Pressemeldung vom 14.07.2011

"ttt - titel thesen temperamente" am 17. Juli 2011

"ttt" kommt am Sonntag, 17. Juli, um 23.15 Uhr vom Mitteldeutschen Rundfunk und hat folgende Themen:

Martin Walser - sein neues Buch "Muttersohn"
"Muttersohn" heißt Martin Walsers neuer Roman und seine Hauptperson mit dem merkwürdigen Namen Percy ist dann auch ein Mann ohne Vater.
Selbst für sein Zustandekommen war kein Vater nötig, wie es seine Mutter immer wieder behauptet. Er ist ein Engel ohne Flügel, ein Geleiteter, ein Jasager zum Leben und ein Antipode zu den "Heruntermachern". Martin Walser hat mit seinem Helden Percy eine Jesusfigur unserer Tage erfunden. Dieser Percy ist gelernter Krankenpfleger und agiert als eine Art Wunderheiler der Irregeführten in der Psychiatrie in Scherblingen irgendwo in Süddeutschland. Percy ist einer, der allein schon durch seine Anwesenheit die Welt schöner macht. Martin Walsers Roman ist eine unternehmungslustige Erkundung darüber, was Liebe vermag, was der Glaube vermag. Schon das Buchcover ist eine verschmitzte Anspielung: Eine Marienfigur mit einem kleinen Jesus im Arm und davor Martin Walser höchstselbst, ironisch aus dem Foto blinzelnd. Der Autor als Gottvater? "Glauben heißt, die Welt so schön machen, wie sie nicht ist", heißt es im Buch trefflich. "ttt" hat Martin Walser zu Hause in Überlingen getroffen.
Autor: Andreas Ammer

Das Israelische Kammerorchester spielt Wagner-Musik in Bayreuth
Am 25. Juli beginnen die Wagner Festspiele. Aufsehen erregte im Vorfeld aber nicht das Treiben auf dem Grünen Hügel, sondern die Ankündigung eines Konzerts in der Stadthalle von Bayreuth. Während der Festspielwochen gastiert zum ersten Mal ein Israelisches Orchester in der Stadt und: Das Israel Chamber Orchestra wird Wagner spielen - auch das ist eine Premiere. Das Konzert findet nicht im offiziellen Programm der Festspiele statt, aber die Festspielleiterin Katharina Wagner ist Schirmherrin dieses Projekts. Das geplante Gastspiel, das für die Wagner-Urenkelin eine „Brücke des Verständnisses" darstellt, ist für viele Israelis ein Skandal. Wegen seiner antisemitischen Ansichten wird Richard Wagner und seine Musik in Israel boykottiert. Daniel Barenboim und Mendi Rohdan versuchten vor zehn Jahren mit diesem Boykott zu brechen - beide dirigierten Wagner in Israel, beide Versuche führten zum Eklat. Jetzt wagt Roberto Paternostro mit seinem Israel Chamber Orchestra eine Annäherung auf fremdem Territorium. Bisher hat der Dirigent zu seinem Vorhaben geschwiegen, um eine erneute Eskalation zu verhindern. Wir trafen ihn vor seiner Anreise nach Bayreuth zu einem Gespräch.
Autor: Matthias Morgenthaler

Henry Kissinger über sein Buch "China"
Zu den beliebtesten Kuscheltieren amerikanischer Warenhäuser soll ab 1972 der Pandabär aufgestiegen sein. Das Jahr ist kein Zufall.
In jener Zeit hat die amerikanische Politik einen bemerkenswerten außenpolitischen Coup eingefädelt. Mitten im militärischen und moralischen Desaster des Vietnamkrieges und Mitten in der Anspannung des Kalten Krieges nehmen die USA und die Volksrepublik China diplomatische Beziehungen auf und schmieden so eine Art strategische Partnerschaft gegen die Sowjetunion. Diese Geschichte und seine zahlreichen Begegnungen mit Mao und vielen anderen chinesischen Führern schildert der ehemalige US-Außenminister und Sicherheitsberater Henry Kissinger in seinem nun erschienenen Buch "China - zwischen Tradition und Herausforderung". Kissinger berichtet über fast ein halbes Jahrhundert Zeitgeschichte, über eine fremde uralte Kulturgeschichte und über den unaufhaltsamen Aufstieg der größten kommunistischen Partei der Welt. Auch für die Menschenrechte in China interessiert sich Kissinger. Diese will er allerdings eher leise hinter verschlossenen Türen anmahnen. "ttt" traf Henry Kissinger in New York.
Autor: Andreas Lueg

Der Aufstand des Gewissens - Jean Ziegler und die Salzburger Festspiele
Der österreichischen Stadt Salzburg droht Ungemach: Die weltberühmten Salzburger Festspiele werden jedes Jahr von einem Redner festlich eröffnet. Der Landeshauptmann persönlich - im Falle Salzburgs die Landeshauptfrau - sucht den Redner aus und bittet ans Pult. Dieses Jahr fiel die Wahl auf den „weltweit bekanntesten lebenden Schweizer" (FAZ) - Jean Ziegler. Der Soziologe Ziegler war jahrelang UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Es gibt wohl kaum jemanden, der den Hunger in der Welt lauter und polemischer geißelt als Ziegler. Gerade Lebensmittelkonzerne wie Nestlé, einer der Hauptsponsoren der Festspiele, wurden von ihm scharf kritisiert. „Aufstand des Gewissens", das Thema von Zieglers geplanter Eröffnungsrede, passt ins Konzept. In Salzburg reagierte man prompt: Der Eingeladene wurde wieder ausgeladen. Der Eklat war perfekt. Hat man in Salzburg Angst vor der eigenen Courage? Wollte man lieber auf einen guten Redner verzichten als auf gut zahlende Sponsoren? Für Ziegler ist es ausgemachte Sache: Nestlé, Credit Suisse u. Co. haben seinen Rausschmiss bewirkt.
Autor: Ulf Kalkreuth

Moderation: Dieter Moor