So., 04.07.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
Australien: Neustart im Olivenhain
Windmühlen, Pferde, Felder – zwei Stunden nordwestlich von Melbourne. Landlust pur. Marton Gross und seine Familie sehen hier die Zukunft. Der dreifache Vater will ein Farmhaus bauen. Kurz vor der Pandemie haben sie den Olivenhain gekauft. Da musste er noch nach Melbourne ins Büro. Aber mit dem Lockdown kam die neue Norm: das Arbeiten im Home Office. Und seitdem harmonieren der gut bezahlte Stadt-Job und das freie Landleben mit Familie perfekt. "Die Kinder kommen gern mit mir hierher und sie schwimmen mit dem Hund im Teich. Das ist alles jetzt leichter möglich, weil ich nicht mehr in die Stadt fahren muss. Wir steuern hier auf das nächste Kapitel in unserem Leben zu", erzählt der Familievater.
Die Olivenzucht will gelernt sein
Diese Fässer gehören Rob Pearse. Er ist Martons Berater und Mentor. Auch Rob hat mal völlig ahnungslos mit der Olivenzucht begonnen. 13 Jahre ist das her. Inzwischen verkauft der Marketing-Manager seine grünen Früchte an kleine Läden. Es war ein steiniger Weg zum Hobby-Bauern: "Wenn du noch junge Bäume hast, dann freust du dich schon, wenn du am Ende einen halben Eimer Ernte hast. Vielleicht vier oder fünf Gläser voll. Ich habe damals meinem Nachbarn meine erste Hand voller Oliven gezeigt und er hat nur erwidert: Oh, wie heißen die Früchte? Das fand ich ein bisschen unhöflich."
Rob weiht Marton in die Geheimnisse der Olivenzucht ein. Kennengelernt haben sich beide über das Programm mit dem Namen 'Dieser Farmer braucht einen Farmer'. Ländereien werden eben jetzt nicht mehr nur von einer Generation zur nächsten weitergeben, sondern auch an Neulinge aus der Stadt. Und die sollen mit einem:r erfahrenen Mentor:in schnell das Basiswissen lernen.
"Sicher, als Rob das erste Mal kam, hat er mich immer wieder gefragt: Du weißt schon, dass du einen Olivenhain gekauft hast, oder? Und ich so: ja. Ich habe schnell von ihm gelernt, wieviel Arbeit das bedeutet", sagt und muss zurück an den Schreibtisch. Rob bekämpft in der Zeit die kleinen schwarzen Läuse. Mentor:innen wir er sind derzeit gefragt. Viele Stadtflüchtlinge sehen die Pandemie als richtigen Zeitpunkt, den Traum vom Hobbybauern umzusetzen. Oder zumindest den von einem Haus auf dem Land.
Das Landleben – ein Traum vieler Melbourner:innen
Auch das kleine Örtchen Maldon profitiert von Menschen wie Marton, Cafés machen wieder Geschäfte und die Preise für Häuser gehen rasant nach oben. Im langen Lockdown in Melbourne haben die Leute sogar ungesehen gekauft, sagt Immobilienmakler Nathaniel Briggs, so groß die Sehnsucht nach Landluft: "Besonders im letzten halben Jahr war es total verrückt. Und ich sage verrückt, weil Menschen bereit waren, weit mehr als den Listenpreis zu bezahlen. Es war wirklich schwer, Angebot und Nachfrage in Balance zu halten."
Auf dem Farmers Markt preist Rob seine Oliven an. Der 71-Jährige freut sich über die neu Hinzugezogenen aus der Stadt. Aber inzwischen kommen am Wochenende auch viele Melbourner:innen mit großen Einkaufstaschen. Seit der Pandemie wollen viele nun statt griechischen, lieber australische Oliven. Das Prinzip Buy local, kaufe lokal, so populär wie nie zuvor. "Wir haben einen Eimer und fragen die Leute. Wollt ihr probieren? Die nehmen sich eine Olive und dann. Aww. Die sind göttlich. Und ich super gut", erzählt Rob.
Martons Oliven sind noch nicht reif für den Farmers Markt. Aber das stört den IT-Manager nicht. Zum Geldverdienen hat er seinen Schreibtischjob. Der Olivenhain ist der perfekte Ausgleich zum Computer. Er lebt nun das Beste aus zwei Welten. "Ich bin in diese neue Welt eingetaucht und es gefällt mir wirklich. Ich habe inzwischen das Gefühl, dass ich hierhergehöre. Es erfüllt mich, hier im Olivenhain zu sein und vor mich hinzuwerkeln", sagt er.
Marton hat die Zusicherung seiner Firma, dass er auch künftig von zu Hause arbeiten kann. Die Pandemie ein Wendepunkt für Millionen Menschen auf der Welt. Für den Australier und seine Familie definitiv ein positiver.
Autorin: Sandra Ratzow / ARD Studio Singapur
Stand: 04.07.2021 20:43 Uhr
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