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USA: Goldgräberstimmung wegen künstlicher Intelligenz

USA: Goldgräberstimmung wegen künstlicher Intelligenz  | Bild: IMAGO / NurPhoto

Es ist eine Neue Welt der Möglichkeiten, die sich durch "künstliche Intelligenz" (KI) auftut. Und kaum irgendwo in der Welt ist das schon so sehr Teil des Alltags, wie im Silicon Valley. Bei den Firmen ist der Optimismus fast grenzenlos. Hier gestalten die meisten Start-Up-Unternehmen diese neue Welt. Eine Zeitenwende sagen sie hier, genauso wie übrigens die Kritiker: Entweder wird durch KI unsere Welt gerettet oder sie reißt uns komplett in den Abgrund. Das sind die Extreme bei der Bewertung von künstlicher Intelligenz. Klar ist aber diese Technologie wird die Gesellschaft mindestens so stark verändern, wie seinerzeit die Dampfmaschine. Eine Reportage aus San Francisco und Hollywood, wo Drehbuchautor:innen und Schauspieler:innen gegen den Einsatz von KI streiken.

San Francisco: Hier ist künstliche Intelligenz Alltag

KI gesteuertes Robotaxi auf Straße
Die KI steuert das Robotaxi  | Bild: SWR

San Francisco wirkt wie immer, aber was hier gerade passiert, verändert die Welt. Es ist der Place to be beim Thema Künstliche Intelligenz. Kein Thema beschäftigt mich grade mehr – nicht nur beruflich. Künstliche Intelligenz ist wirklich Alltag in San Francisco. Hier fahren nicht nur Cable Cars, sondern auch hunderte Robotaxis durch die Gegend. Mal schauen, wie es sich anfühlt, wenn KI am Steuer sitzt. Bestellt wird per App – wie beim normalen Taxi. Aber hier ersetzen Radar, Kameras und KI-Software den Menschen am Steuer: Robotaxis sind nicht perfekt. Immer wieder blockieren sie Zufahrten und Rettungswege. Es ist schon ein komisches Gefühl, weil wir wissen, unser Leben liegt gerade in der Hand von Computern. Aber das Robotaxi fährt sehr defensiv, wir werden vermutlich keinen Strafzettel wegen zu hoher Geschwindigkeit bekommen.

Hollywood: KI auch in der Filmbranche

Das Leben in den Händen von KI – klingt nach Science-Fiction und Hollywood. Und tatsächlich ist KI auch in der Filmbranche ein Riesenthema. Caleb Ward experimentiert mit Filmtrailern. Und auch ich hab darin eine Rolle. "Ok Wow, das das zuletzt war ich, oder?" Ja, genau! "Es ist 100 % KI. Nichts von dem, was du gesehen hast, ist echt", so Caleb Ward. "Alle Bilder, alle Bewegungen ... Ich habe die Bilder von KI erstellen lassen ... die Geschichte habe ich mit Hilfe von Chat GPT zusammengeschrieben, ich habe sie nur ein bisschen bearbeitet. Und dann habe ich das Audio genommen und die Stimme von einem Computerprogramm erstellen lassen." Ich bin beeindruckt, was in nicht mal drei Stunden möglich ist. Und hab gleichzeitig ein komisches Gefühl. Caleb ist überzeugt, dass KI die Filmbranche demokratischer machen wird.

Computermonitor
Mit Hilfe von KI wird ein Filmtrailer produziert  | Bild: SWR

"Jetzt hat jeder die Möglichkeit, einen Film zusammenzustellen und seine Konzepte zu präsentieren. Zum ersten Mal in der Geschichte kann jeder Filmtrailer pitchen. Die Geschichten, die wir im Kopf haben visuell auf einem Bildschirm präsentieren. Ich denke, das ist eine gute Sache für Kreative. Und ich glaube nicht, dass man davor Angst haben muss. Ich habe wirklich das Gefühl, dass wir sehr bald lernen werden, dass dies einfach nur Werkzeuge sind."

San Francisco: Aufbruchstimmung bei den Tech-Firmen

Zurück in San Francisco. Im Mission District. Genau hier ging Ende letzten Jahres alles los. Ein unspektakuläres Gebäude. Aber genau in dieses Gebäude will der Software-Konzern Microsoft in den nächsten Jahren Milliarden Dollar stecken. Denn hier hat alles angefangen mit dem KI-Hype. Hier sitzt Open AI drin und die haben den Chatbot Chat GPT entwickelt. Seither: Goldgräber-Stimmung. Auch direkt nebenan. Viele junge Firmen wollen das nächste große KI-Ding drehen: Auch der Mann in diesem Oktopus-Kostüm – Arndt Voges aus Hannover. Das ist er ohne Kostüm – und mit Ideen: "Wie löse ich Klima Probleme, wie löse ich Bildungsprobleme mit diesen neuen Technologien, die wir haben."

