So., 30.03.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Südsudan: Der jüngste Staat der Welt vor der Zerreißprobe
Im Krankenhaus der "Ärzte ohne Grenzen“ sagt man uns: Gekämpft wird jetzt weiter im Norden, Schussverletzungen gibt es kaum noch, dafür Tuberkulose, Malaria und viele unterernährte Kinder.
Raina arbeitet als Krankenschwester in Hamburg, hilft jetzt drei Monate lang im Südsudan. Ein Kleinkind wurde mit heißem Kaffee verbrüht. Die Flüchtlinge seien unglaublich tapfer, meint Raina.
Raina Klüppelberg, "Ärzte ohne Grenzen“:
Fächerförmige Narben auf der Stirn? Frauen vom Stamme der Dinka, dem größten der südsudanesischen Stämme. In Bor, wo sie herkommen, lebten bis vor kurzem noch sechs Stämme friedlich zusammen. Aber das ist Geschichte.
Volker Schwenck:
Aus einem Machtkampf zwischen Präsident Kir, einem Dinka, und Rebellenführer Maschar vom Stamm der Nuer, ist ein Stammeskrieg geworden. Nuer tragen waagrechte Narben als Kennzeichen auf der Stirn. Wir treffen diesen Mann.
Rebellen von Stamme der Nuer haben ihre Mutter getötet und mehrere Männer aus ihrer Familie. Was an Hass und Gewalt gesät wurde, wird so schnell nicht vergehen:
Der Bürgermeister von Bor, der Mann im gestreiften Hemd, holt uns im Lager ab. Er will uns mitnehmen in die Stadt, aus der so viele hier her geflohen sind.
Unser Boot ist eingeklemmt. Im Hafen machen viele Boote fest. Jeden Tag fahren Flüchtlinge vom Camp in ihre zwei Stunden entfernte Heimatstadt.
Bor ist wieder in der Hand der Regierung, ist sicher, sagt der Bürgermeister. Trotzdem reist er nur in Begleitung schwer bewaffneter Bodyguards.
Dieses Boot kommt gerade aus Bor zurück. Die meisten wollen nicht in der Stadt bleiben. Sie trauen dem Frieden nicht, egal was der Bürgermeister sagt.
Noch immer werden in verlassenen Häusern in Bor oder im Busch Leichen gefunden. Darum ist das Massengrab noch offen.
Nhial Majak, Bürgermeister von Bor:
Der Markt von Bor – niedergebrannt. Drei Wochen hatten die Rebellen die Stadt besetzt, bevor Regierungstruppen sie wieder vertrieben. 2000 Menschen starben, 300 werden noch vermisst. Weite Teile der Stadt sind noch immer verlassen.
Die Opfer waren Dinka, wie der Bürgermeister, wie der Pfarrer.
Dekan Thomas Agou Kur , St. Andrew Kathedrale Bor:
In Bor ist es mittlerweile verboten, Kindern Stammeskennzeichen, Narben beizubringen. Eine der ersten Entscheidungen des Bürgermeisters. Die Südsudanesen müssten begreifen, dass sie vor allem Südsudanesen sind, sagt er.
Nhial Majak, Bürgermeister von Bor:
In Bor hatten viele ihre Träume. Mit der Unabhängigkeit werde es aufwärts gehen. Jetzt liegt der Traum unter Trümmern begraben.
Autor: Volker Schwenck / ARD Kairo
Stand: 15.04.2014 10:43 Uhr
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