SENDETERMIN So., 23.10.16 | 10:45 Uhr | Das Erste

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2016 geht an die deutsche Journalistin, Publizistin und Autorin Carolin Emcke. Die 49-Jährige wird für ihren steten Aufruf zum gesellschaftlichen Dialog in unruhigen Zeiten geehrt.

„Carolin Emcke setzt sich schwierigen Lebensbedingungen aus und beschreibt - vor allem in ihren Essays und ihren Berichten aus Kriegsgebieten - auf sehr persönliche und ungeschützte Weise, wie Gewalt, Hass und Sprachlosigkeit Menschen verändern können", heißt es in der Begründung der Jury. Ihr Werk mache sie zum „Vorbild für gesellschaftliches Handeln" und sei Mahnung dafür, den Dialog auch dann zu suchen, wenn dieser nicht mehr möglich erscheint.

Die 1967 in Mülheim/Ruhr geborene Emcke ist von 1999 bis 2014 zunächst für „Der Spiegel", später für „Die Zeit" in den Krisenregionen dieser Welt unterwegs. In ihren Reportagen berichtet sie u. a. aus dem Kosovo, Afghanistan, Pakistan, Irak und dem Gaza-Streifen. Eindringlich schildert sie die Extremsituationen, in denen sich die Menschen vor Ort befinden und gibt ihnen so eine Stimme. In ihrem ersten Buch „Von den Kriegen. Briefe an Freunde" hat sie sich 2004 kritisch mit ihrer Rolle als Kriegsreporterin auseinandergesetzt. Wie wichtig ein gesellschaftlicher Dialog auch in Deutschland sein kann, zeigt sie in „Stumme Gewalt. Nachdenken über die RAF" auf. In dem 2008 veröffentlichten Buch ruft sie die Mitglieder der RAF, deren Opfer und die jeweiligen Ermittler zu gemeinsamen Gesprächen auf. Emcke, die Patentochter Alfred Herrhausens, prangert das Schweigen an, das zwischen Tätern und Opfern herrscht. 2012 folgt mit „Wie wir begehren" ein autobiografisches Buch über Homosexualität und den gesellschaftlichen Umgang mit Menschen, die ein Coming-out wagen. Ein Jahr später kehrt sie mit „Weil es sagbar ist. Über Zeugenschaft und Gerechtigkeit" zurück an die Orte von Krieg und Terror und schreibt von dem Problem der Opfer, über ihr erfahrenes Leid nicht reden zu können. Zur Buchmesse 2016 erscheint ihr neues Buch „Gegen den Hass", in dem sie sich für eine differenzierte Auseinandersetzung mit polarisierenden Themen einsetzt.

Carolin Emcke war außerdem Gastdozentin für „Politische Theorie" an der Yale University und ist seit 2004 Kuratorin und Moderatorin der Diskussionsveranstaltung „Streitraum" an der Berliner Schaubühne. Seit 2014 verfasst sie für die „Süddeutsche Zeitung" wöchentlich eine Kolumne. Für ihre Essays, Reportagen und Bücher hat sie mehrere Preise und Auszeichnungen erhalten, darunter „Das politische Buch" der Friedrich-Ebert-Stiftung (2005), der „Förderpreis des Ernst-Bloch-Preises" (2006), „Theodor Wolff-Preis" (2008), „Otto-Brenner-Preis, 1. Preis" (2010), „Journalistin des Jahres" (mediummagazin, 2010), „Ulrich-Wickert-Preis für Kinderrechte" (2012) und der „Johann Heinrich Merck Preis" der Deutschen Akademie für Dichtung und Sprache (2014).

Traditionsgemäß findet die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche am Buchmessen-Sonntag statt. Er wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert.

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So., 23.10.16 | 10:45 Uhr
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