Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 18.10.2023

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Khesrau Behroz, Wolfgang Bosbach, Otto Schily, Kristina Dunz, Marieluise Beck
Die Gäste (v.l.n.r.): Khesrau Behroz, Wolfgang Bosbach, Otto Schily, Kristina Dunz, Marieluise Beck | Bild: WDR / Oliver Ziebe

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Und das schauen wir uns an:

  • Wie hoch sind die Leistungen, die Geflüchtete in Deutschland erhalten?

Wie hoch sind die Leistungen, die Geflüchtete in Deutschland erhalten?

Die Kommentatoren diskutierten in der Sendung u.a. über den Vorstoß der CDU, die kürzlich eine mögliche Arbeitspflicht für Geflüchtete in Deutschland zur Debatte stellte. In diesem Zusammenhang wurde auch über die Leistungen gesprochen, die Geflüchtete hierzulande erhalten. Wie hoch diese Leistungen tatsächlich sind, schauen wir uns hier noch einmal genauer an.

Migrationspolitik: Wie hoch sind die Leistungen für Geflüchtete in Deutschland?

Dunz: "Für mich ist ein Grundproblem, dass von Zugewanderten oder Kriegsflüchtlingen zu wenig in die Arbeitswelt gekommen ist. Dass wir zu viele im Bürgergeld haben, und dass Menschen vergleichen und sagen, hier arbeiten Menschen nicht, haben aber dann doch eine Menge Geld, so viel kann ich nicht erarbeiten. Und da entsteht ein Gefühl der Ungerechtigkeit."

(…)

Behroz: "Wir müssen nicht über Arbeitspflicht reden, sondern über Arbeitsrecht. Die Leute müssen  das Recht haben zu arbeiten. Die Leute wollen auch arbeiten, die Leute wollen sich beteiligen. Niemand kommt nach Deutschland aus einem Kriegsgebiet und möchte irgendwie faul irgendwo rumhängen. Das ist, glaube ich, nicht das, was das Mindset dieser Leute ist."

(…)

Dunz: "Ich würde gerne mal die Frage stellen, was eigentlich dagegen spricht, wenn man staatliche Leistungen bekommt, also sagen wir mal, ein Paar mit zwei, drei Kindern in einem Rahmen von – wenn man Wohngeld dazu nimmt und Heizkostenzuschuss – von 2.800 Euro, das wäre ein Nettoeinkommen. Was spricht dagegen, etwas dafür zu tun? Also, wenn man das bekommt, und jetzt gehe ich mal von der Arbeitspflicht und von der Zwangsarbeit weg, sondern dass man sagt, es gibt eine staatliche Leistung in diesem Land, damit ich ein Dach über dem Kopf habe, dass ich zu essen habe, dass meine Kinder in die Schule gehen können, dass ich eine Krankenversicherung habe – was spricht dagegen, dafür eine Gegenleistung [zu geben]?"

Hintergrund: Wie hoch sind die Leistungen, die Geflüchtete in Deutschland erhalten?

Welche Leistungen eine Person erhält, hängt von ihrem jeweiligen Aufenthaltsstatus ab. Wer nach Deutschland kommt und hier einen Asylantrag stellt, bekommt zunächst Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die darin festgelegten Regelsätze sind niedriger als beim Bürgergeld. Erst wenn der Asylantrag bewilligt ist, besteht ein Anspruch auf Bürgergeld. 

Wie hoch sind die monatlichen Sätze für Asylbewerber?

Die monatlichen Leistungen nach AsylbLG sind abhängig vom Alter und von den Lebensumständen der jeweiligen Person. Sie gliedern sich in sechs verschiedene Bedarfsstufen:

  • Bedarfsstufe 1 (Alleinstehende Erwachsene): 410 Euro
  • Bedarfsstufe 2 (Erwachsene im gemeinsamen Haushalt): 369 Euro
  • Bedarfsstufe 3 (Erwachsene unter 25 Jahre, die im Haushalt der Eltern leben): 328 Euro
  • Bedarfsstufe 4 (Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren): 364 Euro
  • Bedarfsstufe 5 (Kinder zwischen 6 und 13 Jahren): 304 Euro
  • Bedarfsstufe 6 (Kinder bis 5 Jahre): 278 Euro

