So., 28.08.22 | 18:30 Uhr
Das Erste
USA: San Diego spart Wasser
San Diego, die achtgrößte Stadt der Vereinigten Staaten. 1,4 Millionen Einwohner:innen, nochmal knapp zwei Millionen im Umland. Und alle brauchen Wasser. Doch das ist knapp.
Nancy und Ken Cavanah haben deshalb einheimische Pflanzen in ihren Vorgarten gesetzt. Alle Dürre-resistent. "Es ist alles ziemlich pflegeleicht. Wir müssen nicht gießen. Das macht es leicht!", erzählt Ken und Nancy ergänzt: "Vielleicht so einmal im Monat müssen wir mal was zurückschneiden, je nach Saison."
Wassersparen im Alltag
Vor neun Jahren haben die beiden entschieden: das Gras vor der Tür muss weg, es braucht einfach zu viel Wasser. Ein Angebot der Region San Diego kam da gerade recht: 43 Dollar Bonus pro erneuertem Quadratmeter Garten zahlt die Wasserbehörde. "Das hier war alles Wiese – etwa 160 Quadratmeter. Den Rasen haben wir ausgegraben und stattdessen den Mulch aus diesen vielen Säcken hier um die Pflanzen verteilt", sagt Ken.
Bei den Cavanahs lohnte sich die Umwandlung: Nur 50 Dollar haben sie aus eigener Tasche gezahlt, erzählen sie uns. Und dass sie jetzt auch Werbung in der eigenen Nachbarschaft machen. Wo noch nicht alle so umsichtig unterwegs sind: Es gibt dort entweder große Rasenflächen, die viel Wasser brauchen oder Kunstrasen und Schottergärten, die aber den Boden versiegeln. Nancy ärgert das: "Ich habe eine Mission! Ich habe immer die Mission den Planeten zu retten!"
Auch im Haus haben sie deshalb auf Wassersparen umgestellt, auch hier gefördert von der Stadt. Auf den ersten Blick wirkt alles ganz normal. Aber in den Badezimmern sind wassersparende Toiletten verbaut und Sparduschköpfe. Mehr als 600.000 davon sind im Förderprogramm der Stadt registriert. "Jedes kleine bisschen Wassersparen im Alltag hilft. Egal ob im Bad, in der Küche oder im Garten. Es sind kleine Schritte, Babyschritte, aber wir müssen das versuchen", sagt Nancy.
Eine Entsalzungsanlage hilft die Stadt zu versorgen
Denn die Dürre bleibt: Seit 20 Jahren schon leidet Kalifornien an Wassermangel. Wird zur Wüste, überall da wo niemand wässert. Nur Trink- oder Grundwasser einzusparen reicht bei weitem nicht mehr, um die wachsenden Städte an der US-Westküste zu versorgen. Vor den Toren San Diegos ist deshalb die zweitgrößte Entsalzungsanlage der Welt entstanden.
Ingenieur Nathan Faber zeigt uns die Anlage. Er weiß, sie ist sehr energieintensiv, er kennt auch die Kritik von Umweltschützern. Aber er weiß auch: Sie ist alternativlos."Ich könnte jetzt noch da draußen im Ozean surfen und zwei Stunden später wäre diese Welle dann entsalzt und käme bei mir aus dem Wasserhahn", erzählt er. "Nur zwei Stunden?", fragt Reporterin Gudrun Engel und Nathan antwortet: "Zwei Stunden!"
190 Millionen Liter Meerwasser werden hier jeden Tag zu Trinkwasser für die Region. Dafür wird es in diesen Röhren durch 16.000 Filter gepresst. Umgekehrte Osmose heißt das Verfahren. Und ist eine Maßnahme von vielen, um die Wasserversorgung zu sichern: "Seit den Neunzigern haben wir es geschafft, den Pro-Kopf-Wasserverbrauch zu halbieren – obwohl unsere Bevölkerung gewachsen ist und wir den Klimawandel und die Dürre haben. Der ausschlaggebende Punkt dafür ist Bildung! Den Bürgern beizubringen, weniger Wasser zu verbrauchen – beim Bewässern, unter der Dusche, wirklich den Umgang mit dem Wasser zu ändern."
Die Stadt überwacht 500 Kilometer Rohrleitungen jetzt mit Sensoren, die bei Lecks schnell Alarm geben, bevor Wasser versickern kann. Nathan Faber ist überzeugt davon, dass die Maßnahmen der Stadt gut ineinandergreifen: "Ein Stresstest hat ergeben, dass wir hier genügend Wasser bis 2045 und vielleicht sogar noch länger haben. Wir haben viel in die Lagerung, die Entsalzung und die Wiederverwendung von Gebrauchswasser investiert."
Jede:r trägt Verantwortung
Wasser sammeln und aufbereiten – neben Wasser sparen das große Thema in der San Diego-Region. Besonders, weil pro Jahr nur 25 Zentimeter Regen vom Himmel fallen. Emily und Chris Sears sammeln jeden Tropfen in zwei großen Tanks auf. Das reicht ihnen, um ihren Garten zu versorgen. Sie haben sich eine grüne Oase geschaffen mit viel Obst und Gemüse – Gärtnern als Hobby. "Ich fürchte den Tag, an dem wir eigenes Gemüse anbauen müssen, um überleben zu können. Weil das Wasser in der Landwirtschaft fehlt. Wir haben ja jetzt schon Wasserknappheit! Wir leben schon mit der Krise! Deshalb müssen wir Wasser so klug wie möglich wiederverwenden", erklärt Chris.
Garten-Designerin Brook Sarson hat unter den Beeten von Chris und Emily ein Rohsystem verlegt, das Gebrauchswasser aus dem Haus direkt zu den Obstbäumen leitet. "Wir haben ausgerechnet, wie oft die Waschmaschine läuft – das reicht hier, um 3 Obstbäume zu bewässern. Im Waschwasser sind außerdem eine Menge Nährstoffe aus der Seife – das ist quasi wie kostenloser Dünger", erzählt Brook.
Je nachdem, ob Emily Sears Bleichmittel zum Waschen verwendet oder Biowaschmittel entscheidet sie mit diesem Hebel, ob das Wasser in die Kanalisation, oder den Garten abgepumpt wird. "Das versorgt die Wurzeln unter der Erde und auch die ganze Umgebung. Der Boden bleibt dadurch feucht", sagt Chris. Wie viele Bewohner:innen San Diegos leisten sie der Trockenheit mit kleinen Maßnahmen erfolgreich Widerstand – es bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig.
Autorin: Gudrun Engel/ARD Studio Washington
Stand: 28.08.2022 20:09 Uhr
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