So., 02.11.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Ukraine: Im Reich der Separatisten
Innenansichten aus der selbsternannten Volksrepublik Donezk
Ein Kontrollposten pro-russischer Rebellen nahe der Front. Ihre Vogelscheuche und das erbeutete Barett mit ukrainischen Wappen – eine Warnung an das ukrainische Militär. Hier beginnt die sogenannte Volksrepublik Donezk.
Jeden Tag kommt es hier zu Schießereien. Gerade jetzt vor den Wahlen sind alle nervös. Die Wahlen sollen die Abspaltung von Kiew besiegeln.
Ein vermummter Kämpfer:
Sein Kommandant heißt Bach. Sie nennen ihn so, weil er gerne klassische Musik hört. Der Krieg sei wie eine Symphonie, schwärmt er. Den Feind, das ukrainische Militär, keine 500 Meter entfernt, müsse man immer im Blick haben, erklärt er uns.
"Bach":
Ein junger Kämpfer:
"Bach":
Reporter:
Ein Kämpfer:
Für Bach und seine Leute gehören tägliche Schießereien zum Alltag. Eine Woche lang begleiten wir sie. Ihr Lager haben sie in einer alten Chemiefabrik aufgeschlagen. Sie nennen sich das Bataillon "Wostok", das östliche Bataillon. Auch wenn der Winter vor der Tür steht, wollen sie durchhalten. Aufgeben kommt für Bach und seine Männer nicht in Frage. Wenn es sein muss, bauen sie sich aus alten Nägeln Sprengfallen, erklärt er uns.
"Bach":
Und auch Frauen haben sich den Kämpfern angeschlossen. Sie will nicht erkannt werden, deshalb zieht sich diese Ukrainerin ihren Camouflage-Anzug an. Eigentlich hat sie Literatur studiert. Doch dann zog es sie an die Front. Hier wollte sie lieber Schießen lernen, als für die Männer zu kochen.
Eine Frau:
Ihr Gewehr nennt sie liebevoll "meine Fee". Es soll sie schützen, wie in einer Fantasiewelt.
Die Scharfschützin:
Für mich sind wir nicht mehr eine Nation. Wir kämpfen in einem Bürgerkrieg. Der Westen des Landes sieht uns als Terroristen.
Um zu zeigen, wer hier das sagen hat, fahren sie gerne und häufig Patrouillen. Stalin ist ihr der Held.
Präsenz zeigen, in einer Stadt, die sie vom Rest der Ukraine abgeschottet haben. Das Bataillon "Wostok" auf Patrouille im Nordosten der Stadt Donezk, in Perski.
Die Rebellen geben sich gern als volksnahe Bürgerwehr in den zerstörten Siedlungen. Die meisten Häuser wurden durch Granaten zerstört, auch das lokale Krankenhaus.
Und trotzdem operieren die Ärzte und Schwestern drinnen – auch unter Beschuss. An die ständigen Detonationen haben sie sich längst gewöhnt. Auch jetzt, während des vermeintlichen Waffenstillstands werden hier täglich Menschen mit Schusswunden eingeliefert.
Olga Bilaja wohnt seit drei Monaten mit ihren vier Kindern im Keller des Krankenhauses. Sie gehört zu denjenigen, die in der zerschossenen Siedlung noch nicht einmal das Geld hatten für eine Fahrkarte, um zu fliehen. Sie hat Angst nach oben zu gehen. Das Krankenhauspersonal versorgt sie mit Essen. Sie hat keine Familie, die sie auffangen könnte.
Olga Bilaja:
Wählen wird sie am Sonntag nicht. Sie traut sich nicht. Lieber betet sie mit ihren Kindern:
Nachts deckt sie ihren jüngsten Sohn mit mehreren Decken zu und legt ihm ein paar Plastikflaschen mit warmem Wasser ins Bett: "Der Winter steht vor der Tür. Ich weiß nicht, wie lange wir das noch aushalten."
Autorin: Birgit Virnich, ARD Moskau
Stand: 05.01.2015 09:23 Uhr
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