So., 06.09.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
Taiwan: Herr Chang und Frau Hsu spielen Verkleiden
Eine ungewöhnliche Aktion der Betreiber einer Reinigung. Auf Instagram posten sie sich mit den vergessenen Kleidungsstücken, auf dass die Besitzer sie endlich abholen und die Reinigung bezahlen.
Instagram-Stars mit über 80
Distrikt Houli, Zentraltaiwan. Hier wird sich gerade radikal verjüngt. In der Reinigung Wansho gilt ab sofort: Schmutzwäsche landet in der Trommel, was die Kundschaft vergisst landet auf Instagram – Mahnbescheid mal anders. Herr Chang und Frau Hsu spielen Verkleiden. Auf dass doch mal einer seine Klamotten abholt und bezahlt. "Super Aktion", finden hunderttausende Fans weltweit. "Wir waren perplex, aber auch dankbar, dass so viele trotz unseres Alters meinten: Ihr könntet Models sein" sagt Chang Wan-ji. Und seine Frau Hsu Hsiu-e ergänzt: "Ich bin so alt, so kann ich auf keinen Fall mehr rausgehen." Und warum nicht? "Naja, so lange Röcke hier sind doch nicht mehr in Mode."
Eine gute Figur haben sie schon immer gemacht. In jetzt 61 Jahren Ehe. Genauso lang stehen sie auch gemeinsam an der Waschmaschine. Aber dann kam das Coronavirus, kaum mehr Leute in den Laden, Langeweile. Ruhestand? Auch keine Lösung: "Die Kunden waren doch immer sehr zufrieden mit dem, was ich tue, also will ich auch nicht damit aufhören", meint Chang Wan-ji.
Der Enkel ist stolz: Oma und Opa kommen groß raus
Nur, was tun, wenn der Mittagsschlaf immer länger wird und Abwarten und Tee trinken mit den Nachbarn zur Hauptbeschäftigung? Da kommt jetzt der Enkel ins Spiel. Reef Chang wollte nach seinem Job eigentlich eine Weltreise machen, strandete aber wegen Corona zuhause und bei Oma und Opa. Weil die ihm etwas schlaff erschienen, ließ er sich was einfallen – das mit Instagram. "Sie sind viel offener geworden und auch fröhlicher", erzählt der Enkel Reef Chang. "Vorher haben sie nur vorn am Empfang gesessen, vor sich hingeträumt oder sogar geschlafen. Aber jetzt ist ihre ganze Persönlichkeit viel lockerer – und das freut mich sehr."
Und die Nachbarn sind jetzt auch ganz anders drauf – so mit Promis nebenan. "Als ich die Fotos gesehen habe, da dachte ich: Die beiden sehen viel besser aus als vorher", sagt Nachbar Chang Tse Rong. "Und wenn die Leute Dich kennen, kommen die einfach so, ohne dass du Werbung machen musst. Das ist bestimmt gut fürs Geschäft." Und bei Fotos ist nicht Schluss. Per Video setzen Oma und Opa auf Interaktion, lehren die Welt Taiwanisch, sie selbst lernen Englisch. Alte Leute, neue Technologien – passt.
Autor: Uwe Schwering, ARD-Studio Tokio
Stand: 07.09.2020 08:42 Uhr
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