So., 17.02.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Nordnorwegen: Junggesellentreff der Wale
Marta Acosta Plata ist vor sieben Jahren im kalten Norden gelandet. Die Spanierin ist fasziniert von den Walen und erforscht die Meeressäuger den Vesteralen - einer Inselgruppe, die 300 Kilometer nördlich des Polarkreises liegt.
Kapitän Geir Mann bringt Marta Acosta Plata und ihre Kollegen an Bord der "Reine" zu den Walen. Im Sommer fährt er Touristen mit seinem Trawler zur Walsafari, im Winter verdient er sein Geld mit den Forschern. "Wir müssen uns den Walen ganz vorsichtig nähern, und rechtzeitig die Geschwindigkeit drosseln, um sie nicht zu erschrecken. Sonst tauchen sie einfach weg“, erklärt der Kapitän.
Warum bleiben die Wale im Winter?
Wale gab es hier eigentlich immer, aber nur im arktischen Sommer. Seit drei Jahren allerdings tauchen sie auch im Winter vor der Küste auf. Obwohl eigentlich Paarungszeit ist - und das viel weiter südlich am Äquator. Ein Rätsel, dem Marta Acosta Plata und die anderen Biologen jetzt auf der Spur kommen wollen.
Keine 20 Minuten sind sie mit dem Schiff unterwegs, da treffen sie auf die ersten Buckelwale. Gemeinsam schwimmen sie um das Boot. Drei Männchen, ohne erkennbare Angst, etwa vor dem Lärm der Maschine. "Manchmal denke ich, dass auch Wale gute und schlechte Tage haben. Einmal kommen sie ganz nah wie heute und schauen uns aus dem Wasser an, dann wieder schwimmen sie weiter weg. Es sind sehr intelligente Tiere, mit einem ausgeprägten Sozialverhalten“, erzählt Marta Acosta Plata.
Über 500 Fotos an einem Tag
Vor allem an den Rücken und den großen Schwanzflossen können sie die Wale identifizieren. Deshalb machen die Forscher so viele Fotos wie möglich. Mehr als 500 schießen sie an einem Tag. "Die tauschen wir aus mit Kollegen überall auf der Welt. Daher wissen wir zum Beispiel, dass Wale von der norwegischen Küste bis in die Karibik geschwommen sind“, so Acosta Plata.
Bis zu 15 Meter lang werden die Buckelwale, die über Jahrhunderte gejagt wurden. Seit 1966 sind sie geschützt und zeigen sich inzwischen auch wieder an der Küste.
Bilder auswerten in der "Wissenschaftshöhle"
Vom der kalten See zurück ins Warme: Science Cave, "Wissenschaftshöhle", nennen Marta Acosta Plata und ihre Kollegen das gemeinsame Büro. Hier werten sie jeden Abend ihre Bilder aus. Sie werden verglichen und katalogisiert. Und dann erkennen sie alte Bekannte wieder. Wale, die immer wieder in den Gewässern vor den Vesteralen vorbeischauen: "Das zum Beispiel ist Glenn. Ein Pottwal, der seit 1994 in jedem Sommer nach Andenes kommt, mit einer Ausnahme, das war im Jahr 2000. Man kann die einzigartige Form seiner Flosse erkennen, auch wenn er über die Jahre ein paar Narben dazubekommen hat“, erklärt die Expertin.
Noch immer weiß man wenig über die großen Säugetiere und ihre Wanderungen durch die Ozeane. Am nächsten Morgen sichten die Forscher Orcas. Biologen rechnen diese zur Familie der Delfine. Der Volksmund nennt sie Killerwale. Etwa 15 von ihnen schwimmen im Fjord. Vor fünf Jahren noch mehr als ungewöhnlich, ist dies heute schon fast normal. Trotzdem fährt der Kapitän Geir Mann jedes Mal mit einem Kribbeln im Bauch raus: "Keine Tour ist wie die andere. Für uns ist es immer wieder spannend, weil wir einfach nicht wissen, welche Wale wir treffen."
Ist die Erderwärmung eine Erklärung?
Für das Auftauchen der Wale im Winter sucht Marta Acosta Plata weiterhin nach Erklärungen. Ist es ein gutes Zeichen oder ein schlechtes? Irgendwie habe es wohl mit der Erderwärmung zu tun, vermutet sie. Mit den höheren Wassertemperaturen im Polarmeer und den wieder größeren Fischbeständen.
"Inzwischen ist auch der Hering den Winter über hier. Das war vor 2010 nicht der Fall. Aber diese Wale sollten eigentlich weiter im Süden sein, in den Gebieten, wo sie sich paaren. Wir vermuten, dass sich nur die großen Männchen durchsetzen und die jüngeren, kleineren hier länger bleiben, weil sie sowieso keine Möglichkeit bekommen, sich fortzupflanzen“, sagt Marta Acosta Plata.
Junggesellen-Treffpunkt für Wale?
Dann wären die Gewässer vor Andenes so etwas wie ein Junggesellen-Treffpunkt für Wale. Aber noch fehlt es an überprüfbaren Erkenntnissen. Kapitän Geir Mann hofft, dass die Meeressäuger in Zukunft immer im Winter vor der Küste schwimmen. Vielleicht könne er ja auch zur kalten Jahreszeit Touristen rausfahren, sagt er. Die dann das faszinierende Spektakel bestaunen können.
Autor: Clas Oliver Richter, ARD-Studio Stockholm
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