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Europa: Sind junge Menschen die Zukunft der EU?

Europa: Sind junge Menschen die Zukunft der EU?  | Bild: SR/Julia Lehmann und Tobias Seeger

Die Zustimmung zur Europäischen Union schwindet. Und es scheint, dass dieser Prozess immer schneller wird. Hat die EU noch eine Chance, vor allem bei den jungen Menschen? Dieser Frage geht die Reportage von Julia Lehmann und Tobias Steeger nach. In Griechenland finden sie europakritische Menschen, die sich nicht bevormunden lassen wollen.

In Ungarn verfängt die Anti-EU-Propaganda der Regierung, auch die jungen Menschen lehnen die EU mehrheitlich ab. Aber es gibt auch Kämpferinnen für die Europäische Union: Diana zur Löwen, eine Deutsche, wirbt mit ihren Instagram-Stories für die Union aus Brüssel.

Mit diesem Thema beschäftigt sich auch der Audio-Podcast. Weltspiegel Thema: Jugend in Europa

Wir beginnen unsere Suche im Zentrum der europäischen Politik und machen uns auf den Weg nach Brüssel. Im Europaparlament treffen wir die Influencerin Diana zur Löwen. Sie ist so etwas wie ein Internet-Star. Allein auf Instagram folgen ihr fast 750.000 Fans. Jetzt macht sie ehrenamtlich Werbung für die Europawahl. "Ich glaube halt einfach so ein bisschen – vielleicht klingt das auch ein bisschen naiv – aber, dass wenn man so zusammenarbeitet und zusammenhält als Europa, dass wir da viel mehr Innovationen haben können und dass es dann am Ende auch allen besser geht als wenn jedes Land für sich denkt und für sich kämpft und eher die anderen dann bekämpft."

Diana zur Löwen hält sich Europa-Fahne vor das Gesicht
Diana zur Löwen engagiert sich für die EU | Bild: SWR

Mit ihrem Engagement ist Diana in ihrer Generation eine Ausnahme. Dabei sind die Jungen eigentlich sogar europafreundlicher als die Älteren, erklärt uns Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Nur aktiv einsetzen würden sie sich für Europa kaum. "Das hängt natürlich damit zusammen, dass irgendwie Europa als selbstverständlich gilt. Dass alles das, was mit Reisen in Europa zusammenhängt, verhältnismäßig unkompliziert läuft. Europa ist nicht in irgendeiner Weise in Gefahr im Bewusstsein der jungen Leute."

Junge Griechen wollen weg aus ihrer Heimat

Wir fliegen dahin, wo viele junge Menschen von Europa enttäuscht sind – nach Griechenland. Dort drohte in den letzten Jahren gleich mehrfach der Staatsbankrott. Die EU schnürte Rettungspakete, forderte im Gegenzug aber einen strengen Sparkurs. Der traf viele Menschen hart. Den höchsten Preis zahlen die jungen Griechen. Noch immer liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei fast 40 Prozent.

 "Wie immer wird die junge Generation ganz besonders stark von solch einer Krise betroffen, die hat es meist zu erleiden", sagt der Jugendforscher Klaus Hurrelmann. "Menschen, die schon am Arbeitsmarkt sind, können irgendwie mit Ach und Krach noch bleiben, aber es können keine jungen Nachwuchskräfte einrücken."

Mehr als eine halbe Million Griechen haben das Land schon verlassen. Vor allem junge, gut ausgebildete. Auch die meisten Absolventen der Deutschen Schule Athen werden nach dem Abi gehen – so wie die 16-jährige Eleni. "Wenn ich könnte, dann würde ich hierbleiben, ich mag Athen, mir gefällt es hier, das Leben und so, aber ich weiß, danach werde ich keine Arbeit finden und deswegen, weiß ich, dass es das Beste für mich wäre, nach Europa zu fahren."

Europa als Enttäuschung und Chance zugleich

Zum Studieren wäre Eleni wohl in jedem Fall ins Ausland gegangen. Aber danach wollte sie eigentlich gerne in ihre Heimat zurückkehren. "Aber wenn die Arbeitslosigkeit so ist, wie es jetzt ist, also in fünf Jahren oder so, dann leider kann ich nicht zurückkommen, also die Wirtschaft entscheidet für mich, was ich mache und nicht ich."

