar. Schon sein Vater hat hier Kaffee angebaut. Doch die Zeiten haben sich verändert. Für ein Kilo frisch geernteter Kaffeekirschen bekommt er heute zwanzig Cent. Früher waren es doppelt und drei mal so viel.
Peter Njonge, Kaffee-Bauer
Blüten und Früchte am selben Strauch sind nicht ungewöhnlich. Die Ernte geht über zwei bis drei Monate. Esther Njeri arbeitet als Pflückerin und bekommt einen Stundenlohn von 50 Cent.
Mehr – so sagen Kaffeebauer Njonge und seine Frau – können sie einfach nicht zahlen.
Das Steinhaus, in dem sie leben, haben sie geerbt. Ein neues wäre bei den aktuellen Kaffeepreisen unerschwinglich.
Nebenan in einer Holzhütte lebt die Lohnpflückerin Esther, zusammen mit ihren sieben Kindern.
Esther Njeri, Lohnpflückerin
Mit Hilfe von Fairtrade haben sich im kenianischen Hochland mehrere hundert Kleinbauern zu einer Kooperative zusammengeschlossen.
In Zentner schweren Säcken schleppen sie den Kaffee zur Verarbeitung in eine gemeinsam betriebene Fabrik.
Jeder Sack wird einzeln gewogen und den Kleinbauern auf einem Fairtrade-Konto gut geschrieben. Das Siegel garantiert ihnen einen Festpreis. Das macht sie weniger abhängig von Geldverleihern und Zwischenhändlern .
In der Kooperative werden die Kaffeekirschen entkernt, gewaschen und getrocknet.
Erst durch die gemeinsame Verarbeitung haben die Kleinbauern überhaupt eine Chance gegen die großen Plantagenbesitzer. Letztlich hängt alles vom Preis ab.
Der wird 50 Kilometer entfernt, an der Kaffeebörse in Nairobi festgesetzt. Einmal pro Woche treffen sich hier die Vertreter der großen Handelshäuser und Röster. Es sind vor allem die Weltmarktführer, die bei der Versteigerung der neuen Ernte Gebote abgeben.
Ganz einfach per Knopfdruck.
Die Preise für Kaffeebohnen bewegen sich wie Fieberkurven. Mit starken Ausschlägen nach oben – aber noch viel öfter nach unten.
Neunzig Prozent des kenianischen Kaffees werden zum Tageskurs ersteigert. Nur für Fairtrade-Kaffee gibt es einen Festpreis- knapp über dem Weltmarkt-Niveau.
Daniel Mbithi, Präsident der Kaffeebörse
Dorman ist eines der wenigen kenianischen Unternehmen, das Kaffee auf eigene Rechnung exportiert. Die Ernte kommt von großen Plantagen, zum Teil auch von Kleinbauern. Aber nicht die Konkurrenz untereinander macht ihnen zu schaffen, sondern der gesunkene Weltmarktpreis. Der drückt auch die Löhne.
Die Frauen, die hier den Bruch aussortieren, verdienen weniger als einen Euro pro Stunde. Auch Kaffee mit dem Fairtrade-Siegel wird verarbeitet. Doch die Gewinne werden nicht in Afrika, sondern in den Industrieländern gemacht – vor allem in den Röstereien. Erst dort vervielfacht sich der Wert der Bohnen, mit denen das große Geschäft beginnt.
Dorman versucht es selbst mit einer kleinen Anlage. Die frisch gerösteten Bohnen sind jedoch nur für den Markt in Ostafrika. In Europa haben die großen Konzerne den Finger drauf.
Kenianischer Kaffee ist weltweit begehrt, auch in Deutschland. Wegen seines besonderen Geschmacks und Aromas.
Geoffrey Malika, Kaffeetester
Für Vakuum-Verpackungen braucht man teure Maschinen. Die können sich in Afrika nicht viele Firmen leisten.
So bleibt nur der Export von rohen Kaffeebohnen.
Der Zoll darauf ist extrem niedrig, für gerösteten Kaffee um ein Vielfaches höher. Es ist das alte Muster: Die Herkunftsländer liefern den Rohstoff, die Industrieländer sichern sich Wertschöpfung und Gewinne.
Ken Teyle, Verkaufsmanager, Dorman
Fairer Handel sieht anders aus. Fair wäre es, wenn Afrika seinen Kaffe selbst rösten, verpacken und vermarkten könnte.
Und das Fairtrade-Siegel? – Es bringt den Kleinbauern ein paar Cent zusätzlich. Nicht viel mehr als ein Almosen.
Autor: Peter Schreiber / ARD Studio Nairobi
Stand: 05.10.2016 15:25 Uhr
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