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Ukraine: Die erschöpften Helfer

Ukraine: Die erschöpften Helfer | Bild: NDR

Endlich angekommen: Hilfsgüter aus Deutschland. Oleg und seine kleine Truppe von freiwilligen Helfern haben schon drauf gewartet. "Das sind Sachen von unseren Freunden aus Deutschland. Die wurden für die Feuerwehr in Kupiansk gesammelt, in der Region rund um Charkiv, im Osten der Ukraine, eine  Region die im Augenblick unter Beschuss steht", erklärt Oleg Novyk von den Kyiv Defenders.

Sie müssen sich beeilen, auch wenn sie alle eigentlich müde sind von ihren Jobs. Täglich bekommen sie Hilferufe aus den zerstörten Städten im Osten der Ukraine. Oleg ist Immobilienmakler und nach 18 Monaten Krieg völlig erschöpft. Dennoch reißt er sich immer wieder zusammen. "Wir haben nicht das Recht, schlapp zu machen", meint er. "Menschen sterben, weil sie uns verteidigen. Es ist schwer. Es gibt so viele Opfer. Und so viele Tote. Auch heute wieder. Wir haben so viele schlimme Momente erlebt. Natürlich es hat uns alle verändert. Diese Situation ist nicht normal."

Zivilschutz auf freiwillinge Unterstützer angewiesen

Iva Koshova verdient ihr Geld als Marketing Managerin. Ein anstrengender Job. Der Krieg bestimmt längst unser Leben, meint sie. Auch hier in Kiew, weit weg von der Front: "Ukrainische Frauen sind stark. Ganz schön anstrengend hier. So ist das Leben im Augenblick in der Ukraine. Und wir sind alle erschöpft. Versuchen uns dann aber gegenseitig zu motivieren. Jeden Tag. Immer wieder aufs Neue. Es ist okay, weil wir wissen, warum wir das machen. Ich habe einen 16-Stunden-Tag. Mit meiner regulären Arbeit und mit dieser Aufgabe als Helferin."

Anstrengende Monate liegen hinter ihr. Ohne die freiwillingen Unterstützer im ganzen Land wäre der Zivilschutz längst zusammengebrochen. "Es ist viel schwieriger geworden, Spenden zu bekommen. Das verstehe ich auch. Die Menschen in Europa ermüden. Aber wir Helfer in der Ukraine müssen weitermachen,  denn der Krieg hört nicht auf", sagt Iva.

Der deutsche Feuerwehrmann Nils Thal hat sich bei der Berufsfeuerwehr in Nürnberg beurlauben lassen, um zu unterstützen – beim Löschen von Feuern und zwischendurch greift er den erschöpften Freiwilligen unter die Arme. "Also vor einem Jahr war es noch eine NGO, die so einen Bus vollbekommen hat. Inzwischen ist es eine Zusammenarbeit von sehr vielen NGOs, die hier zusammen gearbeitet haben. In dem Fall waren es neun, glaube ich. Dass dieser Bus hier so dasteht, hat einen Monate gedauert. Es ist mittlerweile der Fall, dass die NGOs richtig anfragen müssen bei Betrieben, bei Feuerwehren, ob da noch irgendwo etwas ist, was man ausmustert."

Löschfahrzeuge: Hoher Verschleiß durch ständigen Einsatz

Ein Mann beim Interview.
Der deutsche Feuerwehrmann Nils Thal hat sich bei der Berufsfeuerwehr beurlauben lassen, um zu unterstützen. | Bild: NDR

Möglichst schnell wollen sie das Gerät jetzt nach Charkiv bringen. Die Stadt, 40 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, steht immer wieder unter Beschuss. Die Feuerwehrleute dort warten schon. 33 Feuerwehrautos haben sie mittlerweile aus Deutschland bekommen. Die Löschfahrzeuge verschleißen schnell – weil sie ständig im Einsatz sind. "Es schlagen auch beinahe jeden Tag Drohnen und Raketen ein und es gibt wieder mehr Feuer. Ganz schlimm ist es an den Frontlinien oder nahe der Frontlinie, wo jeden Tag Artilleriebeschuss herrscht. Wo Streumunition runterkommt, wo im Prinzip jeden Tag Großfeuer ausbrechen, die man bei uns vielleicht einmal im Jahr hat", erzählt Thal.

Dann plötzlich ein Einsatz. Mitten in der Innenstadt von Charkiw brennt es nach einem Angriff der Russsen. Mehrmals täglich gibt es Luftalarm. Immer wieder wird die Stadt bombardiert. Die Feuerwehrleute stehen unter ständiger Anspannung, denn sie wissen nie, was sie erwartet. "Die Feuerwehrleute werden auch ganz gezielt von den Besatzern angegriffen – so in Kupjansk. Aber unsere Leute rücken trotzdem immer wieder aus, um Brände zu löschen. Dabei gehen sie auch in die Trümmer, um Menschen zu retten", sagt Feuerwehrmann Roman Schwydkyi.

Und auch Nils ist immer wieder dabei – an der Seite ukrainischer Feuerwehrleute. Er zeigt seine Handyaufnahmen. Die Kleinstadt Kupjansk ist seit Monaten schwer umkämpft. Sie geraten unter Beschuss. Zwei Kollegen werden verletzt. Dennoch: Aufgeben kommt für den Feuerwehrmann aus Nürnberg nicht in Frage: "Also ich sehe diesen Krieg als einen Krieg, der sich von Ost nach West schiebt, der von russischer Innenpolitik angetrieben wird, der sich gegen all jenes richtet, was wir seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht haben, also die internationale Ordnung, die Prinzipien von Freiheit, Gleichheit und Demokratie. Und da denke ich, da kann man nicht einfach zugucken, da muss man sich dagegenstellen. Und man muss auch, wie ich denke, verstehen, dass dieser Krieg nicht nur die Ukraine betrifft. Er findet halt gerade hier statt. Aber das geht weiter. Und deswegen denke ich, dass es wichtig ist, dass man auch mithilft."

Im fernen Kiew haben die Helfer auch an diesem Wochenende wieder bis in die tiefe Nacht Kisten geschleppt und ihren alten klapprigen Bus einmal mehr mit allem was sie sammeln konnten in Richtung Front geschickt.  

Autorin: Birgit Virnich, ARD-Studio Kiew

Stand: 03.09.2023 20:01 Uhr

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