So., 31.01.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
Panama: Tropenholz gegen den Klimawandel
Wenn der Tag in Las Lajas im Südwesten Panamas gerade erst beginnt, arbeitet Iliana Armien bereits an ihrem Herzensprojekt: Starkes, wertvolles Tropenholz soll wachsen. "Es ist wunderbar, wie aus einer Miniatur, wie aus einem so kleinen Samen ein Gigant des Waldes werden kann. Wenn man sie dann wachsen sieht denkt man: Wow, was für ein Wunder", sagt sie.
Jahrzehntelang hat sie die besten Samen für die stärksten Tropenbäume gezüchtet, weil viele von ihnen in Panama schon verschwunden sind. Zusammen mit ihrem Partner, dem Hamburger Andreas Eke, teilt sie eine Vision: Sie wollen nicht einzelne Bäume pflanzen, sondern riesige Wälder. "Die Wirtschaft hat ganz viel geschafft, aber den Preis, den die Natur dafür zu zahlen hatte war zu hoch. Und es ist nicht nachhaltig, das kann man nicht so weitermachen", erzählt er.
Wald weicht der Viehzucht
70% der Waldfläche in Panama wurde bereits gerodet. Um Platz zu schaffen, zum Beispiel für Rinder. Seitdem Robinson Trujillo denken kann, hat er mitgeholfen bei der Rinderzucht seiner Eltern und Großeltern: "Das hier begeistert mich, es macht mich glücklich. Wie die kleinen Kälber heranwachsen, das ist mein Stolz."
Heute werden die Tiere geimpft und markiert. Angefangen hat Robinson mit vier Rindern nun sind es schon 250. Es bringt ihm ein gutes Einkommen und eine Zukunft für seine Kinder und Kindeskinder, sagt er. Dafür hat er unzählige Hektar Wald gerodet und will bald 50 Hektar mehr abholzen. Das gerade Industrienationen dagegen aufschreien kann er nicht verstehen: "Der Wald da hinter mir, der bringt mir kein Geld. Nichts. Mit den Rindern schon. Wenn ich 15 neue Rinder verkaufe, verdiene ich 3000, 4000 Dollar."
Mit 'Generationenwald' soll sich Walderhaltung finanziell lohnen
Sein Wald erscheint Robinson wertlos. Andreas und Iliana wollen das Gegenteil beweisen. Einen Wald erschaffen und mit ihm Geld verdienen, indem sie sein Tropenholz verkaufen. "Dadurch, dass man zertifiziertes Holz, FSC zertifiziertes Tropenholz, kauft, bekommt der Wald einen Wert und die Leute vor Ort werden den Teufel tun den abzuhacken, wenn sie davon leben, dass sie da selektiv Holz rausholen", erklärt Andreas Eke.
Die Idee: Sie haben den 'Generationenwald' gegründet, eine Genossenschaft mit Sitz in Hamburg. Wer etwas gegen den Klimawandel tun will, kann mit einem Anteil 500 Quadratmeter aufforsten – Kostenpunkt knapp 1400 Euro. Mit dem Geld der Investoren kaufen sie abgeholztes Weideland und Samen, schaffen Arbeitsplätze. So beginnt das Aufforsten der Tropenbäume. Iliana ist dabei äußerst genau: "Der Moment des Einpflanzens bestimmt das Schicksal des Baumes. Er ist wie ein Baby, das bei der Geburt gute Nahrung braucht, sonst verliert er sein Potenzial."
Erfolge sind bereits sichtbar
Rosewood, Zeder, tropische Eiche, Mandel. Mit ihnen und um sie herum soll ein richtiger, widerstandsfähiger Wald entstehen. Von Tag eins ist das, was hier jetzt wächst, ein Investment in die Umwelt. Nach 12 Jahren steht bereits ein kleiner Wald mit unzähligen Tropenhölzern – Zeit für eine erste Ausdünnung, um starken Bäumen mehr Platz zu geben. Der Investor bekommt jetzt eine erste Rendite.
"Machen wir das, um Geld zu verdienen oder um die Welt zu retten? Das Tolle ist, wir brauchen da gar nicht zu unterscheiden, wir machen das beides", sagt Andreas Eke. Iliana und Andreas wollen keine Tropenholz-Plantage, sie wollen das hier: Wald für immer. Und nach knapp 20 Jahren haben sie diesen hier schon erschaffen. Nicht nur mit massivem, edlem Tropenholz, sondern allem was zu einem Wald gehört. Iliana Armien ist begeistert: "Wenn du all das nach 20 Jahren Arbeit siehst, ist das einfach wunderbar, es ist die Motivation zu sagen: Wir machen weiter!"
Die Natur durfte ihr Werk tun. Wo Bäume sind ist Wasser, kommen Tiere zurück – Vögel, Kaninchen, Fledermäuse verteilen die Samen. Vor 20 Jahren war hier nichts und nun raschelt es jetzt es in den Baumwipfeln: Affen! "Das ist eine Riesenbefriedigung natürlich. Weil das zeigt, dass es geht. Wir können es zurückbauen, was wir der Natur weggenommen haben", sagt der Hamburger Unternehmer.
Nachahmer ausdrücklich erwünscht!
Nach 30 Jahren werden sie dann regelmäßig einzelne Tropenhölzer rausnehmen. Andreas Eke erklärt: "Das sind 500 Dollar." Während kontinuierlich neue Generationen nachwachsen. Die Genossenschaft hat mittlerweile 1.500 Mitglieder aus 18 Ländern. Der Wald ist da und er ist wertvoll, das motiviert ihre Mitarbeiter es nachzumachen. Jorge Cunampio ist einer von ihnen: "Das war für mich wichtig, weil ich jetzt auf meinem Land auch wertvolle Bäume anpflanze. Und dann der Klimawandel, es ist eine Hilfe für den Planeten."
Nachahmer, das nächste Ziel der beiden! Auch eine Gemeinde der indigenen Embera hat um Unterstützung gebeten. Zu ihrer Kultur gehört die Bemalung. Doch die Bäume der Frucht, die sie dafür brauchen gibt es auf ihrem Land wenig. Die Gemeinde wurde von der Regierung umgesiedelt. "Es gibt kein Holz, um unsere traditionellen Häuser zu bauen, es gibt keine medizinischen Pflanzen mehr", erzählt Embera, Elio Cunampio. Das Land, auf dem sie jetzt leben, wurde von einer Holzfirma gerodet. Iliana berät sie, wie sie wieder aufforsten können.
Die Idee nur wenig zu ernten und viel zu erhalten sei identisch mit ihrer Kultur: "Wir haben von unseren Großeltern gelernt, dass man vom Wald nur das rausnimmt, was man wirklich braucht. Nicht mehr." Ob sich auch die Landwirte überzeugen lassen? Ein Hektar bringt nach 30 Jahren Tausend Dollar Gewinn – jedes Jahr. Und Robinson hat 300 Hektar Land. Andreas Eke erklärt: "Du kannst damit in Zukunft Geld verdienen und den Wert deiner Farm erhöhen." "Alles hängt vom Profit ab, wenn das Geld stimmt, wäre es das wert. Vielleicht ist Holzverkauf ja besser als die Rinderzucht", überlegt der Rinderzüchter.
Es gibt noch viel Arbeit, aber die Saat ist gesät: Ökologie und Ökonomie können Hand in Hand gehen.
Autorin: Xenia Böttcher / ARD Studio Mexiko
Stand: 01.02.2021 18:21 Uhr
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