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Peru: Die Trägerinnen vom Machu Picchu

Peru: Die Trägerinnen vom Machu Picchu | Bild: NDR

Machu Picchu ist das meistbesuchte Reiseziel Südamerikas. Immer mehr Touristen aus aller Welt strömen zu der mythischen Inka-Stätte, die mehrere Hundert Jahre lang unentdeckt unter einer Dschungeldecke versteckt lag und erst 1911 wiederentdeckt wurde. Der Tourismusboom bringt Risiken mit sich – aber auch Chancen. So führen seit Kurzem auch indigene Frauen als Trägerinnen Touristen auf den Trekkingwegen nach Machu Picchu. Eine Tätigkeit, die im konservativen und patriachalischem Peru bislang noch unmöglich schien.

Indigene Frauen erobern Männerdomäne

15 Kilo Gepäck lasten auf den Schultern der Indigenen Marilisa Andrade, während sie den kleinen, gewundenen Pfad auf 2.430 Meter Höhe klettert. Die 32-Jährige ist eine der ersten weiblichen Trägerinnen am weltbekannten peruanischen Wanderweg "Inka-Trail", der über drei Tage zur Welterbe-Stätte Machu Pichu führt. Marilisa lacht, als sie erzählt, wie die Männer sie am Anfang verspottet haben, als sie riefen: "Ihr schafft das nie!" "Mit diesem Mythos haben wir gehörig aufgeräumt", sagt Marilisa nicht ohne Stolz. Drei Tage dauert der Aufstieg, der über die Höhengebirgszüge der peruanischen Anden führt. Abends organisiert Marilisa mit anderen Quechua-Frauen den Aufbau der Zelte für die Touristen, macht Feuer und verköstigt die Gäste aus aller Welt. Bis vor Kurzem war das allein den Männern vorbehalten. Doch seit 2016 hat Marilisa mit Mitstreiterinnen dafür gesorgt, dass auch sie die lange und beschwerliche Tour absolvieren dürfen. Mittlerweile hat sich sogar eine Reiseagentur verpflichtet, nur indigene Frauen zu beschäftigen – als Teil einer neuen Geschlechterpolitik. Wurden die indigenen Frauen bislang abgestempelt als schwach und zerbrechlich, wollen sie jetzt beweisen, dass sie mit ihrer Tätigkeit als Trägerinnen zum bekanntesten Tourismusziel Südamerikas sogar allein für das Familieneinkommen sorgen können. Und sie brechen als erste weibliche Trägerinnen mit einem Tabu in Peru – einem Land, das laut WHO weltweit das Land mit den dritthäufigsten Fällen von "gender violence" ist.

Auch Marleni Huilca gehört zu den Trägerinnen. "Machu Picchu ist unser ganzer Stolz. Erbaut von unseren Urahnen – deshalb fühlen wir uns wie sie: stark und in der Lage, alles zu schaffen", erzählt sie. Sie haben eine Männerdomäne erobert, sind die ersten Trägerinnen Perus. Dank der Hilfe eines Mannes. "Unser Chef kommt so wie wir vom Dorf und weiß deshalb, dass wir Frauen dort wenig Rechte haben und nicht auf Augenhöhe sind mit den Männern. Deshalb lässt er uns im Tourismus arbeiten."

Bildung auch für Mädchen möglich

Es ist ein Knochenjob rund um die Uhr, aber als Gepäckträgerinnen haben die Frauen einen sehr einträglichen Job, der das sonst kärgliche Familieneinkommen erheblich aufbessert. 90 Euro verdienen sie pro Woche – kein schlechter Lohn in den Anden Perus. "Ihr müsst wissen, dass unsere Mütter früher nicht die Schule besuchen durften. Sie sollten zu Hause bleiben, waschen und kochen. Die Männer aber durften zur Schule. Zum Glück sind heute alle gleich und wir Frauen haben endlich dieselben Rechte", erklärt Marleni. Ein Recht bleibt den Trägerinnen jedoch verwehrt: das Betreten von Machu Picchu. Wegen Überfüllung dürfen nur noch Touristen dorthin. Manche von ihnen wissen die Arbeit der Trägerinnen sehr zu schätzen: "Ihr arbeitet richtig hart. Wir wissen, dass ihr unseretwegen nicht bei euren Familien sein könnt. Das ist nicht leicht und deshalb: Danke für dieses tolle Erlebnis!“, sagt Tourist Alejandro Chavette. Zum Abschied gibt es noch ein Trinkgeld für Marleni und ihre Kolleginnen.

 Touristenstrom wird noch größer

Die Inkas hatten ihre heiligste Stätte vor den spanischen Eroberern jahrhundertelang versteckt. Jetzt strömen täglich Tausende Touristen durch die Ruinenstadt – eng getaktet in Zeitfenstern. "Unsere Behörden versuchen die Massen in den Griff zu kriegen. Es kommen immer mehr. Deswegen wurde eine Obergrenze eingeführt", erklärt Bergführer Flecher Herreira Almerón. Trotzdem könnten es bald noch mehr werden: Nebenan wird ein Flughafen gebaut. Mit einer vier Kilometer langen Landebahn – erstmals für Direktflüge auch aus Deutschland. Ob das Welterbe Machu Picchu das dann verkraftet, ist fraglich.

Doch für die Trägerinnen bedeutet das eine sichere Zukunft. Für Marilisa soll ihr Job als Trägerin nicht alles gewesen sein. Sie will irgendwann zur Touristenführerin aufsteigen und die Besucher zu der legendären Inka-Stätte leiten. Mit dem Englischunterricht hat sie bereits begonnen.        

Autor: Matthias Ebert, ARD-Studio Rio de Janeiro

Stand: 19.08.2019 14:28 Uhr

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