So., 13.10.19 | 19:20 Uhr
Das Erste
Türkei/Nordsyrien: Russland – der lachende Dritte?
Moskaus Verteidigungsministerium hatte zur Pressereise geladen – nach Syrien. Ende September durften internationale Journalisten die russische Airbase dort besuchen.
Russlands wichtige Rolle in Syrien
"Dies ist ein Flugfeld der ersten Klasse, hier kann alles landen, Helikopter, Transportmaschinen, Kampfflieger", erzählt Konstantin Iwanow, russische Streitkräfte. Kampfflieger starteten in der Hochphase des Kriegs im Viertelstundentakt. Und bombten den Weg frei für Assad. Dank der Hilfe aus Moskau kontrolliert der heute wieder zwei Drittel des Landes. Russland spiele in Syrien längst die wichtigste Rolle, sagt der Politologe Fjodor Lukjanow. Und zwar nicht erst, seit Trump von Abzug redet.
"In Washington behaupten Trumps Gegner jetzt, er habe Putin Syrien überlassen. Aber das ist eher Propaganda im Wahlkampf. Keiner hat Putin Syrien geschenkt. Er ist selbst nach Syrien gegangen, als die Lage besonders schwierig war. Hat viel riskiert – und war erfolgreich", so Fjodor Lukjanow, Forschungsdirektor Valdaj-Club.
Ein verlassener US-Stützpunkt – gleich nach Trumps Ankündigung zogen die ersten Soldaten ab. Dass sie sich komplett zurückziehen, glaubt man in Russland nicht. Obwohl Moskau stets betont, die Amerikaner seien illegal in Syrien – ohne sie steigt auch für Russland das Risiko, sagt der Syrien-Experte Kirill Semjonow.
Russland sieht sich längst als Sieger
"Moskau muss lavieren zwischen seinem Partner Ankara und dem Verbündeten in Damaskus. Deren Interessen widersprechen sich diametral. Wenn die USA abziehen, wird Assad versuchen, seine Militäroperation auszuweiten – in Richtung der türkischen Streitkräfte. Ich glaube zwar, Moskau kann das verhindern. Aber es wird schwierig: je mehr Erfolg Assad hat, desto weniger hört er auf Russland", sagt Kirill Semjonow, Syrien-Experte AL-Monitor.
Der Einmarsch der Türkei hat Russland nicht überrascht. Er war wahrscheinlich abgesprochen: und zwar sowohl mit Washington als auch mit dem Kreml.
"Die Verabredung könnte sein, dass die USA sich nur ein Stück weit zurückziehen – um der Türkei Spielraum für eine sehr begrenzte Aktion zu geben. Russland kann damit wahrscheinlich leben, obwohl es formal eine Aggression gegen Syrien ist. Aber – strategisch ist es gut für Russland. Denn es treibt die Kurden in die Arme von Assad. Es bleibt ihnen gar nichts anderes übrig. Und Russland will genau das, es will Assads Einflussgebiet vergrößern", erzählt Kirill Semjonow, Syrien-Experte AL-Monitor
Denn alles, was Assad stärkt, stärkt auch Russlands Rolle in Syrien. Im vergangenen Frühjahr schickte das Verteidigungsministerium einen Zug mit Trophäen quer durch Russland – mit Kriegsgerät, in Syrien erbeutet. Russland sieht sich dort längst als Sieger, daran ändert auch der türkische Einmarsch nichts.
Autorin: Ina Ruck / ARD Studio Moskau
Stand: 13.10.2019 20:25 Uhr
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