Sa., 07.05.16 | 10:45 Uhr
Das Erste
Die gefährlichsten Schulwege der Welt: Himalaya
Folge 7
Das Dorf Zangla am Fluss Zanskar in 4.000 Meter Höhe im indischen Himalaya – hier wohnt der zehnjährige Motup mit seinen Eltern. Völlig abgeschieden leben hier 650 Menschen. Wer nicht ewig im Dorf bleiben will, muss auf eine der guten Schulen in der großen Stadt. Motup hatte zwei Monate Winterferien und bereitet sich eine Woche vor Halbjahresbeginn mit seinem Vater auf die Reise nach Leh vor – in das Internat, das er und seine Freunde besuchen. Sein Schulweg ist ein Fußmarsch, der mindestens vier Tage dauern wird. Die Route führt 100 Kilometer über einen zumeist zugefrorenen Fluss, der sich unterwegs plötzlich auch in einen reißenden Strom verwandeln kann. Es ist der wohl längste Schulweg der Welt.
Der Fluss Chadar ist wild, naturbelassen, kaum zugänglich und ohne Befestigungen. Er gilt selbst unter den erfahrensten Einwohnern als besonders tückisch und absolut unberechenbar. Mal ist das Eis dick und sicher wie eine Schlittschuhbahn, ein paar Meter weiter droht man im reißenden Fluss einzubrechen. Plötzlich auftauchendes Hochwasser kann Schüler und Väter zu gefährlichen Umwegen durch die Gebirgsschlucht zwingen – nie wissen sie, ob die Reise zur Schule vier, fünf oder gar sechs Tage dauert. Die ungefütterten Gummistiefel mögen dabei das Wasser abweisen – sie sorgen auf der anderen Seite aber für wahre Eiszapfen an den Füßen. Angst und Tränen sind die ständigen Begleiter des kleinen Motup. Viermal im Jahr gehen er und seine Schulfreunde die 100 Kilometer ins Internat, zweimal hin, zweimal zurück.
Es ist eine atemberaubende Umgebung, doch für die Schönheiten der Natur haben die kleinen Kinder keine Augen. Der Schulweg im tibetischen Hochgebirge ist eine anstrengende Expedition, der den Kindern alles abverlangt. 100 Kilometer über Eis, reißendes Wasser, steile Schluchten, Tag und Nacht unterwegs.