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Katar: Kamelrennen contra Fußball-WM

Katar: Der beliebteste Sport im Land: Kamlerennen
Katar: Der beliebteste Sport im Land: Kamlerennen | Bild: WDR

Es ist seine große Leidenschaft. Hammad Ali Jarhab feuert sein Kamel an. Es geht um mehr als nur Ehre, beim großen Wettrennen in der Wüste. Am Tag zuvor letzte Streicheleinheiten auf seiner Farm. 50 Kamele besitzt Hammad, dieses soll das große Rennen bestreiten. Früher dienten die Tiere seinen Vorfahren für den Transport, heute sind sie Renntiere. "Früher sind die Menschen mit den Kamelen gereist, um Handel zu treiben und Nahrung und Trinken zu beschaffen. Sie sind unser Kulturerbe, aber auch unser Nationalsport", erzählt er.

Tradition Kamelrennen

Diese Beine können viel Geld einbringen. Einige Kamele sind hunderttausende Dollar wert. Auch deshalb bereitet Hammad das Tier professionell vor. Beim abendlichen Zusammentreffen mit den Verwandten analysiert er ärztliche Befunde. Das Tier hat den Medizincheck bestanden, das Rennen kann kommen. Frühmorgens, um kurz nach fünf Uhr treiben Hammads Angestellte die Renntiere dann in Richtung Rennstrecke. In Asch-Shahaniyya steigen die wichtigsten Rennen des Landes. Besitzer und Tier scheinen angespannt. "Ich schwöre bei Gott, meine Gefühle sind unbeschreiblich. Ich hoffe, die Ergebnisse werden gut sein", sagt Hammad.

Katar: Per Fernbedienung steuern Katarer Roboter-Jockeys auf den Höckern der Kamele.
Katar: Per Fernbedienung steuern Katarer Roboter-Jockeys auf den Höckern der Kamele. | Bild: WDR

Es ist ein Spektakel mitten in der Wüste. 20 Rennen auf unterschiedliche Distanzen innerhalb einer Stunde. Die Schaulustigen sind alle männlich, eine Frau nicht zu sehen. Die Kamelbesitzer heizen nebenher. Aus den SUVs heraus steuern sie per Fernbedienung Roboter-Jockeys auf den Höckern der Kamele. Früher saßen kleine Jungs auf den Kamelen, heute ist das verboten. Am Start sind die Jungen aber dennoch. "Wir nehmen unsere Kinder schon in ganz frühen Jahren mit, damit sie alles aufsaugen, alles lernen", sagt Mohammed Albarak. Das Spektakel wird im Fernsehen und im Radio live übertragen.

Nun beginnt das Rennen mit Hammads Kamel. Er und sein Tier spielen Doppelpass per Funk. Der Anreiz ist groß, als Hauptpreis winkt ein nagelneuer SUV. Volle Konzentration auf das Rennen. Von der Fußball-WM wollen sie hier nichts hören. "Nein, Kamele, kein Fußball! Diese Rennen, das macht uns glücklich", sagt Mohsen Al-Awaisi.

Fußball hat Katar verändert

Eine Stunde entfernt Doha. In der Glitzer-Welt Katars sind die Kamele weit weg. Hier regiert schon eher König Fußball. Alle Originaltrikots der besten Fußballer der Welt hängen im Majles von Abdallah Al Darwish. Im Majles empfängt der Katarer traditionell seine männlichen Freunde. Es gleicht einem Fußballmuseum. Soll noch einer sagen, die Katarer seien nicht fußballbegeistert. Abdallah ist mit seinen Freunden um die ganze Welt dem Fußball hinterhergereist. Ein Land blieb ganz besonders in Erinnerung. "Als ich aufgewachsen bin, war Brasilien die Wiege des Fußballs. Als ich dort war, es gesehen habe, die Fußballkultur dort, das war unbeschreiblich schön." "Wenn Brasilien das Zuhause des Fußballs ist, was ist dann Katar?" "Das neue Zuhause."

Katar: Die Wüstentiere kosten zum Teil Hunderttausende Dollar.
Katar: Die Wüstentiere kosten zum Teil Hunderttausende Dollar. | Bild: WDR

Die Vergabe der Fußball-WM habe Katar verändert. "Du merkst, wie sich die Kultur verändert hat, die Begeisterung, die Aufgeschlossenheit. Auch der Bewegungsdrang der Menschen. Früher war es nicht üblich, trainieren zu gehen, da sind die wenigsten Mal kicken gegangen. Jetzt spielen alle Fußball", erzählt Jassim Abel. Die jungen Männer wissen, dass die WM in Katar vor allem in Westeuropa stark kritisiert wird. Und deuten an, selbst in ihrem Heimatland seien nicht alle begeistert. "Es gibt unterschiedliche Perspektiven, auch innerhalb der Gemeinschaft. Es werden so viele Menschen ins Land kommen, unterschiedliche Kulturen, es wird ein Kulturshock", sagt Abdelrahman Al-Hashemi.

Ein Kulturschock für ein Land mit rasanter Entwicklung. Nur wenige Jahrzehnte ist es her, da sicherten noch sie das Überleben der Katarer. Das Rennen ist zu Ende, Hammad erleichtert. Sein Kamel hat ihn nicht im Stich gelassen: "Die Wettbewerbe waren sehr stark. Aus der ganzen Golfregion waren Leute am Start. Gott sei dank haben wir gut abgeschnitten, den fünften Platz erreicht."

Seine Kamele erlebt Hammad nicht als Konkurrent zum Fußball. Tradition und Moderne, beides sei möglich. Das Eröfffnungsspiel der Fußball-WM schaut er sich zwar an, aber vermutlich wird er dabei schon ans nächste Kamelrennen denken.

Autor: Ramin Sina / ARD Studio Kairo

Stand: 20.11.2022 19:39 Uhr

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