Pressemeldung vom 31.07.2018
„Kulenkampffs Schuhe" im Ersten
90-minütiger Dokumentarfilm von Regina Schilling // Ausstrahlung am Mittwoch, 8. August 2018, 22:30 Uhr im Ersten
Mit Einschaltquoten von 80 Prozent erlebte das Fernsehen in den 60er und 70er Jahren der Bundesrepublik goldene Zeiten. Die Familie saß am Samstagabend im Wohnzimmer, alle freuten sich auf „Einer wird gewinnen" mit Hans-Joachim Kulenkampff oder die „Peter-Alexander-Show". Der Dokumentarfilm „Kulenkampffs Schuhe", der vollständig aus Archivmaterial besteht, zeigt Nachkriegsgeschichte auf überraschende, ungewöhnliche und berührende Art und Weise: Anhand von zahlreichen Showausschnitten von damals, Interviews, privatem Super-8-Material, historischen Dokumenten und Fotos eröffnet sich eine ganz neue Sicht auf das Unterhaltungsfernsehen der Bundesrepublik: Es war angetreten, eine ganze Nation von ihren Kriegstraumata zu therapieren, ein unverzichtbarer Ruhepol. Ein Film, der generationsübergreifend herausfinden möchte, wie die Deutschen wurden, was sie sind. Die Ausstrahlung ist am 8. August um 22:30 Uhr im Ersten
Kleine Fluchten aus dem Alltag
Hans Joachim Kulenkampff und Peter Alexander waren die großen Fernsehhelden der Familie von Regisseurin Regina Schilling. Und natürlich, etwas später, Hans Rosenthal mit „Dalli Dalli". Die Quizshows verhießen leichte Unterhaltung, Entspannung, heile Welt. Entspannung hatte Schillings Vater nötig. Er arbeitete rund um die Uhr in seiner eigenen Drogerie. Eine Drogerie im Nachkriegsdeutschland? Kaum etwas wurde mehr gebraucht: aufräumen, Wunden heilen, reparieren, saubermachen, Schädlinge bekämpfen.
Vom Leben vor der Unterhaltung
Was sahen die Väter der Kinder, die da im Schlafanzug vor dem Fernseher saßen, in den Showmastern? Wussten sie, dass Kulenkampff sich an der Ostfront vier Zehen eigenhändig amputiert hatte? Fragten sie sich, ob Peter Alexander wohl auch bei der Hitlerjugend gewesen war? Bei der Wehrmacht, in Kriegsgefangenschaft? Wie die meisten jungen Männer dieser Generation? Hatten sie davon gehört, dass Hans Rosenthal jüdisch war, sich in den Kriegsjahren als Vollwaise in einer Berliner Laube versteckte und jeden Moment damit rechnen musste, deportiert zu werden? Die Showmaster gehörten wie Regina Schillings Vater einer sehr besonderen Generation an: Erst missbraucht vom Nationalsozialismus, dann eingespannt in das Hamsterrad der Nachkriegszeit, die von Traumatisierungen nichts wusste oder nichts wissen wollte.
Hinter der Fassade des Wirtschaftswunders
Die Regisseurin Regina Schilling: „Die Vorstellung, dass sich unter Kulenkampffs eleganten Lederschuhen ein verkrüppelter Fuß verbarg, ließ mich nicht los. Dieses Bild erscheint mir eine Metapher zu sein für alle Erwachsenen, die in meiner Kindheit eine Rolle spielten. Sie alle verbargen etwas unter der schönen Fassade des Wirtschaftswunders. Als Kind konnte ich das nur spüren, nicht in Worte fassen."
Der Film
„Kulenkampffs Schuhe" ist eine Produktion von zero one im Auftrag des Südwestrundfunks in Koproduktion mit dem HR
Sendung:
„Kulenkampffs Schuhe" am 8. August 2018, 22.30 Uhr im Ersten. Der Film ist danach für sieben Tage in der Mediathek Das Erste zu sehen.
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