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Südafrika: Die farblosen Schwarzen

Südafrika: Die farblosen Schwarzen | Bild: Das Erste

Anders auszusehen, hier auf der Fashion Week in Johannesburg ist das ein Vorteil. Als Model ist Sanele gefragt, nicht trotz, sondern wegen seines außergewöhnlichen Aussehens als Albino.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Modewelt Albinos für den Laufsteg entdeckte. Sanele profitiert jetzt davon. Noch vor ein paar Jahren wäre sein Aussehen als sonderbar abgestempelt worden.

Sanele Xaba
Sanele Xaba | Bild: Bild: BR

Sanele Xaba, Model:

»Ich habe mich einfach nie als sonderbar empfunden. Meine Haut hat einen anderen Farbton. Ich habe keine Pigmente, aber ich bin ja auch nicht weiß, ganz weiß wie ein Papiertaschentuch. Es ist einfach nur ein anderer Farbton.«

Sanele ist selbstbewusst. Und hier auf der Fashion Week trifft er auf eine weiße Designerin aus Kenia, deren Kollektion eine starke Botschaft hat, ein politisches Statement.

Ann McCreath, Modemacherin:

»Es ist in meiner DNA. Wir sind alle Teil Afrikas, ich auch. Meine Tochter ist gemischtrassisch. Als ich Sanele traf, wusste ich: Er ist genau der Richtige, dieses T-Shirt vorzuführen.«

Dies ist der positive Teil einer Geschichte über Menschen mit Albinismus in Afrika. Sanele ist ein gefragtes Model.

Aber das ist nur ein kleiner Ausschnitt. Viel weiter verbreitet sind noch immer die Vorurteile, tief verwurzelte Vorurteile, die auch die Heilerin aus dem Township kennt. Sie verbreitet sie nicht selbst, nicht mehr, wie sie sagt, aber die Ahnen: Und die sprechen durch sie mit einem tiefen Stöhnen, glauben noch fest daran.

Annah Pulane Shilaku
Annah Pulane Shilaku | Bild: Bild: BR

Annah Pulane Shilaku, Heilerin:

»Als wir aufwuchsen galten Albinos nicht als Menschen. Nicht Menschen so wie wir. Wir waren uns sicher, dass es keine Gräber von Albinos gibt. Wenn ihre Zeit kommt zu sterben, sagen die Ahnen, verschwinden sie einfach, sie lösen sich auf.«

Und dann gibt es die Gerüchte, dass das Fett der Farblosen eine starke Kraft hat, eine gute Medizin ist.

Im Township hält sich dieser Glaube hartnäckig. Andrew ist hier aufgewachsen. Mit 23 Jahren hat er zwangsläufig gelernt, damit umzugehen. Trotzdem ist es hart immer angestarrt und ausgegrenzt zu werden.

Andrew Manaswa
Andrew Manaswa | Bild: Bild: BR

Andrew Manaswa:

»Bei der Arbeit haben sie mich nicht akzeptiert. Wenn ich bei ihnen saß, haben sie sich weggesetzt. Keiner redete mit mir, und sogar die Chefs haben mich behandelt, als wäre ich ein Idiot. Aber ich habe meine Arbeit gemacht. Das konnten sie sehen. Ich habe immer gut gearbeitet.«

In seiner Nachbarschaft ist Andrew einigermaßen anerkannt. Mittlerweile wissen er selbst und die Menschen um ihn herum auch ein bisschen mehr über die angeborene Pigmentstörung.

Andrew Manaswa:

»Ich musste mich schon daran gewöhnen. Als ich jung war, wusste ich noch nicht, dass Sonne meiner Haut schadet. Mein Gesicht war immer rot, immer hat alles gebrannt.«

Andrew war der erste in der Familie mit dem Gendefekt, der rezessiv vererbt wird. Es ist also nicht ungewöhnlich, dass acht von Andrews zehn Geschwistern schwarze Haut haben. Die zwei jüngsten Geschwister haben auch die pigmentlose Haut, die weißen Haare und die angeborene Kurzsichtigkeit geerbt.

Beim ersten Kind musste die Mutter noch erklären, ob sie heimlich eine Affäre mit einem Weißen hatte. Noch so ein Vorurteil, mit dem sie umgehen müssen.

Violet Manaswa
Violet Manaswa | Bild: Bild: BR

Violet Manaswa, Mutter von drei Kindern mit Albinismus:

»Die Nachbarn fragten mich, warum ich ein solches Kind habe, wofür ich bestraft werde. Aber in der Familie meines Mannes gibt es auch Albinos.«

Einfach ist es für sie nicht, besser aber als in andren afrikanischen Staaten. Dort werden Körperteile von Albinos verkauft, weil ihnen heilende Kräfte zugeschrieben werden.

Andrew Manaswa:

»Früher hatte ich Angst. Aber ich habe es nie zugelassen, dass die Angst von mir Besitz ergreift und ich nicht mehr aus dem Haus ging. Nein, es ist okay.«

Den Job in einer Firma hat er trotzdem aufgegeben. Zu groß waren die Anfeindungen. Jetzt schlägt er sich mit Autowaschen durch. Da ist er sein eigener Herr, umgeben von Menschen, die ihn kennen und wohl deshalb bereit sind, die Vorurteile zu überdenken.

Ein Mann:

»Auch uns wurde erzählt, dass diese Leute sich einfach auflösen. Aber ich bin alt genug, dass ich mit eigenen Augen gesehen habe, dass Albinos beerdigt werden. Aber früher sagte man uns, dass sie verschwinden und nie einer beerdigt würde.«

Ein anderer Mann:

»Sie sagen auch, dass sie nachts glühen. Nachts, wenn man schläft, strahlen sie ein leichtes Licht aus. Ob das stimmt weiß ich aber nicht. Ich habe noch nie im gleichen Raum mit einem geschlafen. Aber das mit dem Verschwinden, das glaube ich nicht.«

Albinismus kommt in Afrika viermal häufiger vor als in Europa. Aber nur langsam weichen die Vorurteile einem Verständnis für die farblosen Schwarzen.

Sanele Xaba, Model:

»Das Problem ist doch, dass Menschen mit Albinismus immer in eine Schublande gesteckt werden. Hier die Albinos, klar dass dann alle sagen: "Wow, die sind so anders." Erst wenn wir das ändern wird auch die Gesellschaft Albinos als normale Menschen akzeptieren.«

Saneles Erfolg als Model trägt dazu vielleicht auch ein bisschen bei. Eines zumindest hat sich jetzt schon verändert: Kinder mit Albinismus werden nicht mehr versteckt wie früher einmal.

Autor: Ulli Neuhoff, ARD Johannesburg

Stand: 05.01.2015 09:14 Uhr

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