So., 03.11.24 | 18:30 Uhr
Das Erste
Michigan: Roadmovie im Swing State
Die Motor-City Detroit. Hier gründete Henry Ford seine berühmte Auto-Firma. Das brachte Wohlstand. Diese Zeiten sind längst vorbei. Das ist nicht zu übersehen. Und: Michigan ist ein besonders umkämpfter Swing State. Wissen die Menschen schon, wen sie wählen wollen? Oder entscheiden sie das im letzten Moment?
Im Swing State zählt jeder Wähler
Tagsüber arbeitet Miranda Rumfelt in Detroit bei einem der großen US-Fahrzeughersteller und designed Autos. Nach der Arbeit restauriert sie so genannte Classic Cars. "Es ist sehr mühsam und zeitaufwendig. Man muss ein bisschen schleifen und dann die Oberfläche checken. Um sicherzugehen, dass man kein Loch oder eine Delle hineinschleift", erzählt sie. Mit Anfang 20 hat sie sich schon ein Haus gekauft. Wir staunen: Schließlich arbeitet sie als Designerin in der Autoindustrie, die hier so zusammengebrochen ist. "Ist doch egal, ob es sich um ein selbstfahrendes Auto handelt oder es gar kein Auto mehr ist, sondern nur noch irgendein Transportmittel. Die Leute wollen trotzdem, dass etwas gut aussieht. Ich mache mir keine Sorgen, dass Jobs als Designer jemals verschwinden."
Herumfahren, cruisen mit den alten Autos hat hier Tradition. "Wenn man unterwegs ist, sieht man viele Wahlplakate. Wie fühlst du dich, wenn du an die Wahlen denkst, die bald anstehen?" "Ehrlich gesagt, interessiere ich mich nicht allzu sehr für Politik. Klar, für das Land ist es eine große Sache. Aber manchmal ist es fast erdrückend mit all der Wahlwerbung. Ich will da nicht zu viel Zeit reininvestieren. Das Leben ist kurz. Ich informiere mich, um dann meine politischen Entscheidungen zu treffen. Die Welt wird sich weiter drehen, egal was passiert", sagt Miranda Rumfelt. Wählen will sie auf jeden Fall. "Es ist aufregend, in einem Swing State zu leben. Da fühlt man sich als Wähler wichtig." In Michigan könnte es sehr eng werden.
Der Wahlkampf ist in Michigan allgegenwärtig
Lake County, der ärmste Landkreis in ganz Michigan. Wenn er auf dem Wasser ist, ist Steve Fraley glücklich. Politik ist hier weit weg: Und das ist auch gut so, findet er und genießt die Ruhe. Keine Wahlplakate, wenig Handyempfang. Und deshalb auch keine Werbe-SMS, die zu Spenden aufrufen. Keine Eilmeldungen der Nachrichtensender oder Ankündigungen der Wahlkampagnen. Und auch privat hält Steve gerne Abstand. "Reden Sie oft mit Freunden oder Kunden über Politik?" "Nein, nicht sehr oft." "Warum nicht?" "Wir sind zu beschäftigt, Spaß zu haben." "Und Politik würde das ruinieren?" "Vermutlich."
Das hier ist sein ganz persönlicher American Dream, sagt Steve. Er kam vor mehr als 30 Jahren hier her. Mit nicht mehr als einem alten Truck. Jetzt ist er Mitinhaber eines Angler-Ladens, betreibt ein Motel und nimmt Touristen mit auf den Fluss – zum Beispiel zum Fliegenfischen. Steve ist einer der typischen Wähler auf dem Land. "Ich bin sehr konservativ. Ich werde Trump wählen. Aber ich habe viele Kunden, die anders wählen. Das ist ok. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung", findet er. "Was mögen Sie an Trump?" "Die Wirtschaft lief besser, meinem Konto ging es besser. Dem Land insgesamt. Es war sicherer."
Zu viel über Politik sprechen möchte er nicht. Er will mit allen klarkommen – egal ob Republikanern oder Demokraten. "Was halten Sie von den beiden Präsidentschaftskandidaten?" "Ich denke, sie wollen beide das Beste für Amerika. Alle tun so als würde die Welt untergehen, nur weil einer gewinnt und der andere nicht. Das wird sie nicht. Wir schaffen es bis zur nächsten Wahl. Wir werden sehen." "Wie sehr betrifft die Wahl die Menschen im Moment?" "Manche Menschen viel zu sehr. Mich nicht so." "Warum nicht?" "Ich lebe einfach mein Leben, weißt du?"
Autorin: Sarah Schmidt / ARD Washington
Stand: 03.11.2024 20:12 Uhr
Kommentare