Mo., 12.10.15 | 04:50 Uhr
Das Erste
USA: Obamas langer Kampf gegen Waffen
So ganz cool bleibt sie noch nicht, wenn sie abdrückt. Aber das Nahkampfschießen klappt. "Gut gemacht", sagt der Trainer. Für die Erlaubnis, eine verdeckte Waffe zu tragen, muss man im Bundesstaat Oregon ein Training nachweisen: Schießen aus verschiedenen Entfernungen, sicheres Handhaben der Waffe.
Bethany ist 25, hat zwei Kinder und will ab jetzt nur noch mit Waffe aus dem Haus gehen: "Seit dem Amoklauf hier bei uns am UCC ist mir klar geworden: es gibt viele Waffen hier. Deshalb müssen verantwortungsvolle und gute Menschen Unschuldige verteidigen. Ich passe da rein. Ich will dann helfen können."
Blutbad am Umpqua Community College
UCC? Das steht für Umpqua Communitiy College, eine kleine Hochschule im Städtchen Roseburg in Oregon. Der Tatort ist noch immer abgesperrt. Vor einer Woche hat hier ein offenbar psychisch kranker junger Mann neun Menschen und dann sich selbst erschossen, bewaffnet mit einem ganzen Arsenal an Sturmgewehren und Pistolen.
Wieder ein Amoklauf, wieder viele Tote und ein sehr wütender Präsident, weil er weiß, dass ihm politisch die Hände gebunden sind: "Wir haben einen Kongress, der sogar verhindert, dass wir Daten über Waffengewalt sammeln. Wir lassen zu, dass alle paar Monate ein neuer Massenmord stattfindet. Wie kann das sein? Und jedes Mal, wenn so etwas passiert, sage ich dasselbe. Und ich werde es wieder sagen: Wir können daran etwas ändern. Aber dazu müssen wir unser Gesetz ändern."
Aber, jeder Versuch Obamas, das Waffenrecht zu verschärfen, ist bisher gescheitert. Wohl auch, weil die mächtige Waffenlobby viele Kongressabgeordnete im Wahlkampf unterstützt – seit Jahren.
Waffen weit verbreitet
In Roseburg gibt es Waffen in fast jeder Familie: Stadt und Landkreis sind republikanisch regiert, Obama misstrauen sie hier schon deshalb. 20.000 Einwohner hat der Ort, man hält zusammen hier.
Mitten im Wohngebiet finden wir einen kleinen Gun Shop: kaum Außenwerbung – wozu auch, man kennt sich hier. Carolyn räumt gerade das Regal mit den Pistolen auf. Carolyn ist 86 Jahre alt und betreibt eine Art Tante-Emma-Laden für Waffen. Ihre Kunden, sagt sie, hätten keine Lust, für jede Patrone raus in die Einkaufszentren zu fahren. Von der Jagdflinte bis zur halbautomatischen Pistole – Carolyn hat alles, und macht sich ein bisschen lustig über uns, die wir nichts von Waffen verstehen: "Das ist meine Pistole. Die ist leer, seht ihr? Und sie hat einen Laser. Seht ihr ihn? Mit Laser ist es einfacher, die Kugel zwischen die Augen zu kriegen, und nicht, sagen wir, das Knie zu treffen."
Wenn es um Waffen geht, ist Carolyn knallhart und hält auch nichts von Obamas Versuchen, zumindest die Käufer stärker zu überprüfen: "Tut mir leid, aber in der Verfassung steht das Recht auf Waffen drin. Und er hat über einem Stapel Bibeln auf diese Verfassung geschworen, also soll er sie einhalten und nicht ständig mit Gesetzen drohen, die uns einschränken sollen. Das schafft er eh nicht."
Ablehnung gegen Obama und mehr Regulierung bei Schusswaffen
Am Freitag, knapp eine Woche nach dem Amoklauf, flog Obama nach Roseburg. Er wollte den Familien der Opfer Trost spenden. Es wurde ein Besuch in feindlichem Gebiet. Seine Gegner kamen mit Plakaten – und demonstrativ mit ihren Waffen: "Es ist nicht gut, dass er mit seiner politischen Plänen jetzt hierher kommt. Diese Gemeinde trauert." "Wissen Sie, die Schule ist eine waffenfreie Zone. Es passiert immer in solchen Zonen. Denn wenn man Waffen verbietet, halten sich nur die guten Menschen daran, nicht die Verbrecher. Die haben dann die Macht." "Es ist doch nicht die Waffe, die schießt, sondern die Person, der Mensch. Wir haben viele Waffen im Haus. Ich fühle mich so sicherer."
Obama fuhr direkt zum privaten Treffen mit den Angehörigen der Opfer. Kein öffentlicher Auftritt, nur ein kurzes Statement danach, weitab von den Demonstranten: "Wir müssen endlich zusammenkommen als Land. Wir müssen einen Weg finden, so etwas in Zukunft zu verhindern. Wer mit diesen Familien redet, der versteht: es kann jeder Familie passieren."
Die leise Minderheit
In der Methodistenkirche der Stadt treffen wir am Abend die, die wie Obama ein schärferes Waffenrecht wollen, obwohl viele selbst eine Waffe haben. Extra für uns sind sie gekommen, wir sollen sehen, dass es auch die andere Meinung gibt, auch wenn man sich mit der kaum Freunde macht: "Sobald du irgendwas über das Waffenrecht sagst, gehen die Leute gleich in Angriffshaltung. Egal wie gut dein Argument ist. Wir haben weniger Verkehrstote, die Zahlen bei Rauchern gehen runter – nur nicht beim Tod durch Waffen. Natürlich hat das mit der Waffenlobby zu tun. Die nutzen das Waffenrecht in der Verfassung für ihr Geschäft.", sagt uns Penny Okamoto von der Bürgerbewegung "Ceasefire Oregon" "Es geht doch um nichts anderes als um Geld, ums Waffenverkaufen. Nur darum. Und nur deshalb", sagt uns ein Mann, "ist das Thema jetzt so politisiert."
So politisiert, dass schärfere Waffengesetze auf absehbare Zeit im Kongress nicht durchsetzbar sind. Präsident Obama erwägt jetzt, das Gesetz per Dekret zu verschärfen.
Bethanys Trainer hat seit dem Amoklauf 64 neue Schüler.
Autorin: Ina Ruck, ARD Wahington
Stand: 09.07.2019 14:18 Uhr
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