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Iran: Wer protestiert und warum?

Junge Menschen treffen sich, Mädchen und Jungs rauchen, trinken was und unterhalten sich. Wie in jedem anderen Land. Ein normaler Abend in Teheran. Nur hier trifft man sich nicht in der Bar, im Club oder im Fitnesscenter, sondern an einem Ort abseits der Sittenwächter.

Iran: Die wirtschaftliche Not vieler Iraner wächst
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Proteste gegen miserable Zustände

Ihr Leben geht weiter, doch die Proteste, die sich landesweit wie aus dem Nichts erhoben, sind Thema. Zunächst wirtschaftlich motiviert, richteten sie sich schnell gegen das ganze Regime. Überwiegend junge Männer aus ärmeren Schichten protestierten und legten sich mit den Sicherheitskräften an. Und wurden niedergeschlagen. 21 Tote und hunderte Verhaftungen, so die offizielle Zahl, soll es gegeben haben.

Und es geht weiter. Eine Revolutionsgardenahe Webseite ruft die Bevölkerung dazu auf, die Randalierer, wie man sie auf Staatsseite nennt, der Polizei, Revolutionsgarde oder dem Geheimdienst zu melden – die Nummern sind eingeblendet.

Wir sprechen mit einen der dabei war. Er erklärt uns, warum er auf die Straße ging.

"Wegen der hohen Kosten, es gibt keine Arbeit für uns, alle sind arbeitslos. Ich bin jung, habe keinen Job. Die Universitätsgebühren bekomme ich nur schwer zusammen. Wegen all dieser Dinge gehen wir auf die Straße", erzählt Hamed.

40 Prozent der Iraner leben unter der Armutsgrenze

Die Regierung hat den Bürgern im Iran versprochen, es werde nach dem Atomabkommen von 2015 besser. Arbeitsplätze, Wirtschaftsaufschwung. Nichts ist geschehen. 40 Prozent der Iraner leben unter der Armutsgrenze. Die Preise steigen, genauso wie die Wut auf die Nutznießer.

"Ich bin ein bekannter Besitzer einer Schuhwerkstatt. Einen einzigen Liter Kleber konnte ich nur kaufen, mehr Bargeld habe ich nicht. Früher ließ ich mir 10 Liter Paletten liefern. Strahlt das ruhig im Fernsehen aus, dass die Verantwortlichen unserer wirtschaftlichen Misere sich schämen", fordert Shapur Hafezi auf.

Leerstehende Geschäfte überall. Die Wirtschaft stagniert seit Jahren. Shapur Hafezi ist verzweifelt. Jeden Tag schließen weitere Kollegen.

"Hier arbeiteten vier Leute, fünf. Wie viele leere Läden sind da vorne. Seht her. Ein Laden, wieder geschlossen. Schaut hier, leerer Tisch, und sie sitzen ohne Aufgabe auf der Bank", so Shapur Hafezi.

Iran: Immer mehr Iraner müssen ihre Geschäfte schließen
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Information ist der Feind des Reginmes

In den Provinzen, dort wo die Proteste am heftigsten waren, ist die Arbeitslosigkeit die Perspektivlosigkeit noch größer.

"Unser Kummer ist, dass es keine Arbeit gibt. Unsere Hände sind leer. Arbeitslosigkeit so hoch, dass es einen verrückt macht. Wenn ich abends nachhause gehen will, fehlen mir die 50 Cent für den Bus. Die Verantwortlichen sollen sich schämen. Und dann hören wir davon, dass 10 Milliarden der eine in die Tasche gesteckt hat und der Andere 5 Milliarden. Wie lange sollen wir dieser Korruption, dieser Ungerechtigkeit noch zuschauen, bis unser Kopf platzt", fragt Shapur Hafezi.

Er spricht unter anderem die Milliarden Staatsgelder an, die in religiöse Stiftungen, ins Militär und in die Revolutionsgarde fließen. Bei gleichzeitiger Kürzung der Subventionen an die Bevölkerung.

Während früher das Staatsfernsehen diese Nachricht schön verpackt verkaufte, holen sich die Menschen inzwischen ihre nicht zensierten Informationen aus den sozialen Medien. Über Korruption, Verschleierung und Vetternwirtschaft der Elite des Systems. Über 40 Millionen Iraner benutzen die Kommunikationsplattform Telegramm. Seit Tagen von den Behörden gesperrt. Denn Information ist der Feind des Regimes.

Risiko der Proteste gehen nur wenige ein

"Wir bekommen darüber wichtige Nachrichten. Zum Beispiel wurde auf Telegramm ein Kanal aufgemacht, der innerhalb von 3 Stunden 2 Millionen Follower hatte. Wir wollen Informationen haben, deshalb sind die Netzwerke für uns so wichtig", sagt Hamed.

Die Mehrheit der Iraner hat sich den Protesten nicht angeschlossen, ohne Ziel, ohne Wortführer, ohne richtigen Plan. Bei diesem mächtigen Sicherheitsapparat und Geheimdienst kann das nicht gut gehen sagen sie uns. Dieses Risiko gehen im Moment nur noch Wenige ein, obwohl die Wut auf das System immer größer wird. Aber.

"So kommen wir nicht ans Ziel. Es gibt keinen Anführer, an dem wir uns orientieren können und dem wir folgen. Wir sind einfach so auf die Straße gegangen, um etwas zu ändern, aber nichts hat sich geändert", so Hamed.

Doch wegen der Islamischen Republik sollten wir eines Tages Anführer haben, sagt er uns noch.

Autorin: Natalie Amiri

Stand: 31.07.2019 21:16 Uhr

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