Diese Beträge berücksichtigen sowohl den sogenannten "notwendigen Bedarf" (z.B. Nahrung, Kleidung) als auch den "notwendigen persönlichen Bedarf" (z.B. Fahrtkosten, Telefonkosten, Hygieneartikel). Lange Zeit umstritten war die Frage, in welche Bedarfsstufe alleinstehende Asylbewerber fallen, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind. Bislang erhielten sie den Regelsatz der Bedarfsstufe 2, weil der Gesetzgeber davon ausging, dass sich durch die gemeinsame Unterbringung mehrerer Personen Kosteneinsparungen ergeben, ähnlich wie bei einem Mehrpersonenhaushalt. In einem Urteil vom 24.11.2022 erklärte das Bundesverfassungsgericht diese Einschätzung jedoch für verfassungswidrig und ordnete an, die betreffenden Personen bis auf Weiteres in die Bedarfsstufe 1 einzustufen, deren Regelsatz um 41 Euro höher liegt. 

Wie sind die Unterbringungskosten geregelt?

Kommt ein Asylbewerber nach Deutschland, wird er zunächst in einer landeseigenen Erstaufnahmeeinrichtung (LEA) untergebracht. Hier stellt er seinen Asylantrag. In der Erstaufnahmeeinrichtung wird der notwendige Bedarf, also die allgemeine Verpflegung sowie die Unterbringung, gewöhnlich in Form von Sachleistungen abgegolten. Als Bargeld ausgezahlt wird dann nur der Betrag für den notwendigen persönlichen Bedarf, der oft auch "Taschengeld" genannt wird. Für einen Alleinstehenden sind das 182 Euro pro Monat.

Laut Asylgesetz können Asylbewerber für maximal sechs Monate verpflichtet werden, in der zugewiesenen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Anschließend kommen sie in der Regel in eine Gemeinschaftsunterkunft, die von der jeweiligen Stadt bzw. Gemeinde unterhalten wird. Solange das Asylverfahren andauert, können Geflüchtete für maximal zwei Jahre verpflichtet werden, in der Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Auch wenn das Asylverfahren nach Ablauf dieser zwei Jahre noch nicht abgeschlossen ist, besteht in der Regel die Möglichkeit, in eine eigene Wohnung umzuziehen. In besonderen Härtefällen kann der Umzug in eine eigene Wohnung aber auch schon früher stattfinden. Das gilt z.B. für Alleinerziehende, Minderjährige, ältere Menschen, Opfer von Folter und Vergewaltigungen sowie für Menschen mit Behinderungen. Die Mietkosten werden dann vom zuständigen Jobcenter oder Sozialamt getragen, wenn sie angemessen sind. Die Angemessenheit der Wohnkosten ist abhängig von der Personenzahl, von der Art der Heizung und vom Wohnort. Wann der Umzug in eine eigene Wohnung ermöglicht wird, kann von Kommune zu Kommune abweichen. Grundsätzlich aber gilt: Erst wenn der Asylantrag bewilligt ist, haben Geflüchtete definitiv Anspruch auf eine eigene Wohnung. Verfügen sie nicht über ein eigenes Einkommen, übernimmt auch hier das Jobcenter oder Sozialamt die Wohnkosten, wenn diese angemessen sind. 

Wie sieht es mit der Gesundheitsversorgung aus?

Wer in Deutschland Asyl sucht, ist zunächst nicht krankenversichert. Eine grundlegende medizinische Versorgung wird aber von staatlicher Seite gewährleistet. Wer akut krank ist oder unter Schmerzen leidet, wird auf jeden Fall ärztlich behandelt. Hierzu stellen die zuständigen Behörden spezielle Behandlungsscheine aus, die dann beim Arzt vorgelegt werden müssen. Nach 18-monatigem Aufenthalt in Deutschland erhalten Asylbewerber nach Paragraph 2 AsylbLG eine Krankenversicherungskarte und können dann ganz normal zum Arzt gehen.

