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Pflanzen gegen Schädlinge

Gärtner mit Strohhut riecht an Gartenkräutern
Duftende Kräuter sollen Schädlinge in die Flucht schlagen | Bild: BR

Seit der Jungsteinzeit vor mehr als 7.500 Jahren bauen die Menschen in Mitteleuropa Gemüse an und sichern damit ihre Nahrungsgrundlage. Pflanzen sorgen für die nötige Vitaminzufuhr im Körper, sie versorgen uns mit Ballaststoffen und wichtigen Spurenelementen. Das wertvolle Gemüse gegen Schädlinge zu schützen, ist deshalb seit jeher oberstes Gebot - denn die zarten Pflanzen haben viele Feinde: Gefräßige Raupen und Schnecken machen sich an den saftigen Blättern zu schaffen. Wühlmäuse, Gemüsefliegen oder Blattläuse können großen Schaden anrichten und auch den versiertesten Hobbygärtner zur Verzweiflung bringen. Doch man muss den Schädlingen nicht gleich mit chemischen Insektiziden zu Leibe rücken. Denn die scheinbar so verletzlichen Pflanzen sind wehrhafter als man denkt. Viele Gemüsesorten und Gartenkräuter besitzen ein regelrechtes Selbstverteidigungssystem. Ihre Waffen: Duftstoffe, mit denen sie Schädlinge vertreiben, deren Fressfeinde anlocken und sich sogar untereinander warnen können.

Notruf durch Duftstoffe

Vor allem Gartenkräuter verfügen über ein hochwirksames Verteidigungssystem. Allein durch ihren intensiven Duft sind sie in der Lage, bestimmte Gemüseschädlinge fernzuhalten: aromatischer Salbei gegen Schneckenbefall, Minze gegen den Kohlweißling, Knoblauch gegen Milben und Mäuse. Viele Gärtner schwören darauf.

Doch wie genau funktioniert das Prinzip der natürlichen Schädlingsbekämpfung? Am Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena hat der Forscher Wilhelm Boland verschiedene Gartengewächse, darunter die südamerikanische Lima-Bohne, untersucht und Erstaunliches entdeckt: Pflanzen nutzen Duftstoffe, sogenannte Aromate, nicht nur um Schädlinge zu vertreiben, sondern auch um zu kommunizieren – wie mit einer Art Sprache. So können sie im Fall eines Schädlingsangriffs Duft-Notrufe absetzen und damit Verstärkung durch Fressfeinde anfordern. Knabbert zum Beispiel eine Raupe an einem Bohnenblatt, sondert die Pflanze ein spezielles Geruchs-Bukett aus, das Parasiten anlockt, die der Pflanze zu Hilfe eilen, indem sie die Raupe befallen und außer Gefecht setzen. Ausgelöst wird dieser Duft-Alarm durch den Speichel der Raupe.

Und die Bohnen besitzen noch eine andere, erstaunlich clevere Abwehrstrategie: Befallen Blattläuse die Pflanze, produzieren winzige Drüsen, sogenannte Nektarien, am Blattstiel einen speziellen Nektar. Dieser lockt Ameisen herbei - verbündete Truppen, die die Blattläuse vertreiben und dafür mit dem Nektar belohnt werden.

Fraßroboter imitiert Raupenhunger

Das Prinzip dieser intelligenten Kriegsführung ist bisher bei rund 3.000 Pflanzen bekannt. Wilhelm Boland interessiert vor allem, wie die Lima-Bohne reagiert, wenn sie von Fraßschädlingen wie Raupen befallen wird. Um verlässliche Ergebnisse zu bekommen, hat er extra für seine Experimente ein spezielles Gerät entwickelt. Ein "Fraßroboter" soll das Knabbern der Raupen simulieren. Während der Roboter dem Bohnenblatt künstlich winzige Fraßspuren zufügt, misst ein Gas-Chromatograph - eine Art elektronische Nase - die Duftentwicklung in den Blättern.

Am Computerbildschirm verfolgen die Forscher zeitgleich die Entstehung der Signalstoffe. Und tatsächlich: Der Trick mit dem Fraßroboter funktioniert. Die Pflanze im Labor reagiert wie bei einem echten Raupenangriff. Nur das Knabbern des Roboters veranlasst sie, verschiedene Duftstoffe zu produzieren. Der menschlichen Nase bleibt dieser Duft-Cocktail verborgen. Die Bohne allerdings, so haben die Wissenschaftler herausgefunden, kann damit sogar ihre Nachbarpflanzen warnen, die nun ebenfalls beginnen, Duftstoffe und Nektar zu produzieren – wie bei einem Frühwarnsystem.

Duft als evolutionärer Vorteil

Pflanzenduft als Verteidigungsmechanismus existiert schon seit vielen Millionen Jahren. Die Jenaer Forscher gehen davon aus, dass sich Pflanzen schon mit Hilfe von Duft gegen Mikroben zur Wehr gesetzt haben, bevor es Insekten auf der Welt gab. Einigen dieser Stoffe wird deshalb auch antimikrobielle Wirkung zugeschrieben. Was für den Menschen duftender Luxus ist, war für die Pflanze also schon immer bittere Notwendigkeit im Überlebenskampf. Auf diese Weise sind ausgeklügelte chemische Schutzschilde entstanden, die das Überleben der Pflanzen sichern. Und so ist gegen fast jeden Schädling ein duftendes Kraut gewachsen. Wer die Wirkung kennt und das richtige Gemüse geschickt miteinander kombiniert, macht sich diese Selbstverteidigungsstrategien der Natur zu Nutze und schlägt Gartenschädlinge - auch ohne Chemie - wirksam in die Flucht.

Adressen & Links

Forschungen zum Duftverhalten von Pflanzen:
Max-Planck-Institut für chemische Ökologie
Beutenberg Campus
Hans-Knöll-Straße 8
07745 Jena
www.ice.mpg.de

"Wissenspool" der FGW mit Infoblättern zu verschiedenen Gartenpflanzen:
www.infoblaetter.fagw.info

Autor: Boris Geiger (BR)

Stand: 24.09.2015 13:47 Uhr

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