Eleni Karamali
Eleni Karamali sieht kaum Perspektiven für sich in Griechenland | Bild: SWR

Am Abend treffen wir Eleni und ihre Freunde in einer Taverne. In einigen Jahren werden sie fast alle im Ausland sein. Am meisten wird Eleni die griechische Lebensfreude fehlen. "Ja, das ist eins von den Dingen, das ich vermissen werde, weil sowas findet man nicht so oft in anderen europäischen Ländern." Es werden noch viele junge Griechen ins europäische Ausland gehen. Europa ist für sie Enttäuschung und Chance zugleich, EU-Fans sind sie deshalb nicht unbedingt.

Für Influencerin Diana zur Löwen war die EU lange kein Thema. Bekannt wurde sie auf YouTube und Instagram vor allem mit Beauty und Mode.  "Wie kam es denn, dass sie gesagt haben: Ich bringe da auch mal ein bisschen Politik?" – "Ich habe ja auch eine Vorbildfunktion irgendwie und eine Community mit der ich mich austauschen kann und je mehr ich dann auch gemerkt habe, dass Politik in meinem Leben eine Rolle spielt, desto mehr wollte ich das dann auch teilen."

Ungarn macht Stimmung gegen die EU

In Ungarn macht die Regierung von Viktor Orban schon lange Stimmung gegen die EU. Der immer gleiche Vorwurf: Brüssel würde gezielt Einwanderer nach Europa holen. Was denken die jungen Ungarn? Auf dem "Heldenplatz" treffen wir Viktor Neugebauer. Sein Vater ist Deutscher, seine Mutter aus Ungarn. Als Europäer fühlt er sich trotzdem nicht. "Ich stehe für einen konservativen Staat, für einen Nationenstaat, und ich bin gegen die Vereinigte Europäische Union." Der 23-jährige ist ein Aktivist von Orbans Fidesz-Partei. Vor dem Parlament zeigt er uns Bilder einer Kundgebung.

Viktor Neugebauer
Viktor Neugebauer sieht durch die EU die ungarische Identität in Gefahr | Bild: SWR

Für Viktor ist die EU ein Gegner. Denn Brüssel bedrohe, was ihm am wichtigsten ist: Die ungarische Identität. "Die Aristokraten in Brüssel haben den Kampf angefangen, dass sie die komplette Kontrolle über alle Länder übernehmen können. Ungarn möchte souverän bleiben, Ungarn möchte über seine eigene Innenpolitik entscheiden und das kann Brüssel nicht akzeptieren und möchte es auch nicht akzeptieren."

Aber noch immer gibt es in Ungarn auch überzeugte Pro-Europäer. Wir gehen zu Momentum. Junge Akademiker haben die Partei erst vor zwei Jahren gegründet. Jetzt will die junge Partei ins Europaparlament. Auch um dort den Ruf Ungarns zu retten.

Kaum Politik bei Social Media

Für viele von Dianas Fans der erste Kontakt mit Politik überhaupt. Denn viele informieren sich nur über Social Media und bekommen dort von Politik oft gar nichts mehr mit. "Es gibt ja viele Algorithmen, das heißt, die schlagen einem Inhalte vor, die zu einem passen oder zu anderen ähnlichen Sachen, die man auch schon konsumiert. Und zum Beispiel ich konsumiere schon noch auf Instagram beispielsweise sehr viel Mode und Beautyinhalte, das heißt, Instagram schlägt mir auch immer weiter Mode und Beauty vor. Und dann könnte ich quasi mein Leben lang nur auf Instagram sein und wüsste gar nicht, was politisch passiert, weil ich vielleicht keinem Magazin folge oder keiner Tagesschau. Und so kann man auch, sagen wir jetzt mal, aus seiner Blase so ein bisschen ausbrechen."

Einfach ist sie nicht, die Beziehung zwischen Jugend und EU. Das haben wir auf unserer Reise gemerkt. Influencerin Diana gibt noch mal alles, damit zumindest ihre Fans zur Europawahl gehen.

Stand: 18.05.2019 22:02 Uhr

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