Mo., 07.11.16 | 04:50 Uhr
Das Erste
Russland/China/Europa: Obama geht – was nun?
Was erwartet, was befürchtet die Welt von der künftigen Präsidentin oder dem Präsidenten? Wo könnte es haken in den Beziehungen mit den USA? Antworten liefern ARD-Korrespondenten aus Moskau, Peking und Brüssel.
Moskau
In Russland melden die meisten Medien, dass tatsächlich Hillary Clinton die Favoritin ist – aber das gilt als schlechte Nachricht. Die Kreml-nahen Sender beschreiben Trump als Opfer eines unsauberen Wahlkampfes, weil angeblich Polit-Establishment, Geheimdienste und Presse für Hillary arbeiteten. Dazu kämen vermutlich dreiste Wahlfälschungen. Präsident Putin selbst hat bei seinem letzten großen Auftritt in Sochi nicht wiederholt, was viele Medien suggerieren: Dass ein Wahlsieg Clintons die Gefahr eines Krieges mit Amerika heraufbeschwöre. Doch genau das fürchten viele einfache Russen, weil sie es so oft gehört haben.
Ob ein unberechenbarer Donald Trump tatsächlich ein Geschenk für den Kreml wäre – da sind sich auch russische Politiker in Wahrheit eher unsicher. Und so war das Hauptziel der vielen kritischen Berichte zur US-Wahl eher, das Vertrauen in den demokratischen Prozess in den USA grundsätzlich zu erschüttern. Tenor: Im Westen geht es doch mindestens so fragwürdig zu wie in Russland.
Peking
Chinas Führer wollen die Beziehungen zu den USA weiter entwickeln – so die offizielle Haltung: Ob lieber mit Clinton oder Trump: dazu schweigen sie. Wirtschaftlich eng mit Washington verbunden. Aber im südchinesischen Meer auf Konfrontationskurs. China sieht seinen Führungsanspruch in Asien durch die USA bedroht. Clinton würde Amerikas Präsenz verteidigen. Unter Trump würde die Region hingegen wohl eine verlässliche Schutzmacht verlieren. Dann hätte Chinas Präsident Xi Jinping andere Probleme: Erzfeind Japan könnte sich gezwungen sehen, aufzurüsten, sogar mit Atomwaffen. Trump hätte es nicht so mit den Menschrechten wie seine Konkurrentin. Aber er ist auch unberechenbarer, und das mag Peking am allerwenigsten. So wäre Clinton wohl das kleinere Übel.
"Der schmutzige Wahlkampf war für Chinas Staatspropaganda ein weiterer Beleg für die Schwächen des westlichen Demokratie-Models: Für Peking steht der Sieger der US-Wahl daher schon fest. Chinas Ein-Parteien-Diktatur", sagt Mario Schmidt, ARD-Studio Peking.
Brüssel
Brüssel: Hauptstadt Europas, die EU enger Partner der USA. Doch die Brücke über den Atlantik bekommt Risse, spätestes seit der US-Geheimdienst NSA massenhaft europäische Politiker abgehört hat. Die EU ihrerseits knöpft sich einige mächtige amerikanische Konzerne vor – Apple mache in Europa unzulässige Steuerdeals, meint Brüssel. Und dann noch der Streit um das Handelsabkommen mit den USA – TTIP – Symbol für die schwierigen Beziehungen. Verhandlungen mit Hillary Clinton wäre leichter als mit Donald Trump – den Republikaner halten die Brüsseler Bürokraten einfach für unberechenbar.
Ganz genau schaut man hier auf den Wahlausgang – bei der NATO. Das Bündnis ist stark amerikanisch geprägt, ein Amerikaner ist Oberbefehlshaber der Truppen. Washington trägt den Löwenanteil der NATO-Verteidigungsausgaben. Donald Trump hat im Wahlkampf klar gemacht, wie wenig er von dem Militärbündnis hält. Die USA würden sowieso zu viel für die NATO bezahlen. Ein US-Präsident Trump könnte, so hört man hier, die NATO nachhaltig schwächen.
Autoren: Udo Lielischkies, Mario Schmidt, Bettina Scharkus
Stand: 13.07.2019 04:41 Uhr
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