SENDETERMIN So., 01.09.13 | 23:20 Uhr

Kein Leben ohne Wasser

Edward Burtynskys grausam schöne Bilder eines bedrohten Planeten

Rund 70 Prozent der Oberfläche unseres blauen Planeten sind mit Wasser bedeckt. Ohne es gäbe es kein Leben. Durch Wasser gelangte unsere Zivilisation zur Blüte.

Weltwasserjahr 2013

Doch das kostbare Nass ist nicht nur eine immer knapper werdende Ressource. Es ist auch ungleich verteilt. Während jeder von uns hierzulande täglich rund 4000 Liter Wasser verbraucht, ist für mehr als eine Milliarde Menschen kein sauberes Trinkwasser zugänglich. Auch deshalb hat die UNESCO 2013 zum Internationalen Jahr der Wasserkooperation erklärt.

Magische Bildkompositionen aus der Vogelperspektive

Edward Burtynsky
Edward Burtynskys fotografisches Werk vereint künstlerisches Schaffen und politisches Engagement.  | Bild: WDRtv

Wo das Wasser herkommt, wie es genutzt, verteilt und verschwendet wird und wie der Mensch in die Natur eingreift, um es sich untertan zu machen, davon erzählt Edward Burtynskys neuer Werkzyklus, der jetzt als Bildband erscheint.

Der 1955 geborene Kanadier ist international einer der erfolgreichsten Fotografen, dessen Arbeiten in den Sammlungen der großen Museen der Welt vertreten sind.

Aus der Serie "Oil": Ölteppich am Golf von Mexiko
Aus der Serie "Oil": Ölteppich am Golf von Mexiko (Ausschnitt) | Bild: Edward Burtynsky / Edward Burtynsky

Seine monumentalen, magischen Bildkompositionen aus der Vogelperspektive zeigen einen verletzten Planeten. So hat Edward Burtynsky in seiner viel beachteten Serie "Öl" dokumentiert, wie der allgegenwärtige Rohstoff in Herstellung, Konsum und Entsorgung die Landschaft verändert.

Ohne den Gestus des Aktivisten und ganz ohne moralischen Zeigefinger vereinen seine Fotografien künstlerisches Schaffen und politisches Engagement. In seinen zugleich poetischen und nüchternen Bildern ist er den Folgen von Klimawandel und Umweltzerstörung unserer konsumorientierten Überflussgesellschaft auf der Spur. Je abstrakter und futuristischer sie sind, desto mehr konfrontieren sie uns mit der Tatsache, wie gefährdet unsere Welt ist.

Dem Wasser auf der Spur

Das gilt auch für seinen neuen Werkzyklus "Water". Er zeigt abgelegene Quellen, antike Stufenbrunnen, Menschenmassen beim rituellen Bad, die Verwandlung von Wüsten in von Wasserwegen durchzogene Städte und vom Austrocknen bedrohte Landschaften des amerikanischen Südwestens, erkundet aber auch die Infrastrukturen der Wasserwirtschaft: riesige Staudämme und Reis-Terrassen in China, ausgedehnte Bewässerungssysteme der amerikanischen Kornkammer, Aquakulturen und Wasserparks.

Aus der Serie "Water": Lake Lefroy, Western Australia, 2007 (Ausschnitt)
Aus der Serie "Water": Lake Lefroy, Western Australia, 2007 (Ausschnitt) | Bild: Edward Burtynsky / Edward Burtynsky

"Die Idee zu diesem Projekt kam mir in Australien, dem ersten Kontinent, wo die Erderwärmung katastrophale Folgen hat", erninnert sich der Künstler. "Er trocknet von innen, von seinem Zentrum her aus. Und ich fing an, darüber nachzudenken, wie wir als Menschen weltweit Wasser formen und umleiten und wie wir vom Wasser geformt werden."

Dort, wo wir der Wüste fruchtbare Felder abringen, Seen und Sümpfe durch geothermische Kraftwerke und den Abbau von Phosphor vergiften, reagiert die Natur mit Formen bizarrer Schönheit. "Es fängt schon in dem Moment an, wenn wir einen Weg asphaltieren, wenn wir ein Dach errichten, einen Fluss umleiten oder einen Damm bauen. Dann haben wir das Wasser abstrahiert von den Abläufen der Natur und in eine menschliche Dimension gezwungen", sagt Edward Burtynsky.

Grausam schöne Bilder

Aus der Serie "Water": Lake Lefroy, Western Australia, 2007 (Ausschnitt)
Edward Burtynskys Bildkompositionen aus der Vogelperspektive zeigen einen verletzten Planeten. (Ausschnitt)  | Bild: Edward Burtynsky / Edward Burtynsky

Seine Bilder produziert er mit enormem Aufwand. Fast alle Aufnahmen sind aus der Luft gemacht, mit großen und kleinen Helikoptern, Kränen und Seilbahnen. Erst aus dieser Perspektive enthüllt das Wasser sein Geheimnis. Es ist der überraschende Blick der Astronauten, die den blauen Planeten zum ersten Mal von außen sahen. "Ich sagte mir: Geh raus und fotografiere die Hinterlassenschaft der Menschheit! Das erlaubte mir, mich wie ein Alien zu fühlen, der von einer anderen intelligenten Spezies geschickt wurde und berichten soll, was die Menschheit mit dem Planeten Erde macht", so der Fotograf.

Was die Menschheit dem Planeten zufügt, führt sie immer wieder an den Rand der Selbstzerstörung. Überschwemmungen und andere Wetterextreme nehmen dramatisch zu. Doch auf ein wirksames Klimaabkommen kann sich die internationale Staatengemeinschaft nicht einigen. "Wasser erhebt sein Haupt. Das ist das Ergebnis des Klimawandels. Entweder es ist nicht genug und die Erde vertrocknet, Wüsten breiten sich unaufhaltsam aus. Oder wir bekommen Überschwemmungen. Die Atmosphäre erwärmt sich und ist dadurch fähig, mehr Wasser aufzunehmen. Wenn dann die Stürme kommen, dann mit wilder Entschlossenheit", sagt Edward Burtynsky.

Doch wir machen weiter wie bisher. Obwohl wir genau wissen, dass unser Lebensstil jeder Vernunft widerspricht. Für diesen Widersinn findet Edward Burtynsky grausam schöne Bilder.

Buchtipp

Edward Burtynsky: Water.
Steidl Verlag 2013
ISBN 978-3-86930-679-7, Preis: 98 Euro

Stand: 31.08.2013 16:14 Uhr

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