So., 02.05.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
Brasilien: Bolsonaro bläst zum Angriff auf Indigene
Auch jetzt – trotz Pandemie und den Sturzbächen der Regenzeit – kontrolliert Häuptling Juarez Munduruku sein Territorium. Und entdeckt immer öfter Flöße illegaler Goldgräber. Sie sind vermutlich bewaffnet. Deshalb notiert Häuptling Juarez lediglich ihre Standorte: "Sie verschmutzen unser Wasser. Wir können es meist nicht mehr trinken. Oben schwimmt Öl und unten setzt sich Quecksilber ab, das sie benutzen. Über die Fische nehmen wir es auf und werden krank."
Kein Schutz für das Schutzgebiet
Sein Territorium ist dieser Staatswald, ein nationales Schutzgebiet. Dennoch dringen in diese Gegend des Stammes Munduruku immer mehr Holzfäller und Goldgräber ein, weil der Goldpreis in der Pandemie gestiegen ist, vermutet der Häuptling. Juarez ist besorgt: "In diesem Jahr haben wir unsere Kontrollen verstärkt, denn wir sehen, dass es mehr Invasoren gibt. Die bedrohen uns, weil in der Pandemie anstelle der staatlichen Umweltpolizei jetzt wir die Kontrollen übernehmen müssen, auch wenn das lebensgefährlich ist."
Goldgräber – sie sind ganz in der Nähe. Einige arbeiten legal – außerhalb der Schutzgebiete. Andere dringen auf indigenes Land vor, weil es derzeit kaum noch Umweltkontrollen gibt.
In der Aldeia – dem Dorf von Häuptling Juarez – versuchen die Munduruku ihre Traditionen zu bewahren. Der Fluss ist Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens. Der Stamm von Häuptling Juarez widersteht bislang dem Lockruf des Goldes, anders als die meisten Menschen dieser Region.
Goldboom in Itaituba
Nach drei Bootsstunden – eine andere Welt: Itaituba. Provinzhauptstadt und seit 50 Jahren ein boomendes Goldgräber-Nest. Trotz Pandemie brummt die Wirtschaft. Sie profitieren hier vom hohen Goldpreis. Deshalb gebe es kaum Arbeitslose während der Viruskrise, betont der Bürgermeister, der derzeit hier im Homeoffice seine Amtsgeschäfte führt. Privat leitet er ein Firmengeflecht – inklusive Goldminen: "Die Bolsonaro-Regierung muss unsere Goldminen regulieren, damit die Menschen nicht mehr illegal arbeiten müssen. Nur legale Minen können effektiv kontrolliert werden. Alles andere treibt die Goldgräber in die Illegalität – ohne Rechte. So geht das nicht weiter."
In Brasiliens Hauptstadt ist Präsident Bolsonaro der größte Unterstützer der Goldgräber aus Itaituba. Einer Abordnung versicherte er: Er setze sich für Schürfrechte auch in indigenen Schutzgebieten ein. Umweltkontrollen- und strafen hat der Präsident bereits drastisch reduziert.
Häuptling Juarez folgt einer Spur illegaler Invasoren. Anhand abgesägter Äste erkennen sie den Weg der Eindringlinge. Plötzlich liegt ein Baumstamm quer. Mit diesem großen Boot kommt Häuptling Juarez nicht weiter. Es ist wie so oft: Die Wächter des Waldes sind den Invasoren unterlegen. Die sind längst auf dem Vormarsch – gerade jetzt während der Pandemie.
Autor: Matthias Ebert, ARD Rio de Janeiro
Stand: 15.05.2021 11:20 Uhr
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