Julia Dahmen im Interview
Besuch aus Südamerika
Kurz vor Weihnachten haben Sie Ihre fünfwöchigen Dreharbeiten für "Sturm der Liebe" abgeschlossen – wie haben Sie die Zeit empfunden?
Ich habe die Arbeit sehr genossen – denn es war auch ein Stück weit wie ein Nachhause kommen für mich. Vieles kannte ich noch aus meinem Alltag bei "Marienhof", wo wir in derselben Halle auf dem Bavariagelände gedreht haben: die Maske, das Kostüm, der Drehort – nur die Kulissen waren anders. Aber auf der anderen Seite kamen natürlich auch viele neue Dinge hinzu: Die Regisseure, die Kollegen und vor allem meine Rolle.
Konnten Sie sich gleich mit Ihrer Rolle identifizieren?
Letztendlich entscheidet sich alles bei der ersten Klappe. Natürlich überlegt man sich vorher, wie man die Rolle spielen wird – aber das lässt sich im Vorfeld nicht festlegen. Entscheidend ist der erste Moment vor der Kamera.
Und wie war die erste Klappe?
Ich war selber überrascht, wie gut die Figur funktioniert. Denn ich hatte für sie einen kleinen spanischen Akzent entwickelt. Leonora ist zwar eine gut ausgebildete Frau, die am Münchner Konsulat arbeitet und deshalb grammatikalisch korrekt spricht – aber ein Akzent bleibt nun einmal jedem, der in einem fremden Land aufgewachsen ist, erhalten.
Wie lernt man denn einen spanischen Akzent?
Es ist ja dieses rollende "R" und dieses spezielle "S", welches Spanier oft beibehalten. Und mit genau so einem Akzent sprach eine Mutter aus dem Kindergarten meines Sohnes – die habe ich einfach gefragt, ob sie mir helfen will. Sie hat dann meine ganzen Texte auf das Handy gesprochen und damit habe ich mich dann vorbereiten können. Es war das erste Mal für mich, dass ich einen Akzent vor der Kamera gesprochen habe!
Ist das schwierig?
Naja, es besteht natürlich die Gefahr, dass man es übertreibt. Aber ich habe nur positive Rückmeldungen bekommen. Natürlich hätte ich den Akzent auch weglassen können, aber ich habe es mir als mein persönliches Ziel gesetzt, ihn beizubehalten und zu perfektionieren.
Gab es weitere Herausforderungen bezüglich Ihrer Rolle?
Ja, durchaus! Leonora ist eine Frau, die in jüngerer Zeit in gewisse Machenschaften verstrickt war. Sie ist also eine Figur mit einer dunklen Vergangenheit, die aber aus einer großen Not heraus gehandelt hat. Noch immer hängt ihr diese Vergangenheit nach – das heißt, sie muss Dinge tun, die sie eigentlich nicht tun will. Auf der einen Seite bin ich eine Frau, die einen grausamen Auftrag zu erfüllen hat, auf der anderen Seite darf ich verständnisvoll und umgänglich sein – und dann zeigt Leonora auch noch eine unglückliche Seite von sich selbst. Ich spielte also eigentlich immer auf drei Ebenen, was mir sehr großen Spaß gemacht hat.
Ihre Rolle wurde als "Raubkatze mit sanften Zügen" beschrieben – trifft das auf Sie zu?
Ich würde Leonora eher als sympathisch und fast mütterlich beschreiben. Außer mal einem tiefen Ausblick ins Dekolleté oder einem Kuss gibt es da nichts. Aber natürlich ist das Interpretationssache.
Sie haben in einem Interview eine Lanze für die Arbeit von Daily-Schauspielern gebrochen. Denn hierzulande wird deren Qualität oft ignoriert oder gar belächelt.
Nirgendwo wird so viel gearbeitet wie in einer täglichen Soap. Die Professionalität, die die Schauspieler und das ganze Team an den Tag legen müssen, ist extrem hoch. Es wird den ganzen Tag gedreht, die Szenen müssen oft beim ersten Take sitzen, Texte die geändert werden, müssen extrem kurzfristig gelernt werden und die Abende sind ohnehin mit Textlernen für den nächsten Tag belegt. Und ich spreche wirklich aus Erfahrung, weil ich Filme gedreht, in Weeklys gespielt und sieben Jahre lang für eine Soap vor der Kamera gestanden haben. In den USA ist das ganz anders: Dort zählen die Schauspieler der Dailys zu den höchst bezahlten.
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