So., 18.04.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
Albanien: Die Helfer gegen die Armut
Für viele in Albanien ist Arber Hajdari ein Held. Mit seiner Stiftung "Fundjavē ndryshe" baut er Häuser, um den Armen in seiner Heimat zu helfen. Albanien ist eines der ärmsten Länder in Europa, Korruption ist Bestandteil der Politik im Land. Albanien belegt weltweit den 104. Platz, wenn es um Korruption geht. Deutschland liegt auf Platz 9. Im November 2019 hat ein schweres Erdbeben das Land erschüttert, Zehntausende verloren ihre Wohnungen.
Arber Hajdari und sein Team sind in der Kleinstadt Bilisht unterwegs. Ihre Mission: Ein neues Heim für Luljeta Perbasha und ihren schwerkranken Mann. "Da bist Du endlich mein Schutzengel! Du bist der Engel der Armen, Gott segne Dich, Arber Hajdari", wird Hajdari begrüßt. "Du brauchst jetzt nicht mehr Weinen, ab heute gibt es keine Tränen mehr", antwortet Hajdari. Sei dem schweren Erdbeben im Herbst 2019 ist Luljetas Haus einsturzgefährdet. Geld für eines neues hat sie nicht. Dabei bräuchte vor allem ihr Mann ein sicheres Dach über dem Kopf, seit einem Schlaganfall ist er behindert. "Das Erdbeben hat uns den Rest gegeben. Mein Mann liegt behindert im Bett und uns fällt die halbe Decke auf den Kopf. Wenn man die Gardinen wegnimmt, sieht man dass die Wände überall Risse haben, es war eine Katastrophe“
Bauprojekt für obdachlose Familien
Hilfe vom albanischen Staat gab es bislang nicht. Deshalb hat Arber Hajdari mit seiner Stiftung eine neue Bleibe organisiert. Luljeta und ihr Mann werden sie gleich zum ersten Mal sehen. Doch der Transport dahin ist schwierig: "Seit sieben Jahren hat den Mann kein Arzt untersucht! Wir wissen nicht was er hat, wo wir ihn anfassen können. Vielleicht schaffen wir es nächste Woche, ihn nach Tirana zu holen, in ein Krankenhaus", sagt Arber Hajdari.
Ortswechsel und ein paar Tage zuvor: unterwegs in der Nähe von Tirana. Auch diese Region hat das Erdbeben schwer getroffen. Arber auf dem Weg zu einem Bauprojekt: Einfamilienhäuser für obdachlose Familien. "Die Familien die diese Häuser brauchen kommen aus der ganzen Region, oft weit weg von der Stadt. Jetzt sollen sie hier in einer Gemeinde leben. Zu dieser Gemeinde gehört auch eine Schule." 21 Einfamilienhäuser entstehen. Gesamtkosten: über eine halbe Million Euro. Finanziert wird das Projekt durch Spenden, die meisten aus dem Ausland. Mit kurzen Live-Videos in den sozialen Medien will Arber den Spendern zeigen, dass ihr Geld bei den Menschen ankommt.
Auf die Politik in Albanien will er sich nicht mehr verlassen. "Wir haben unser eigenes System, mit dem wir wirklich was ändern können. Ich bin froh, dass wir kein Teil der Politik sind. Wir bewegen etwas, außerhalb der Politik."
Die Politik Albaniens steckt derzeit im Wahlkampf. Täglich gibt es Sondersendungen. Die großen Themen: zu wenig gute Jobs, Abwanderung und Korruption. Der große Mann Albaniens: Edi Rama, seit über sieben Jahren Regierungschef.Die Opposition kritisiert, er habe zu wenig getan für den Aufbau des Landes. Er wolle die Probleme nicht kleinreden, sagt Edi Rama, doch es brauche Zeit, sie zu lösen. Sein Ziel: Albanien bereit machen für die EU: "Ich sage es meinen Leuten immer: Schaut euch Deutschland nach der Wiedervereinigung an, die war ein Gewinn. Und trotzdem: Auch mit all der Macht und dem Geld das sie hatten, hat der Osten des Landes lange gebraucht um aufzuholen. Bis heute ist das noch nicht ganz gelungen. Also, genauso müssen wir kämpfen."
Albanien gehört zu den Ärmsten Ländern Europas
Arbers Kampf sieht so aus: Livestream für seine Stiftung. Er präsentiert die neuste Spende. Ein Krankenwagen aus Deutschland. Hier am Strandrand bauen sie ein altes Militärgelände zu ihrer Zentrale um. Auch eine Arztpraxis und eine Schule soll es bald geben. Doch nicht jeder kann kommen. Die Stiftung schaut genau hin, wem sie hilft: "Wir schauen uns an, wo die Leute leben, was sie Essen, ob sie Geld auf dem Konto haben. Wir fragen, ob sie sich überhaupt für einen Job beworben haben, wenn sie 'ja' sagen, überprüfen wir das. Wir gehen allem nach.“
Fahrt aufs Land. Hilfe wäre überall nötig wäre, Albanien gehört zu den Ärmsten Ländern Europas. Das Monatseinkommen liegt im Durchschnitt bei 300 Euro. Zurück in Bilisht. Luljeta und ihr Mann sind in ihrem neuen Haus angekommen, begleitet von lokalen Medien betreten sie es zum ersten Mal. Gekauft und eingerichtet hat es Arbers Stiftung. Ein neues Leben mit einem eigenen Schlafzimmer. "Ich kann das alles noch nicht glauben, 28 Jahre lang haben wir gelitten", sagt Luljeta Perbasha. Zum Dank: ein Lied. Luljeta war einst Sängerin.
"Es gibt leider oft auch andere Fälle, da klappt es nicht so gut. Das kostet die meiste Energie, wenn Du verlierst. Ich muss sagen: ein normales Leben habe ich nicht mehr, aber ich leben für diesen Job", erzählt Arber Hajdari von seiner Arbeit. Arber ist am nächsten Tag wieder unterwegs. Die Liste derer, die auf seine Hilfe warten, ist lang.
Autor: Christian Limpert, ARD-Studio Wien
Stand: 18.04.2021 20:38 Uhr
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