Was bedeutet das konkret?

Unser Studio-Gast Kristina Dunz (Redaktionsnetzwerk Deutschland) formulierte in der Sendung ein praktisches Fallbeispiel: Eine fünfköpfige Familie, die in einer eigenen Wohnung lebt. Wie viel Geld der Familie laut AsylbLG zusteht, hängt vom Alter der Kinder ab. Nehmen wir an, dass die Kinder 14, 7 und 4 Jahre alt sind, dann ergibt sich eine monatliche Summe von 1.684 Euro. Hinzu kommen darüber hinaus die Wohnkosten. In Berlin liegt die angemessene Bruttokaltmiete für fünf Personen bei 857,82 Euro. Der höchstmögliche Heizkostenwert für fünf Personen liegt bei 191,76 Euro. So ergibt sich eine monatliche Gesamtsumme von 2.733,58 Euro

Wie groß ist der Unterschied zum Bürgergeld?

Wie oben bereits beschrieben, liegen die Regelsätze gemäß AsylbLG niedriger als beim Bürgergeld. Am Beispiel der fünfköpfigen Familie wird der Unterschied konkret: Bei Bürgergeldbezug würden die Eltern aktuell jeweils 451 Euro erhalten. Für die drei Kinder werden 420 Euro (14 Jahre), 348 Euro (7 Jahre) und 318 Euro (4 Jahre) veranschlagt. Die Wohn- und Heizkosten, die im Rahmen des Bürgergelds übernommen werden, sind identisch zum AsylbLG (siehe oben). Somit ergibt sich eine monatliche Gesamtsumme von 3.037,58 Euro. Das sind 304 Euro mehr als beim AsylbLG.

Diese monatlichen Bürgergeld-Regelsätze gelten 2023:

  • Alleinstehende: 502 Euro
  • Erwachsene im gemeinsamen Haushalt: 451 Euro
  • Erwachsene unter 25 Jahre, die im Haushalt der Eltern leben: 402 Euro
  • Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren: 420 Euro
  • Kinder zwischen 6 und 13 Jahren: 348 Euro
  • Kinder bis 5 Jahre: 318 Euro

Wie bereits weiter oben in diesem Faktencheck beschrieben, haben Geflüchtete erst nach Bewilligung ihres Asylantrags einen Anspruch auf Bürgergeld. Sollte aber nach 18 Monaten noch nicht über den Antrag entschieden worden sein, besteht nach Paragraph 2 AsylbLG ein Anspruch auf sogenannte Analogleistungen. Diese entsprechen in der Höhe weitestgehend den Regelsätzen beim Bürgergeld. Auch Menschen mit einem Duldungsstatus haben nach 18 Monaten Anspruch auf Analogleistungen. Ein Duldungsstatus wird dann verliehen, wenn ein Asylantrag abgelehnt wurde, die Ausreise des Antragstellers aber aus bestimmten Gründen vorerst nicht möglich ist. 

Fazit: Die Höhe der Leistungen, die ein Geflüchteter in Deutschland erhält, hängt vom Aufenthaltsstatus ab. Solange ein Asylantrag nicht bewilligt ist, werden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gezahlt. Die Regelsätze liegen hier niedriger als beim Bürgergeld. Für einen Alleinstehenden liegt der Unterschied bei 92 Euro monatlich. Ein Anspruch auf Bürgergeld entsteht erst mit Bewilligung des Asylantrags. Nach 18 Monaten können aber Leistungen beantragt werden, die dem Bürgergeld in seiner Höhe gleichkommen. Auch eine Krankenversicherungskarte wird erst nach 18 Monaten ausgestellt bzw. nach Bewilligung des Asylantrags. Eine grundlegende Gesundheitsversorgung wird aber schon vorher gewährleistet. Anspruch auf eine eigene Wohnung haben Asylbewerber erst einmal nicht. Sie werden in der Regel zunächst in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, nur in besonderen Fällen werden die Kosten für eine eigene Wohnung vom Staat übernommen.

Stand: 20.10.2023

Autor: Tim Berressem