Ausgewählte Kritiken zur "Elternschule"
Zum Kinostart von "Elternschule" im Oktober 2018 waren die Pressestimmen sehr positiv: Es werde ein zentrales Konfliktfeld unserer Gesellschaft beleuchtet, hieß es. Dem Tabu, in der Erziehung Schwierigkeiten zu haben, werde entgegengewirkt. Gelobt wurden auch die Regisseure für ihre eindrucksvollen Bilder, die die Orientierungslosigkeit in unserer Gesellschaft gut zum Ausdruck bringen würden. Der Dokumentarfilm sei eine Ermutigung für verzweifelte Eltern etc.
Doch dann kam negative Kritik – vor allem auf Online-Plattformen, die der "attachment-parenting"-Szene nahestehen. Dabei ging es um Szenen im Film, die angeblich "Gewalt" zeigen, liebloses Klinikpersonal und die Glorifizierung von autoritären Methoden. Manche verstanden den Dokumentarfilm fälschlicherweise als Erziehungsanleitung für einen normalen Familienalltag. Diese Kritiken wurden später auch von einigen Tageszeitungen aufgegriffen.
Die Debatte um "Elternschule" legt den Verdacht nahe, dass es vor allem um "ideologische" Sichtweisen, Unterschiede in Weltanschauungen und Lebensentwürfen geht. Dabei geht es in dem Dokumentarfilm nicht um Tipps für eine gelungene Erziehung, sondern um Familien in Extremsituationen, um Kinder mit Regulationsstörungen, für die die Klinik nach einer erfolglosen Kette von Behandlungen ein letzter Versuch ist, Probleme zu bewältigen.
Positive Stimmen:
Die Süddeutsche Zeitung fasst als erste die kontroversen Reaktionen zusammen: die Beschimpfungen und Bedrohungen gegen Regisseure, Klinik, Kinoverleih. Und sie wirft einen Blick in die Richtung, aus der das kommt, auf "attachment parenting"- Anhänger. Sie bemängelt, dass Ideologie die Frage nach dem "Handwerk" verdrängt und dass diese Menschen versuchten, wichtige Diskussionen zu verbieten statt sie zu befördern.
Die Zeit widmet sich ausführlich "zwei Welten", die sich seit Kinostart von "Elternschule" unversöhnlich gegenüberstehen. Die Autorin besucht einen Kongress der "attachment parenting"-Szene, die maßgeblich den Shitstorm gegen die Doku angeheizt hat. Sie fragt, wie es sein kann, dass so "liebevolle" Mütter mit so viel Wut gegen den Film kämpfen können und kommt zu dem Schluss, dass es nicht "um die Sache, sondern um Lebensentwürfe" bzw. Weltanschauungen geht.
epd-Film lobt, wie sich auf kleinstem Raum Konzepte und deren Wirkung studieren lassen und beurteilt den Therapeuten Dietmar Langer als einen "amüsanten und charismatischen" Protagonisten. Der Film werfe einen aufschlussreichen Blick auf eine verunsicherte Gesellschaft
Der Spiegel veröffentlicht am 16.12.18 eine Zusammenfassung "einer unversöhnlichen Debatte über richtige oder falsche Erziehung" samt Klinikbesuch. Der Film sei eine Ermutigung für verzweifelte Eltern, sich Hilfe zu suchen, denn das Tabu des Schweigens würde gebrochen. Aber leider schade dabei der ideologisch aufgeheizte Diskurs und verschärfe nur den Druck auf Eltern, alles richtig zu machen.
Negative Stimmen:
Hier hat das Zitat "Die härtest Doku, die ich je sah" seinen Ursprung. In Therapie und Film gehe es nur um "Gehorchen, Zwang, Entbehrung und Druck". Das Klinikpersonal gehe lieblos mit den Kindern um, kein Lächeln. "Kaum auszuhalten".
"Eltern"-Autorin Nora Imlau greift das Zitat auf und berichtet von der Petition gegen die Doku, beruft sich auf die Kritik des Kinderarztes Dr. Renz-Polster und kritisiert, dass man das Gefühl habe, es gehe um Anregungen für den Familienalltag. Interessant sind ihre Beobachtungen aus einer Kinovorstellung, bei der auch Therapeut Dietmar Langer anwesend war: Wo die einen Gewalt wahrnahmen, hätten andere Klarheit der Methoden gesehen. Wo die einen Übergriffigkeit bemängelten, fanden andere eine Hilfe.
Dr. Renz-Polster, Kinderarzt und Speerspitze der Gegner, nimmt den Film in allen Einzelheiten auseinander. Hier werde "Gewalt glorifiziert". Kinder lernten zu "funktionieren", ohne Empathie zu erfahren. Wo die Kinder Schutz suchten, würde nur "korrektes Verhalten" gelehrt. Wie bei der "Hunde-Erziehung".
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