So., 17.03.19 | 19:20 Uhr
Das Erste
Kambodscha: Ratten als Minensucher
Ein flauschiges Fell, eine lange Schnauze und ein perfekter Geruchssinn. Das sind nicht irgendwelche Nagetiere. Nein, diese Riesen-Hamsterratten suchen hier in Kambodscha nach Explosivem.
Explosiver Nachlass aus der Zeit des Bürgerkriegs
Das ist Adrian, staatlich geprüfter Minensucher. Aber warum arbeiten in Kambodscha überhaupt Ratten als Minensucher? Sie haben sich als extrem lernfähig erwiesen – die Riesenhamster-Ratten. Der perfekte Geruchssinn ist angeboren. Aber erst hier im Bootcamp werden sie zu echten Spürnasen fürs Minenfeld. Immer, wenn Adrian den Sprengstoff erschnüffelt hat – und dafür reichen ihm schon kleinste Partikel – gibt es eine Belohnung. Etwa ein Jahr lang dauert das Training. Ganz schön aufwendiges Verfahren, könnte man meinen, aber nein.
"Die Ratten sind so abgerichtet, dass sie auf den Sprengstoff TNT reagieren. Sie riechen ihn und sind damit viel genauer als Metalldetektoren, die auf alles Metallische reagieren. Das mit den Ratten ist viel billiger und schneller als andere Methoden. Die Tiere kosten nicht viel. Ihre Nahrung ist günstig. Das Ganze ist hoch effizient", so Benjamin Carrichon, NGO Apopo Cambodia.
Zwei bis Drei Millionen Sprengkörper soll es allein noch hier im Grenzgebiet zu Thailand geben. Explosiver Nachlass aus der Zeit des Bürgerkriegs. Dieses Areal soll heute von den Ratten abgeschnüffelt werden. Zehn sind im Wechsel auf Schnüffeltour. Nach einer halben Stunde wird gewechselt, damit die Konzentration nicht nachlässt. Für die Helfer ist es lebensgefährlich, einen falschen Schritt zu machen, erklärt mir Benjamin Carrichon, die Ratten aber sind sicher.
Bis 2025 soll die Welt Landminen frei sein
"Für die Ratten ist es nicht gefährlich. Man muss mehr als fünf Kilo schwer sein, um eine Landmine zu aktivieren. Die Ratten wiegen ja viel weniger", erklärt Benjamin Carrichon. Ein Stück weiter wird ein Dorf an die Bewohner übergeben: Nun landminenfrei. Mehr als 64.000 Todesopfer gab es in den letzten 40 Jahren. Dazu Zehntausende mit Verstümmelungen. Auch Reis-Bauer Khon Kuhn ist auf einen Sprengsatz getreten, bei der Feldarbeit.
"Viele Jahre lang hat unser Dorf in Angst gelebt, wen es noch alles treffen könnte. Ich habe fünf Söhne und mir immer Sorgen um sie gemacht. Die Minenräumung mit den Ratten ist eine große Erleichterung für uns", erzählt Khon Kuhn, Landminenopfer.
Zurück auf dem Minen-Feld. Die Fläche, für die Menschen mit Metalldetektoren drei bis vier Tage brauchen, schaffen die Ratten in einer halben Stunde. Bis 2025 soll die Welt Landminen frei sein, sagen die Vereinten Nationen. Diese Ratten hier in Kambodscha arbeiten daran, diesem Ziel ein Stückchen näher zu kommen. Aber selbst für die rattenscharfen Retter noch ganz schön viel Arbeit.
Bericht: Sandra Ratzow
Stand: 18.03.2019 13:34 Uhr
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