Mo., 24.08.15 | 04:50 Uhr
Das Erste
Mit Satire und Humor für Menschlichkeit in der Asyldebatte
Die Partei des zweischwänzigen Hundes in Ungarn
"Willkommen in Ungarn – Sonntags geschlossen!" Ein Willkommensgruß, der nicht wirklich willkommen heißt. Er ist von den Künstlern und Sartirikern wie Gergely Kovacs und anderen als Anregung zum Aufregen gedacht. Von Ungarn, die über den Umgang mit Flüchtlingen in ihrem Land empört sind. 900 solcher Plakate haben sie kleben lassen, und wollen damit provozieren – etwa mit diesem: „Ich habe die ungarische Anti-Einwanderungskampagne überlebt“.
Humor gegen die Anti-Einwanderungs-Kampagne der Regierung
Geschliffene Witze und rhetorische Spitzen, um den Angriff auf die Menschenrechte der Politik von Ministerpräsident Orban zu offenbaren. Die Satiriker setzen der Regierungspolitik nicht nur intelligente, humorvolle Plakate entgegen – sie haben auch eine eigene Partei gegründet. Die heißt "zweischwänziger Hund". Ein sinnfreier Quatsch-Name, getreu dem Motto: Politik soll Spaß machen. Aber bitter ernst werden, wenn es darauf ankommt: Etwa um an die 180.000 ungarischen Flüchtlinge nach dem Volksaufstand 1956 zu erinnern.
Schön lächelt auch die Dame auf dem Werbeplakat der ungarischen Regierung. "Wir wollen keine illegalen Einwanderer." So wirbt die ungarische Regierung für Ihre Anti-Einwanderungskampagne. Das findet die Satire-Partei hässlich. Dort steht: "Wenn Du nach Ungarn kommst, darfst Du Ungarn nicht die Arbeit wegnehmen.“ Oder: „Wenn Du nach Ungarn kommst, musst Du Dich an die Gesetze halten."
So auch bei der mit großem Tamtam eingerichteten "Transitzone" beim Budapester Ostbahnhof. Orban hat dies als größtmögliches Entgegenkommen gegenüber den Flüchtlingen verkauft. Wer es trotz Grenzzaun bis hierher geschafft hat, darf sich auf diesem Platz offiziell aufhalten. Hunderte Männer, Frauen, einige Schwangere, sehr viele Kinder – meist aus Syrien und Afghanistan – campieren hier schutzlos unter freiem Himmel.
Parteimitgründer Zsolt Victora ist Familienvater. Er provoziert: "Durch das Leben auf der Straße ermöglich wir diesen Leuten, ganz eng in Kontakt mit der ungarischen Kultur zu kommen. Dies ist doch die beste Möglichkeit, um Ungarn kennenzulernen." Wenn man nicht mehr Lachen kann, weil der Knoten im Hals immer größer wird, wenn Lachen und Weinen so eng beieinander liegen – dann will auch der größte Spaßvogel seinen wahren Gefühlen Luft machen.
"Die Regierung will, dass die Einwohner die Flüchtlinge hassen"
"Deshalb bauen sie auch kein normales Flüchtlingszentrum auf", sagt Gergely Kovacs."Sie lassen die Menschen hier und in den Parks rum liegen. Um zu zeigen, dass es ein einziges Fiasko ist. Und nutzen es für ihren Populismus." Und diesen Populismus machen Gergely Kovacs und seine Freunde lächerlich: "Achtung! Die Einwanderer essen unsere Arbeit auf!" Oder: "Für Antiflüchtlingskampagnen haben wir viel Geld!"
Das Geld dafür hat die "Partei des zweischwänzigen Hundes" über Spendenaufrufe via Social-Media gesammelt. Hunderttausend Euro von 7.000 Spendern. Die Plakatwände hat er ihnen vermietet. Der schwerreiche Oligarch Lajos Simicska, langjähriger Orban-Vertrauter und Financier von Orbans Fidesz-Partei, hat ihnen die Plakatwände vermietet. "Die beiden haben sich verkracht. Jetzt unterstützt er uns", sagt Gergely Kovacs. "Wir sind nicht wirklich happy mit dem Typen, der unserem Land viel Geld gestohlen hat, aber dank ihm können wir unsere Plakate hängen."
Die Plakate nehmen auch Orbans populistischen Politikstil allgemein aufs Korn : "Orbans Partei will die Todesstrafe", steht dort. "Unsere Partei fordert: Das ewige Leben."
Autorin: Susanne Glass/ARD Wien
Stand: 09.07.2019 05:05 Uhr
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