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Russland: Putins Krieg, der kein Krieg sein darf

Russland: Putins Krieg, der kein Krieg sein darf | Bild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Es scheint, als würde das Leben in Moskau ganz normal weitergehen. Und doch bekommen sie die Isolation ihres Landes von Tag zu Tag deutlicher zu spüren. Was genau das für sie bedeuten wird, wissen viele Russinnen und Russen noch nicht.
In ihrem Alltag zeigen sich die ersten Folgen der scharfen Wirtschaftssanktionen so: Läden wie H&M oder Ikea schließen vorübergehend ihre Geschäfte. Einige Zahlungssysteme funktionieren nur noch eingeschränkt. Der Rubel verliert an Wert.
Auch Swetlana nimmt diese Veränderungen wahr. Die Rentnerin lebt im Norden von Moskau: "Natürlich finde ich die Sanktionen nicht gut. Aber was sollen wir machen? Dann fliegen wir halt nicht mehr ins Ausland, sondern richten unser eigenes Land so her, dass hier alles gut ist."

Resignation in Russland

So wie Swetlana denken viele Menschen im Land. Sie sind bereit, persönliche Abstriche zu machen, zu leiden, so sehr sind sie von Putins Politik überzeugt.
Die Staatsmedien sind Putins wichtigstes Propagandainstrument. Hier führen sie schon seit Jahren einen Krieg der Worte gegen den Westen und warnen vor einer militärischen Bedrohung durch die Nato. Dass Russland jetzt einen Krieg gegen die Ukraine führt, sehen sie anders. Stattdessen sprechen sie von einer "militärischen Spezialoperation". Putins sogenannte "Spezialoperation" – sie darf in den russischen Wohnzimmern nicht als Krieg ankommen.

Ende der freien Medien

TV Doschd gehörte bis Mittwoch zu den wenigen russischen Medien, die trotz des politischen Widerstands Klartext gesprochen haben. Chefredakteur Tichon Dsjadko: "Es gibt einen Krieg auf dem Boden. Und es gibt einen Krieg auf allen anderen Ebenen. Je weiter sich die sozialen Netzwerke entwickeln, desto mehr Krieg gibt es dort. Es gibt einen schrecklichen Krieg in der Ukraine – und es gibt einen Informationskrieg auf Social Media."

Die russische Regierung hat in diesem Informationskrieg eine massive Offensive gestartet: Regierungskritische Medien wurden blockiert oder stellten ihre Arbeit ein. Darunter auch "Echo Moskwy". Ein bekannter Radiosender, der oppositionellen Stimmen eine Plattfrom gab. Auch Twitter und Facebook sind blockiert.
Kremlchef Putin hatte am Freitag eine Gesetzesänderung unterschrieben, die unter anderem angebliche "Falschinformationen" über Russlands Armee unter drastische Strafen stellt. Es drohen demnach bis zu 15 Jahre Haft.

Keine Verantwortung für Putin

Kritische Stimmen sind in Russland nicht erwünscht. Doch nicht nur deswegen bleiben Massenproteste in Russland aus, sagt die Anthropologin Alexandra Archipowa. Die Mehrheit der Menschen fühlt sich für die Politik ihres Landes nicht verantwortlich: "Die Einstellung ist: In erster Linie schütze ich meine Familie. Die russische Regierung macht ihr eigenes Ding. Ich mag sie nicht, ich unterstütze sie nicht, aber ich mische mich auch nicht ein. Und in den vergangenen Jahren hat sich bei vielen Menschen in Russland eine erlernte Hilflosigkeit entwickelt."
Diese erlernte Hilflosigkeit hindere viele Menschen daran öffentlich zu protestieren. Doch gerade weil sich die Entwicklungen in Russland überschlagen, schließt die Wissenschaftlerin auch Massenproteste nicht aus.

Autor: Vassili Golod, WDR

Stand: 07.03.2022 09:42 Uhr

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