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Indonesien: Präsidentenwahl - Ein Land auf dem Sprung

Indonesien: Präsidentenwahl - Ein Land auf dem Sprung  | Bild: NDR

Adib, Muhammad und Raihan haben es geschafft. Die Studenten der Universität von Indonesien in Jakarta haben mit ihren Professoren Batterien eingebaut, zweieinhalb Tonnen schwer, in einen ehemaligen Diesel-Bus. Und der kann jetzt mit Elektroantrieb fahren. Auch ihrem Land wollen sie weiter Antrieb verleihen. Indonesien solle sich mit neuer Technologie und eigenem Know-how weiterentwickeln, selber E-Autos produzieren: "Wir müssen nur noch etwas mehr in die Forschung investieren, dann können wir es unter die Top-Produzenten, unter die Besten schaffen", sagt Student Reihan Muhammad Syahran. Student Adib Haryo meint: "Ich bin optimistisch, wir haben schon viel Wissen und die Ressourcen hier im Land. Jetzt entscheidet sich, ob wir auch selbst produzieren in Indonesien."

Indonesien hat größte Nickel-Vorkommen der Welt

Indonesien entwickelt sich rasant, die Wirtschaft wächst seit Jahren. Ein Grund für den Erfolg liegt weit entfernt von der Hauptstadt Jakarta. Mitten im tropischen Regenwald. Auf der indonesischen Insel Sulawesi lagern die größten Nickel-Vorkommen der Welt. Hier schürfen sie überall Nickelerz, ein gefragtes Mineral, unverzichtbar bei der Produktion von Elektroauto-Batterien.

8 Uhr morgens: Schichtwechsel im Industriepark von Konawe. Die Arbeiter tauschen die Hitze des Nickelschmelzers mit dem tropischen Klima ganz nah am Äquator. Drachenfrucht-Drink und Frühstück am Straßenrand, Erfrischungen für die erschöpften Werksarbeiter. Seit nebenan Nickelerz verarbeitet wird, haben die jungen Menschen hier Jobs. Und eine Perspektive. Ein junger Mann sagt: "Ich bin extra hierhergezogen, sonst wäre ich arbeitslos". Ein anderer erzählt: "Früher konnte ich mir nichts leisten, jetzt habe ich ein Moped und kann mir sogar ein Haus."

Nadia und ihre Nachbarinnen verkaufen täglich große Mengen Snacks an die vielen Arbeiter. Seit der Werkseröffnung vor ein paar Jahren haben sie hier einen echten Standortvorteil: "Früher kam ich kaum über die Runden. Jetzt kann ich genug verdienen, habe ein Stück Land und vermiete sogar noch Zimmer an Arbeiter."

Indonesien ist an Wertschöpfungskette beteiligt

Die Nickelmine ernährt eine ganze Region. Auch Kartini Santrin profitiert davon. Als die Mine eröffnet wurde, rieten ihr die Eltern zu einem Geologie-Studium, das habe hier Zukunft. Ein Job nah am Dorf. Da wo sich die Menschen früher vernachlässigt fühlten, herrscht jetzt Aufbruchstimmung. "Seit die Mine in Betrieb ist, hilft uns das hier auf dem Land. Früher waren wir hier ohne Job, durch die Mine gibt es ganz neue Perspektiven - auch Unterstützung  - für die Menschen auf dem Dorf", sagt Kartini Santrin.

Der scheidende Präsident Joko Widodo, genannt Jokowi, hat Indonesien auf diesen Erfolgskurs gebracht. Wer Indonesiens Nickel kaufen möchte, muss im Land auch für Arbeitsplätze sorgen. Das war seine Strategie für das bevölkerungsreiche Land. Der Präsident hat ein Exportverbot verhängt: Verkauft wird Nickel nur, wenn er vorher in Indonesien verarbeitet wird. So hat er ausländische Investoren dazu gebracht, Fabriken zu bauen und Indonesien an der Wertschöpfungskette zu beteiligen. Die drei Kandidaten für die Nachfolge von Präsident Widodo wollen seinen Wirtschaftskurs fortsetzen.

Abgeholzter Regenwald, kranke Fische

Abgeholzter Regenwald
Auf der indonesischen Insel Sulawesi lagern die größten Nickel-Vorkommen der Welt.

Aber der Boom hat Schattenseiten. Und auch die zeigen sich auf Sulawesi. Der Regenwald, hektarweise abgeholzt, viele Böden und Gewässer von der Schwerindustrie verschmutzt. Fischer Suparta kann vom Fischfang kaum noch leben. Die Behörden hätten zwar Wasserproben genommen, erzählt er, aber die Ergebnisse nie bekanntgegeben. "Die Fische sind krank, sie wachsen nicht mehr. Und das ist nicht nur hier bei mir so, sondern auch an anderen Teichen in der Nähe der Fabrik", sagt der Fischer.

Der Umweltschützer Mr. Sarmanto von der Umweltschutzorganoisation Jatam Sulawesi Tenggara kommt regelmäßig vorbei, berät den Fischer. Er ist überzeugt: Das Abwasser aus den Fabriken ist giftig. "Entwicklung ist ja eigentlich gut. Solange sie den Menschen nicht schadet. Aber hier ist sie zerstörerisch. So kann es nicht weitergehen. Denn es ist zum Nachteil der Menschen in der Region."

Indonesien: Vom Schwellenland zum Industriestaat?

Motorroller-Fahrer
Indonesien entwickelt sich rasant | Bild: NDR

Der Wirtschaftswissenschaftler Andry Nugroho wägt die positiven und negativen Folgen des Nickel-Booms für sein Land ab. Wenn Indonesien weiter auf Erfolgskurs bleiben möchte, müsse die nächste Regierung besser auf Umwelt- und Arbeitsstandards setzen, sagt er. Das Land könne selbstbewusst mit Investoren verhandeln: "Wir sollten die Bedingungen ändern. Die Arbeit in den Minen regulieren und eine neue Priorität setzen auf Umwelt- und Sozialstandards. Wir sind im Moment zu sehr auf die Menge fokussiert, auf die Quantität, und noch zu wenig auf die Qualität der Investitionen."

In der Uni-Werkstatt prüfen Adib und Reihan, ob die Motoren mit Akkus gleichmäßig laufen. Wachstum um jeden Preis, das wollen die beiden nicht. Ihr Land habe die nötigen Rohstoffe und könne bald auch führend in nachhaltigen Technologien sein. Die Fachkräfte von morgen wollen durchstarten in die Zukunft. "Unser Land kann von anderen Industrieländern lernen und dann selbst nachhaltig produzieren", sagt Adib Haryo. Und Reihan Muhammad Syahran fügt hinzu: "Ich bin optimistisch. Vielleicht werden wir in 10 bis 20 Jahren Marktführer sein in dieser Industrie, ich sehe das positiv, das können wir schaffen."

Sie sind Anfang 20 und stehen für das Selbstbewusstsein einer ganzen Nation. Indonesien – auf dem Sprung vom Schwellenland zum Industriestaat? Wie sehr die Bevölkerung davon profitieren kann, das hat auch der nächste Präsident in der Hand.

Autorin: Christiane Justus, ARD-Studio Singapur

Stand: 11.02.2024 20:10 Uhr

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