So., 25.08.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Syrien: Eingekesselt von Assads Truppen
Alltag in einer belagerten Stadt
Bestandsaufnahme in einer sterbenden Stadt: Reporter der unabhängigen Zeitschrift Oxygen dokumentieren, was noch übrig ist vom belagerten Zabadani. Täglich schlagen hier Granaten ein. Die Chefredakteurin nennt sich Nermin, sie will nicht erkannt werden.
Der Name ihres Magazins "Oxygen" - Sauerstoff - erinnert an die Zeiten, in denen Zabadani als Luftkurort beliebt war bei den Bewohnern der nahegelegenen Hauptstadt Damaskus. Inzwischen ist der Ort hart umkämpft, die idyllische Höhenlage an der libanesischen Grenze hat nur noch militärstrategische Bedeutung.
Einer, der trotz Beschuss bleibt, ist der Graffiti-Künstler Khaled K. Er schickt eine Botschaft an den Westen: "Warum verschließt ihr die Augen vor den Diktaturen des Ostens?" fragt er. Der Oxygen-Reporter dokumentiert.
Schlussredaktion der Zeitung im Wohnzimmer. Die Redaktionsräume wurden von den Regierungstruppen zerstört. Gezielt - sagt die Chefredakteurin, die auch Karikaturen zeichnet.
Im Januar 2012 erschien die erste Ausgabe der Oxygen, damals noch gedruckt. Inzwischen fehlt Papier, die Druckmaschinen sind zerbombt, Oxygen erscheint aber weiter - im Internet und über Facebook. Nermin kritisiert die Brutalität der Regierung, aber auch die Opposition.
Ihre Kollegen mischen sich ein: Als erste habe doch die Armee auf friedliche Demonstranten geschossen.
Zabadani war die erste so genannte befreite Stadt der bewaffneten Opposition. Seit über einem Jahr wird sie von Assads Armee belagert. Von 40.000 Einwohnern sind nur wenige Tausend geblieben.
Dazu kommen einige Hundert Kämpfer, Einheiten der Freien Syrischen Armee und islamistische Milizen. Regierungssoldaten beschießen sie regelmäßig von den umliegenden Hügeln. Die Stadt ist eingekreist. Nermin schreibt trotzdem offen ihre Meinung über beide Seiten.
Nermin geht lieber nicht ins Detail, aber es wird deutlich, dass die islamistischen Milizen längst auch das zivile Leben in Zabadani dominieren. Den Bürgern bleibt keine andere Wahl als mitzumachen.
Späher beobachten ständig die Militärstützpunkte um die Stadt und warnen über Funk vor Granateinschlägen.
Wegen der Blockade kommen nur noch unregelmäßig Lebensmittel nach Zabadani, meist Schmuggelware aus dem Libanon. Die Kämpfer legen täglich Geld zusammen, damit es für ein Mittagessen reicht.
Auch einige Zivilisten holen sich hier Essen.
Das "befreite" Zabadani gleicht einem großen, verwüsteten Gefängnis. Und ausgerechnet hier schreibt eine Handvoll junger Leute unermüdlich gegen die Zerstörung und Spaltung ihres Landes an.
Für Nermin beginnt Demokratie mit der Freiheit des Wortes.
Autor: Carsten Stormer
Stand: 15.04.2014 11:05 Uhr
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