So., 16.04.23 | 18:30 Uhr
Das Erste
Spanien: Wildschweinplage
Carles Conejero auf der Suche nach Wildschwein-Spuren. Eigentlich soll der riesige Zaun die Tiere vom Park fernhalten, vor allem vom dahinterliegenden Wohngebiet. Aber immer wieder schaffen es Tiere, irgendwie durchzukommen – und der Wildschweinbeauftragte der Stadt Barcelona muss sie suchen: "Das sind Spuren von einer Wildschwein-Schnauze. Sie zeigen, dass Tiere hier waren, die hier sind von gestern Abend und diese dort ist frischer, vielleicht von heute früh."
Frische Spuren, aber kein Tier in der Falle. Enttäuschend für Carles. Aber die Wildschweine sind clever: Ein Teil vom Mais ist weg, die Falle ausgehebelt. Kein Wunder: Wildschweine sind lernfähig. Im Stadtteil Las Planas von Barcelona fühlen sie sich im Sommer wie zu Hause, spazieren durchs Viertel wie alteingesessene „Barcelonesen“.
Bauer Josep Ball-Llosera im Nordwesten von Barcelona bangt um seinen Hof. Nachts wüten die Wildschweine, morgens sieht sein Feld so aus: viele Futterbohnen kaputt – so reichen sie nicht für sein Vieh. Und wenn er Futter einkauft, reicht das Geld nicht für den Betrieb. In der Region finden Wildschweine viel Futter, auch weil Flächen brachliegen – und so werden es immer mehr. Rund die Hälfte der Äcker von Josep sind zerstört.
Jagd auf die Wildschweine
Nicht allzu weit von Bauer Joseps Hof entfernt sind die Jäger aber derzeit jedes Wochenende unterwegs. Denn: Hier wurde ein "Wildschwein-Notstandsgebiet" ausgerufen. Albert Mias samstagfrüh bei den letzten Vorbereitungen vor der Jagd: "Wir haben die Wege abgesperrt und Schilder aufgestellt, was sehr wichtig ist, jetzt lassen wir die Hunde frei, die nehmen die Fährte auf und dann versuchen wir, das Wildschwein zu töten, wenn wir es nicht treffen, dann suchen wir weiter."
Albert ist zwei bis dreimal in der Woche auf der Jagd. Im Jahr erlegt er bis zu 70 Tiere. Bis zum Mai muss er mit seinen Jäger-Kollegen mehr als tausend Wildschweine in der Region schießen. So schreibt es die Notstandsverordnung vor – eine äußerst ehrgeizige Mission, finden die Jäger.
Zurück nach Barcelona. Zu viele Lebensmittel landen im Müll, auch deshalb werden es immer mehr Wildschweine. Manche Sau schafft es sogar, die Container umzukippen, um an Futter zu kommen.
Barcelonas Anwohner kennen derlei Situationen. Der Bahnhof Las Planas ist nachts ein beliebter Wildschwein-Treffpunkt.
Auf der Jagd sind Albert Mias und seine Begleiter den Tieren weiter auf der Spur – und erfolgreich. Am Ende dieses Jagdtages haben sie drei Tiere erlegt, mit fünf hatten sie in dem Gebiet gerechnet. Eine geringe Ausbeute – damit lässt sich kaum verhindern, dass die Wildschweine weiter Schäden anrichten. Wer jagt, braucht Geduld und Zeit – kein Wunder, dass Jägernachwuchs rar ist.
Geschafft, Abtransport, direkt zum Fleischhandel. 15 Jäger und ein ganzer Samstag für drei tote Schweine. Es fällt schwer, zu glauben, dass sich so der Wildschweinnotstand beseitigen lässt.
Autorin: Kristina Böker, ARD Madrid
Stand: 16.04.2023 19:43 Uhr
Kommentare