So., 02.02.25 | 23:05 Uhr
Das Erste
Muse, Sängerin, Schauspielerin – Zum Tode von Marianne Faithfull
Sie war so viel mehr als nur die Muse der Rolling Stones: Marianne Faithfull. Die britische Sängerin und Schauspielerin hatte einen unfassbaren Lebenswillen, überlebte eine schwere Drogenabhängigkeit und eine Brustkrebs-Erkrankung. Und trotzdem oder gerade deswegen war ihr Werk von einer enormen künstlerischen Kraft. Nach frühen Erfolgen in den Sechzigern mit Hits wie "As tears go by" gelang ihr 1979 ein Comeback mit dem Album "Broken English". Seitdem hat sie sich musikalisch immer wieder erneuert und war auch als Schauspielerin erfolgreich. Jetzt ist sie im Alter von 78 gestorben. ttt hat Marianne Faithfull 2009 zum Interview getroffen.
Ihre Stimme gab Liedern eine besondere Tiefe
In dem Country-Klassiker "Down from Dover" geht es um eine junge Frau, die ein uneheliches Kind erwartet und von ihrer Familie verstoßen wird. Marianne Faithfull singt den Song so, als ob es ihre eigene Geschichte wäre. Damals war sie 62 Jahre - eine Frau mitten im Leben: "Zwei Dinge kann ich richtig gut. Zum einen mit Songs Geschichten erzählen. Und zum anderen: dabei eine Atmosphäre kreieren, eine ganz spezielle Stimmung." Die Britin war sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst: "Ich hatte immer Charisma, eine Bühnenpräsenz. Darauf konnte ich mich verlassen. Aber ich musste herausfinden, worin ich wirklich gut bin, was ich singen kann. Und daran arbeite ich schon mein ganzes Leben."
"Ich wollte einfach nicht Marianne Faithfull sein"
Mit 17, noch Klosterschülerin in der britischen Provinz, wird Marianne Faithfull auf einer Party von Rolling-Stones-Manager Andrew Oldham entdeckt. Jagger und Partner Keith Richards schreiben für sie "As Tears go by". Der Song katapultiert sie an die Spitze der Charts und: an Mick Jaggers Seite. Aus der Unschuld vom Lande wird die Pop-Ikone der 60er Jahre. Der Softporno "Nackt unter Leder" ist Ihre erste und für lange Zeit letzte Hauptrolle in einem Kinofilm. Partner Alain Delon kann nicht bei ihr landen, aber ansonsten lässt sie wenig aus: wechselnde Liebhaber, drei Ehen, Drogen, Entziehungskuren und ein Selbstmordversuch: "Ich wollte einfach nicht Marianne Faithfull sein. Heute fühle ich mich nicht mehr so. Aber damals wollte ich immer vor mir weglaufen - es war alles zu viel."
Das Comeback mit "Broken English"
In den 70ern lebt sie jahrelang als Junkie obdachlos in den Straßen Londons. Sister Morphine, ein autobiografischer Song, den sie noch mit Mick Jagger und Keith Richards geschrieben hat. Es grenzt an ein Wunder, dass ihr 1979 mit dem Album "Broken English" ein Comeback gelingt. "Broken English war der Anfang eines neuen Lebens. Ich habe mich nicht mehr hin- und herstoßen lassen, sondern habe mein Leben selbst in die Hand genommen und mich gewehrt." Ein Song über das Leben eines 20Jährigen im Knast. Marianne Faithfulls Gefängnis ist für über 2 Jahrzehnte das Heroin: Erst 1987 ist sie wirklich clean.
"Ich bin sehr ausgeglichen"
Danach ist sie dann noch einmal richtig durchgestartet. Hat Platten mit den Großen des aktuellen Pop-Business aufgenommen und - wieder Filme gemacht. In "Irina Palm" spielt sie 2008 zum zweiten Mal eine Hauptrolle: Als Fachfrau für Spezialbehandlungen von Männern im Rotlicht-Milieu. "All dieses Gerede wie wild mein Leben gewesen ist. Ich spüre davon gar nichts mehr. Seit langer Zeit ist alles cool und ich bin sehr ausgeglichen", sagt sie 2009. "Ich weiß schon gar nicht mehr, wie sich das wilde Leben anfühlt."
Am 30. Januar starb Marianne Faithfull in London.
(Beitrag: Peter Scharf)
Stand: 02.02.2025 18:13 Uhr
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