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Ukraine: Im Reich der Separatisten

Innenansichten aus der selbsternannten Volksrepublik Donezk

Ukraine: Im Reich der Separatisten | Bild: BR

Ein Kontrollposten pro-russischer Rebellen nahe der Front. Ihre Vogelscheuche und das erbeutete Barett mit ukrainischen Wappen – eine Warnung an das ukrainische Militär. Hier beginnt die sogenannte Volksrepublik Donezk.

Jeden Tag kommt es hier zu Schießereien. Gerade jetzt vor den Wahlen sind alle nervös. Die Wahlen sollen die Abspaltung von Kiew besiegeln.

Ein vermummter Kämpfer:

»Ich bin für einen Korridor nach Russland, weil sie uns helfen. Viele meiner Verwandten sind in Russland. Ich würde auch gerne zu Russland gehören. Die Volksrepublik Donezk könnte ohne die Hilfe von Russland nicht überleben.«

"Bach" an einem Maschinengewehr
"Bach" an einem Maschinengewehr | Bild: Bild: BR

Sein Kommandant heißt Bach. Sie nennen ihn so, weil er gerne klassische Musik hört. Der Krieg sei wie eine Symphonie, schwärmt er. Den Feind, das ukrainische Militär, keine 500 Meter entfernt, müsse man immer im Blick haben, erklärt er uns.

"Bach":

»Was meinen sie, wofür ich kämpfe. Ich kämpfe für meine Familie wie mein Großvater für uns gekämpft hat.«

Ein junger Kämpfer:

»Ich bin in aus Russland gekommen, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.«

"Bach":

»Ich habe in Russland gearbeitet, Schweineställe gebaut.«

Reporter:

»Und wo kommst du her?«

Ein Kämpfer:

»Ich komme aus Rostow am Don.«

Für Bach und seine Leute gehören tägliche Schießereien zum Alltag. Eine Woche lang begleiten wir sie. Ihr Lager haben sie in einer alten Chemiefabrik aufgeschlagen. Sie nennen sich das Bataillon "Wostok", das östliche Bataillon. Auch wenn der Winter vor der Tür steht, wollen sie durchhalten. Aufgeben kommt für Bach und seine Männer nicht in Frage. Wenn es sein muss, bauen sie sich aus alten Nägeln Sprengfallen, erklärt er uns.

"Bach":

»Schau, diese Nägel fliegen in alle Richtungen. Nimm einen mit als Erinnerung und steck ihn einem deiner ukrainischen Freunde ins Ohr.«

Die Scharfschützin
Die Scharfschützin | Bild: Bild: BR

Und auch Frauen haben sich den Kämpfern angeschlossen. Sie will nicht erkannt werden, deshalb zieht sich diese Ukrainerin ihren Camouflage-Anzug an. Eigentlich hat sie Literatur studiert. Doch dann zog es sie an die Front. Hier wollte sie lieber Schießen lernen, als für die Männer zu kochen.

Eine Frau:

»Es ist ein großer Erfolg, einen Scharfschützen umzubringen. Der Feind hat Angst vor uns Snipern. Es ist wie auf der Jagd.«

Ihr Gewehr nennt sie liebevoll "meine Fee". Es soll sie schützen, wie in einer Fantasiewelt.

Die Scharfschützin:

»Ich stelle mir meine Gegner nicht als lebendige Wesen vor. Sie sind einfach nur Feinde und die müssen weg.«

Für mich sind wir nicht mehr eine Nation. Wir kämpfen in einem Bürgerkrieg. Der Westen des Landes sieht uns als Terroristen.

Um zu zeigen, wer hier das sagen hat, fahren sie gerne und häufig Patrouillen. Stalin ist ihr der Held.

Präsenz zeigen, in einer Stadt, die sie vom Rest der Ukraine abgeschottet haben. Das Bataillon "Wostok" auf Patrouille im Nordosten der Stadt Donezk, in Perski.

Die Rebellen geben sich gern als volksnahe Bürgerwehr in den zerstörten Siedlungen. Die meisten Häuser wurden durch Granaten zerstört, auch das lokale Krankenhaus.

Ein Arzt operiert
Ein Arzt operiert | Bild: Bild: BR

Und trotzdem operieren die Ärzte und Schwestern drinnen – auch unter Beschuss. An die ständigen Detonationen haben sie sich längst gewöhnt. Auch jetzt, während des vermeintlichen Waffenstillstands werden hier täglich Menschen mit Schusswunden eingeliefert.

Olga Bilaja
Olga Bilaja | Bild: Bild: BR

Olga Bilaja wohnt seit drei Monaten mit ihren vier Kindern im Keller des Krankenhauses. Sie gehört zu denjenigen, die in der zerschossenen Siedlung noch nicht einmal das Geld hatten für eine Fahrkarte, um zu fliehen. Sie hat Angst nach oben zu gehen. Das Krankenhauspersonal versorgt sie mit Essen. Sie hat keine Familie, die sie auffangen könnte.

Olga Bilaja:

»Die Kinder haben sich dran gewöhnt. Nur mein Ältester geht manchmal raus, entweder zur einen Tür oder zur anderen - nur bis zum Krankenhaus. Das war‘s. Wir gehen nirgendwo hin, nicht auf die Straße, nicht auf den Markt. Ich habe Angst um die Kinder.«

Wählen wird sie am Sonntag nicht. Sie traut sich nicht. Lieber betet sie mit ihren Kindern:

»Was soll ich Ihnen über die Wahl sagen. Sie sehen doch, wie wir hausen. Wieso können die beiden Seiten nicht einfach aufeinander zugehen? Wir haben soviel gelitten und hoffen jetzt endlich zur Ruhe zu kommen.«

Nachts deckt sie ihren jüngsten Sohn mit mehreren Decken zu und legt ihm ein paar Plastikflaschen mit warmem Wasser ins Bett: "Der Winter steht vor der Tür. Ich weiß nicht, wie lange wir das noch aushalten."

Autorin: Birgit Virnich, ARD Moskau

Stand: 05.01.2015 09:23 Uhr

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