Menschen in Büro am Computern
Hier wird mit KI eine Lern-Plattform entwickelt

Seit 13 Jahren ist Arndt in San Francisco. Letztes Jahr hat er mit einem Partner eine Lern-Plattform gegründet, auf der Nutzer eigene Online-Kurse erstellen können. "Es wird uns so etwa 1.000 Dollar gekostet haben, einen Lernkurs zu erstellen. Vor KI – und jetzt kostet es uns fünf Cent. Also gar nichts. Und das ist inklusive Texten, Bildern und das Format, das die KI erstellt." Das Startup in Deutschland zu gründen, kam nicht infrage. In San Francisco komme man viel einfacher an Fachleute und Geld, erzählt er mir: "Grade bei KI, in Deutschland, da diskutieren Regierungen und Investoren. Hier fließt schon Geld. Wenn man innovativ sein will, dann ist hier der richtige Platz zu sein."

Hollywood: Für manche ist KI Diebstahl

Doch diese Euphorie, die teilen längst nicht alle in den USA: Hollywood produziert seit Anfang Mai solche Bilder. Hier streiken die Drehbuchautoren und Schauspielerinnen und dieser Streik hat gigantische Auswirkungen. Keine Dreharbeiten mehr, keine Filmpremieren, Hollywood ist im Prinzip lahmgelegt. Ich treffe Justine Bateman. In den 2000ern hat sie in Serien wie Desperate Housewives mitgespielt. Jetzt ist sie Produzentin und Autorin und verhandelt mit den Filmstudios. Justine kämpft für besseres Gehalt aber auch für klare Regeln beim Einsatz von KI.

Demonstranten mit Plakaten
"KI ist Diebstahl" finden Autoren und Schauspieler | Bild: SWR

"Es ist Diebstahl. Künstliche Intelligenz ist Diebstahl. Sie klauen unsere ganze Arbeit. Ohne unser Material funktioniert KI nicht. Wenn sie ohne dieses Material funktionieren würde – großartig. Aber das tut sie. Es geht nicht um die reichen Schauspieler. Diese Basisverträge sind für sie nicht so wichtig wie für alle anderen Künstler. Umbrüche gabs in dieser Branche reichlich – vom Stummfilm übers Fernsehen bis zu Streaming-Plattformen. Dieser könnte der bedeutendste sein. Durch KI könnten viele Jobs verloren gehen, fürchtet Justine. "Wir brauchen dich nicht mehr. Wir nutzen deine bisherige Arbeit."

San Francisco: Schattenseiten des Tech Booms

Der Tech Boom in San Francisco hat auch Schattenseiten: extrem hohe Mieten, das Leben ist teuer. Menschen fallen durchs Raster. Ich kann mich an diese Gegensätze nicht gewöhnen. Und dann wird beim Thema KI ja noch ein ganz anderes Level an Risiken diskutiert. Dieses Statement – nur ein Satz – hat es in sich: Es drohe die "Auslöschung" der Menschheit. KI müsse man ähnlich ernst nehmen wie Pandemien oder einen Atomkrieg. Unterschrieben haben es ausgerechnet die Chefs führender KI-Firmen und viele Forschende. Mitformuliert hat Dan Hendrycks, der zu Risiken von KI forscht: Er macht sich große Sorgen, weil die Systeme so schnell dazu lernen. "Wenn sie etwas schlauer sind, könnten sie möglicherweise dazu beitragen, ein Kochbuch für Leute zu erstellen, die sagen: 'Hey, hilf mir, eine Biowaffe herzustellen'. Das könnte ein Problem werden. Künftige KIs könnten, weil sie so viel wissen, Massenvernichtungswaffen sein." Ein Wettrennen um die beste Technik – und sinnvolle Gesetze. "Wir müssen darüber nachdenken, wie wir sicherstellen können, dass sie dieses Wissen nicht in sich tragen. Dass die Chatbots diese Art von Informationen nicht ausspucken." Alle hier sind sich einig: KI wird mehr und mehr Teil unseres Lebens – die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie Künstliche Intelligenz die Welt verändern wird"

Autoren: Nils Dampz, ARD-Studio San Francisco und Sarah Schmidt, ARD-Studio Washington

Stand: 06.08.2023 20:41 Uhr

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