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Russland: Der ewige Putin

Russland: Der ewige Putin | Bild: WDR

"Mein bester Freund ist Präsident Putin." Er ist allgegenwärtig. Er gilt als gottgesandt. Mit Putin in der Fernseh-Dauerschleife: Raketen, Märsche und das Vaterland.

Krieg gegen innere und äußere Feinde

"Ohne Putin, ohne seinen Staat, würde das Land auseinanderfallen und von Amerika aufgefressen, sagen uns die Medien", so Andrej Loschak, Journalist, ehemals Staatsfernsehen.

"Das Fernsehen muss zeigen, dass Putin Präsident eines Landes im Krieg ist. Im Krieg wechselt man nicht die Führung aus", findet Sergej Medwedew, Historiker, Moskau Higher School of Economics.

Krieg gegen innere Feinde. Gegen die Demonstranten, die 2012 gegen Putins dritte Amtszeit auf die Straße gehen. Gegen den Anti-Korruptions-Aktivisten Alexey Nawalny, der zur Wahl erst gar nicht zugelassen wird. Gegen den als Landesverräter beschimpften Oppositionellen Boris Nemzow, der ermordet wird.

Krieg gegen äußere Feinde. Aus dem antifaschistischen "Nie wieder Krieg" ist "Wir können den Krieg wiederholen" geworden. Mit Sperrholzattrappen und Pyrotechnik wird der Sieg nachgespielt – vor dem Verteidigungsminister. "Hauptsache, die Feinde erinnern sich – und fürchten uns".

Machtdemonstration für den Westen

"Selbst das letzte Hockeyfinale bei Olympia, mit den Deutschen, nahm sofort die Farbe von 1945 an: 'Wir haben Deutschland wieder besiegt'", erzählt Sergej Medwedew. Krieg im Kopf. Non-Stop. Gegen das schwule Europa. Gegen die faschistische Ukraine.

"Alles hat zum Ziel, Russland von innen zu sprengen. Es wird nicht klappen. Wir werden gezwungen sein, Europa zu sprengen", so Wladimir Zhirinowski.

Der Präsident stellt neue Wunderwaffen vor, die in der Simulation Richtung Westen fliegen.
Wladimir Putin: "Niemand wollte uns zuhören. Jetzt hört uns zu!"

Russische Jets fliegen in westliche Lufträume. Oder nur knapp an US-Schiffen vorbei. Trolle und Hacker manipulieren westliche Demokratien – mit Leaks und Kampagnen. Im UN-Sicherheitsrat: Verbale Querschläge gegen den britischen UN-Botschafter. "Wag es nicht, Russland weiter zu beleidigen! Schau mich gefälligst an! Was fällt dir ein, einfach wegzuschauen!"

"Diese Art Sprache ist sehr populär heute in Russland. Ein halb-krimineller Straßenslang. Das ist die Sprache eines Hooligan, der den ganzen Hof terrorisiert", erklärt Sergej Medwedew.

Russland: Wie mächtig ist Russland? Präsident Putin will wieder Präsident werden
Russland: Wie mächtig ist Russland? Präsident Putin will wieder Präsident werden | Bild: WDR

Für den Präsidenten werden orthodoxe Bräuche immer wichtiger

Putins dritte Amtszeit ist die Ära der Denkmäler. Der Mann, der die Kalaschnikow erfand, erhebt die Waffe mitten in Moskau. Die Kämpfer der Ostukraine ehren ihre "Helden", unter dem Beisein eines Präsidentenberaters. Sowjet-Diktator Stalin winkt aus der Vergangenheit zurück. Er steht nun für Sieg und Ordnung, und nicht mehr so sehr für totalitäre Repression.

"All diese Mythen über das Sowjetreich wurden wiederbelebt. Alles entwickelt sich zurück – in die Richtung, von der wir uns in den letzten dreißig Jahren mit Müh und Not befreit hatten", so Andrej Loschak.

Mythen und: Religion. Ein Verteidigungsminister, der sich bekreuzigt. Ein ungewohnter Anblick bei einer: Maiparade. Priester segnen Waffen. Für den Präsidenten werden orthodoxe Bräuche immer wichtiger. Kommunismus und Heilige Schrift lässt er verschmelzen.

Wladimir Putin: "Lenin wurde in ein Mausoleum gelegt. Was ist daran anders als die Heiligenreliquien für die Christen?"

"Wie kann man die Verehrung eines Sowjetdiktators mit der Orthodoxie verbinden? Das ist ein Kompott aus schlecht kompatiblen Zutaten. Von diesem Quatsch, dieser Schizophrenie wird's immer mehr geben, denke ich", so Andrej Loschak.

Russland im Fadenkreuz des Westens

Eine weitere Zutat: Putins Ursprünge. Demonstrativ besucht er seinen alten KGB-Chef. Die Männer des sowjetischen Geheimdiensts lobt Putin als "einzigartig".

"Putin hat seine Tätigkeit in der Branche Nr.5 des KGB angefangen, in Sankt-Petersburg. Das war die Ideologische Spionageabwehr. Die Abteilung, die sich mit Manipulationen von Menschen befasste", erzählt Jewgenija Albats, Publizistin von "Geheimimperium KGB".

Das Staatsfernsehen widmet Russlands Superagenten eine eigene Serie. Sie enttarnen gefährliche CIA-Schläfer im Land – ausgerechnet unter zwielichtigen Oppositionellen und Menschenrechtlern. Russland im Fadenkreuz des Westens.

"Eine Politik, die auf ständigem Betrug aufgebaut ist: Genau das liegt im Herzen des Putin-Regimes. Sie alle sagen die ganze Zeit nicht die Wahrheit. Und sie wissen, dass sie nicht die Wahrheit sagen", findet Jewgenija Albats.

"Können Sie vergeben?"
"Ja. Aber nicht alles."
"Was nicht?"
"Verrat."
"Hat man Sie denn verraten?" "Vielleicht habe ich Leute ausgesucht, die zum Verrat nicht fähig sind."

Als der Doppelagent Sergej Skripal in Großbritannien vergiftet aufgefunden wird, warnt der Nachrichtenmoderator alle, die eine Karriere als Verräter anstrebten: Der Beruf des Verräters sei der gefährlichste der Welt.

"Es zeugt davon, dass die Macht eine neue Etappe eingeleitet hat – zur Verängstigung der politischen Opponenten im Ausland", so Jewgenija Albats.

2003. Wladimir Putin wird gefragt: Wie stehen sie dazu, drei oder mehr Male als Präsident anzutreten und die Amtsperiode zu verlängern? "Ich lehne es ab. Ich lehne es ab. Ich lehne es ab", antwortet Putin.

Bericht: Golineh Atai/ARD Studio Moskau

Stand: 01.08.2019 10:10 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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