Sa., 29.07.17 | 16:00 Uhr
Das Erste
Autobahnbaustelle: Stress und Lebensgefahr
![Bild: hr Auto in einer Autobahnbaustellen fährt an einem Laster vorbei](/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/autobahnbaustelle-104~_v-standard644_aa6b1d.jpg)
Fahren auf deutschen Autobahnen ist für viele Menschen der pure Stress. Eine Baustelle reiht sich an die andere, manche sind mehrere Kilometer lang. Die Fahrbahnen sind eng und kurvenreich. Hier ist absolute Konzentration gefordert und Frust vorprogrammiert. Und nicht nur das: Auch das Unfallrisiko im Baustellenbereich steigt. Experten schätzen es etwa dreimal so hoch.
Problem: Verengte Fahrbahnen
![Bild: hr Verschwenkungen in einer einer Ausfahrt einer Baustelle](/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/verschwenkung-100~_v-standard368_ce81ae.jpg)
Die Entwicklung zu immer breiteren Fahrzeugen bei gleichbleibenden Fahrstreifenbreiten verschärft dieses Problem. Welchen Belastungen sind die Fahrer in Baustellen ausgesetzt, und was heißt das für die Gestaltung der Autobahnbaustellen? Das Institut für Straßenwesen Aachen (RWTH Aachen) hat dazu 2013 eine bislang einmalige Grundlagenstudie durchgeführt. Psychologen, Soziologen und Verkehrsingenieure wollten gemeinsam herausfinden, wie sich Baustellen psychologisch auf die Verkehrsteilnehmer auswirken. Dafür befragten die Forscher 300 Fahrer auf Autobahnparkplätzen, ließen 30 Personen durch reale Autobahnbaustellen fahren und 60 Probanden testeten sie in einem Fahrsimulator.
Sie wollten herausfinden, inwiefern die Testpersonen ihr Fahrverhalten in Baustellen verändern, mit welcher Geschwindigkeit sie fahren, welchen Abstand sie halten oder welchen Fahrstreifen sie in dieser besonderen Stresssituation wählen. Ihr zentrale Frage war: Wie muss eine Baustelle eingerichtet sein, damit sie möglichst angenehm und ungefährlich für die Fahrer ist?
Autofahren in der Baustelle: Stress ist messbar
![Bild: hr Fahrsimulatortest in der RWTH Aachen](/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/fahrsimulator-100~_v-standard368_b63924.jpg)
Bei den Fahrern entsteht besonders großer Ärger und Unmut, wenn sich Baustellen in dichter Folge aneinanderreihen. Dadurch fahren sie aggressiver, fahren dicht auf und sind mit überhöhter Geschwindigkeit in und auch nach der Baustelle unterwegs. Auch die Fahrer selbst empfinden viele aneinandergereihte Baustellen als gefährlich – besonders die kurvenreichen Ein- und Ausfahrten. Und der Stress ist messbar. Der Puls der Probanden war hier im Durchschnitt um 10 Prozent höher als beim Fahren auf baustellenfreier Fahrbahn.
Deshalb empfehlen die Forscher, längere Baustellen einzurichten statt mehrere kurze. Bei langen Baustellen tritt allerdings ab 15 bis 20 Kilometern eine Gewöhnung ein. Die Verkehrsteilnehmer fahren bis zu 1,5 mal schneller. Deshalb sollten Baustellen über 15 Kilometer vermieden werden.
Ganz zentral ist die Fahrbahnbreite: Breitere Fahrbahnen entspannen die Verkehrsteilnehmern. Die linke Spur ist in Baustellen oft nur 2,60 Meter breit. Die Enge macht vielen Fahrern Angst, sie haben das Gefühl, gleich mit den Autos auf der anderen Spur zusammenzustoßen. Die Fahrer werden unsicher, machen schnelle korrigierende Lenkradbewegungen, geraten zum Teil unter großen Stress. Die Forscher fordern, dass vor allem die linke Spur einen halben Meter breiter sein sollte. Und: Informationsbeschilderung über Länge der Baustelle, was wird gebaut, wie lange dauert es noch, wirkt positiv auf die Fahrer.
Autorin: Nina Schmidt (hr)
Stand: 28.07.2017 08:27 Uhr