So., 24.06.12 | 17:00 Uhr
Sackgärten in Nairobi
Die alleinerziehende Jennifer Akinyi lebt im Slum ‚Huruma’, einem völlig überbevölkerten Elendsviertel der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Um ihre achtköpfige Familie mit Grundnahrungsmitteln und Gemüse gesund zu ernähren, bräuchte sie täglich umgerechnet zehn Euro. Als Tagelöhnerin hat sie meistens aber nur drei Euro für Lebensmittel zur Verfügung. Ihre Situation ist in Huruma kein Einzelfall. So wie ihr geht es auch vielen ihrer Nachbarn.
Kein Acker, stattdessen ein Sack
Gemüse wird im Slum zwar verkauft, aber den meisten fehlt das nötige Geld dafür. Jetzt bauen einige Slumbewohnerinnen ihr Gemüse selbst an. Das Klima ist günstig, die Pflanzen wachsen schnell, wenn sie ausreichend gepflegt und gegossen werden. Aber im überbevölkerten Slum gibt es keinen Platz für einen Acker. Die Lösung sind sogenannte Sackgärten. Jennifer Akinyi und ihre Nachbarinnen brauchen für den Anbau von Zwiebeln, Spinat und Tomaten nur so viel Grund, dass ein oder zwei Säcke darauf passen. Darin wächst frisches Gemüse für ihre ganze Familie.
Monatelang frische Ernte für 15 Euro
Die Idee, diese Sackgärten anzulegen, kam von der italienischen Hilfsorganisation COOPI. Das Projekt soll dabei helfen, die Ernährung der Slumbewohner zu sichern. Alleinerziehende Frauen mit vielen Kindern, die ihre Familien ohne jede Hilfe durchbringen müssen und ständig am Rande des Hungers leben, erhalten über die Organisation einen Sack, in dem sie Gemüse anbauen können. So ein Kleinstgarten kostet inklusive Erde und Saatgut gerade einmal 15 Euro und wirft je nach Wetter alle drei bis sechs Tage eine Ernte ab.
Ein vertikaler Garten
Um die Säcke besonders effektiv nutzen zu können, stecken in der Mitte jedes Sackgartens einige größere Steine. Über sie gelangt das Wasser auch in die unteren Teile des mit Erde befüllten Sacks. So kann der gesamte Sackgarten versorgt werden, und die Pflanzen wachsen nicht nur oben, sondern auch an den Seiten aus Löchern heraus. Die Erde, die nur eine sehr kleine Grundfläche einnimmt, wird also maximal genutzt - quasi ein vertikaler Garten.
Sicherheit für die Tagelöhnerin
Jennifer Akinyi besitzt zwei Säcke, mit denen sie viel Arbeit hat, die ihr aber auch eine reiche Ernte bescheren. Regelmäßig nimmt sie genügend Gemüse mit nach Hause, um ihre ganze Familie damit zu versorgen. Und die unterschiedlichen Gemüsesorten ermöglichen außerdem eine ausgewogenere Ernährung der Kinder als früher, wo es oft nur Hirse oder Reis gab. Heute sind diese zwei Säcke eine Art Versicherung für sie: Wenn die Mutter früher an einem Tag kein Geld verdienen konnte, musste ihre Familie hungrig zu Bett gehen. Dank des Sackgartens ist sie zur Selbstversorgerin geworden und hat die Gewissheit, ihren Kindern jederzeit etwas zu Essen geben zu können.
Autorin: Katharina Nickoleit (WDR)
Stand: 07.11.2012 20:53 Uhr