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Kambodscha: Tempel ohne Touristen

Kambodscha: Tempel ohne Touristen | Bild: SWR

Son Sorm hat von seinem Job immer gut gelebt. Als Touristenführer führt er Gäste aus der ganzen Welt durch die spektakuläre Klosteranlage Angkor Wat. Er hatte es sogar zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Nach zwei Jahren Pandemie sind seine Ersparnisse jetzt aufgebracht. Er muss fischen gehen, um überhaupt genug zu essen zu haben. Das ARD-Kamerateam führt er durch die einst lebhafte Stadt. Zeigt immer wieder auf die Hotels. Mit dem immergleichen Kommentar: "Geschlossen!" In Kambodscha warten sie darauf, dass der Tourismus endlich wieder anläuft.

Ein einsamer Touristenführer

Geheimnisvoll und atemberaubend. Die Tempeltürme von Angkor Wat: Aber gerade auch sehr einsam Zu einsam findet Touristenführer Son Sorm. Vor der Pandemie hat er hier ständig Besuchergruppen durchgeführt. Jetzt dürfen Touristen zwar wieder nach Kambodscha kommen. Doch Son Sorm wirkt noch immer sehr verloren zwischen den vielen Jahrhunderte alten Säulen aus Sandstein. "Wir Einheimischen sind hier so sehr vom Tourismus abhängig. Wir brauchen sie hier jeden Tag. Als niemand mehr kam, haben hier viele ihre Jobs verloren. Das sind die negativen Folgen."

Tempelanlage Angkor Wat
Touristenführer Son Sorm wünscht sich die Touristen zurück | Bild: SWR

Zwischen steinernen Halbgöttinnen haben Touristen gerade viel Platz. Einmal bezahlen, an mehreren Tagen staunen, sagt Son Sorm. So sollen jetzt Besucher wieder hergelockt werden. Still ist es trotzdem nicht. Denn mittendrin wird am Nationalheiligtum Kambodschas geklopft und gehämmert. Luis Sofor und sein Team von Restauratoren arbeiten gegen den Zerfall. Seit 25Jahren auch mit Geldern aus Deutschland. Die Tempel-Doktoren haben auch während der Pandemie weiter gepinselt und versiegelt. "Am Anfang haben wir befürchtet, dass wir unsere Jobs verlieren", sagt ein Restaurator. "Aber das wäre zum Glück nicht so. Wir konnten mit der Restaurierung weitermachen. Und wir sind darüber sehr froh."

Jeder hier lebte irgendwie von Touristen, erzählt Sorn Sorm. Um die drei Millionen Besucher kamen vor der Pandemie pro Jahr. Die Pub Street vor Covid eine Ausgeh- und Partymeile – nur noch ein Schatten ihrer selbst. Viele Läden mussten schließen. Genauso Kneipen und Hotels. "Dieses Hotel ist auch so schön. Da waren immer viele Reiche Leute" Aber jetzt ist dort niemand? "Niemand". Und das hier auch geschlossen? "Geschlossen ja, an die 300 Hotels sind wohl noch geschlossen." Es lohnt sich einfach noch nicht. Dafür hat die Regierung Millionen in den Ausbau von dutzenden neuen Straßen investiert. Asphalt statt staubiger Wege. Ganz klar. Kambodscha setzt auch weiter auf Massentourismus. Auch Son Sorm hofft, dass es bald wieder aufwärts geht.

Steigende Preise – die Menschen müssen sich einschränken

Hier in einem Restaurant treffen wir David Piot vom Tourismusverband. Er hat selbst ein Hotel in der Stadt, aber das will er in dem derzeitigen tristen Zustand lieber nicht zeigen. Aber sehnt sich die Stadt wirklich wieder zurück nach den Zeiten mit Massen über Massen an Touristen, wollen wir ihm wissen. "Du kannst nicht wirklich beeinflussen, wer als Tourist kommt. Du kannst aber sehr wohl beeinflussen, wie das alles gemanagt wird. Massentourismus existiert doch überall Es gibt ihn in Europa, in Venedig, Paris und Berlin. Warum sollten wir ihn nicht auch hier haben? Es wird ihn weiter geben, egal was passiert. Aber wenn man das richtig managt, dann stört er auch nicht so sehr."

Touristenführer Son Sorm beim Kochen
Son Sorm muss beim Essen sparen  | Bild: SWR

Zurück bei Son Sorm. Er wirft mal wieder das Fischernetz aus. Was hier so idyllisch aussieht, hat absolut nichts mit einem Hobby zu tun. Ihr im Westen genießt ja seit der Pandemie dieses "Zurück zur Natur", sagt der 43jährige. In Kambodscha hat das mit Romantik nichts zu tun. Wenn Son Sorm nicht hungern will, muss er fischen gehen "Manchmal ist das schwer. Wenn ich von der Straße nicht mehr mit dem Mofa weiterkomme und dann fünf Kilometer laufen muss, um zum Teich zu gelangen. Das ist anstrengend. Aber ich habe keine Wahl. Wir müssen das machen, um zu überleben."

Dieses Haus hatte er vor der Pandemie gekauft. Mit seiner Arbeit als Touristenführer und dem Hoteljob seiner Frau war es kein Problem, den Kredit abzubezahlen. Doch jetzt muss er sich von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob hangeln. Dazu sind die Preise für Benzin und Lebensmittel extrem gestiegen. Das Abendessen fällt daher wie so oft dürftig aus. Son Sorm kämpft mit den Tränen. "Als Covid kam hatten wir plötzlich kein Einkommen mehr, um den Kredit regelmäßig abzubezahlen. Deshalb müssen wir jetzt sparen, wo wir können und sowas hier essen." Es geht um alles oder nichts für Son Sorm, seine Frau und viele andere Kambodschaner. Und deshalb hoffen sie Abend für Abend, dass die Touristen wiederkommen. Nicht irgendwann, sondern sehr, sehr schnell.

Autorin: Sandra Ratzow, ARD-Studio Singapur

Stand: 10.04.2022 21:50 Uhr

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