So., 03.11.19 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA: Trump – Ein Jahr vor der Wahl
Der Countdown läuft. Noch genau ein Jahr bis zur Präsidentschaftswahl. Und sie alle hier in Dallas, Texas wollen Donald Trump helfen, das Weiße Haus zu verteidigen. In der Hauptstadt mag man ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump vorbereiten. Doch hier stellen sie sich jetzt erst recht hinter ihren Präsidenten.
Ein Schwindel der Demokraten – für viele Trump Anhänger
"Ich denke nicht, dass er etwas Falsches getan hat. Ich sage nicht, dass er ein perfekter Mann ist. Aber ein Amtsenthebungsverfahren ist nicht gerechtfertigt. Er hat für uns alles getan, was er konnte. Und dieses Verfahren ist nur ein Schwindel der Demokraten, weil sie Angst vor ihm haben", so eine Trump Anhängerin. Rund 20.000 Menschen warten teilweise stundenlang vor der Arena, um Trump sprechen zu hören. Normalerweise treten hier Rockstars auf. Die amerikanische Nationalhymne wird zur Einstimmung auf die Rede des Präsidenten gesungen. Und Trump stimmt einen Medley seiner Wahlkampfthemen an, mit denen er schon 2016 Erfolg hatte.
Donald Trump, Präsident der USA: "Wir bauen eine großartige Mauer entlang der südlichen Grenze. Und sie wächst schnell in die Höhe." Bau die Mauer! Skandieren die texanischen Fans des Präsidenten.
Dass Trump sein Wahlkampfversprechen nur teilweise erfüllen konnte und bislang vor allem bestehende Grenzanlagen ausbauen lassen hat, nimmt ihm hier niemand übel. Denn Schuld daran seien die Demokraten.
Donald Trump, Präsident der USA: "Sie haben die Finanzierung gestoppt. Sie haben den Bau fast unmöglich gemacht. Aber wir haben uns ein bisschen Geld von hier, ein bisschen Geld von dort besorgt und dann von überall. Und jetzt bauen wir das Ding!"
Letzte Epoche der Menschheit
2.500 Kilometer weiter westlich. Los Angeles im liberalen Kalifornien wirkt wie eine andere politische Welt. Draußen vor den Toren der Stadt lebt der Schriftsteller T.C. Boyle. Schon vor 25 Jahren schrieb er in seinem Roman 'Amerika' über wohlhabende US-Bürger, die aus Angst vor mexikanischen Einwanderern eine Mauer errichten und sich radikalisieren. Wie hat er das kommen sehen? "Wir sind eine Spezies, wir sollten alle miteinander auskommen so gut wir können, ohne diese Vorurteile. Aber in der Tradition des Faschismus findet man immer einen Sündenbock und das ist oft der Fremde. Das ist, was wir erleben, es ist eine furchtbare Schande für Amerika und für die amerikanische Geschichte", antwortet T.C. Boyle.
Trumps Präsidentschaft wirke sich nicht nur auf das gesellschaftliche Klima aus, sondern auch auf die Umwelt, meint T.C. Boyle. Denn Trump habe zahlreiche Umweltschutzgesetze abgeschafft – mit langfristigen Folgen.
"Ich glaube wir sind dabei, uns auf die letzten Epochen der Menschheit zuzubewegen. Alles ist kurz davor zu kollabieren. Wir sind schon jetzt 7,3 Milliarden Menschen und der Klimawandel wird sich negativ auf die Essensressourcen auswirken. Und natürlich erhöht sich schon jetzt der Meeresspiegel. Wenn du dachtest, die syrische Flüchtlingskrise war schrecklich, warte bis die Fluten in Bangladesch 60 Zentimeter hoch sind. Wo werden all die Menschen hingehen", fragt T.C. Boyle.
Kampf gegen den Umweltschutz
Ganz in der Nähe von T.C. Boyles Haus zeigen sich andere Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt. Hier in Kalifornien wüten wegen heftiger Dürren immer wieder Waldbrände. Forscher rechnen damit, dass solche Katastrophen aufgrund der Erderwärmung häufiger auftreten. Von solchen Zusammenhängen wollen Trumps Anhänger in Texas nichts wissen. Dass der Präsident den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen erklärt hat, wird hier gefeiert.
"Dieses ganze Klima-Gerede ist doch ein Haufen Bullenmist. Ich glaube es einfach nicht. Die haben doch gar keine echten wissenschaftlichen Fakten. Ich bin zwar kein Experte für Klima, aber ich stehe einfach hinter dem, was Trump in der Sache tut", sagt ein Trump Anhänger.
Der Präsident selbst verkauft seinen Kampf gegen den Umweltschutz als eine der größten Leistungen seiner Amtszeit. Donald Trump, Präsident der USA: "Wir haben eine Rekordzahl an Umweltregulierungen beseitigt. Die USA sind jetzt die Nummer eins unter den Öl- und Erdgasproduzenten weltweit. Doch jeder der demokratischen Präsidentschaftskandidaten will die Öl- und Gasproduktion abschaffen. Ich glaube, die wollen zu Windrädern zurückkehren."
Eine Botschaft, die ankommt. "Seine Wirtschaftspolitik ist großartig. An der Börse läuft es super. Ich persönlich arbeite in einem Casino und das boomt. Man spürt, dass die Leute plötzlich mehr zum Ausgeben haben", so eine Trump Anhängerin.
In einem Jahr muss sich Amerika entscheiden
Fakt ist: Während Trumps Präsidentschaft ist die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand seit 50 Jahren gesunken. Der amerikanische Aktienindex Dow Jones kletterte auf ein Rekordhoch. Dies gelang auch, weil Trump die Unternehmenssteuer maßgeblich senkte. Wegen der florierenden Wirtschaft hat Trump wohl gute Chancen, im kommenden Jahr wiedergewählt zu werden. Sieht das auch sein prominenter Kritiker T.C. Boyle so?
"In Zeiten einer starken Wirtschaft wird traditionell der Amtsinhaber wieder gewählt. Dennoch denke ich, dass dies eine spezielle Situation ist, in der die Demokratie in Gefahr ist. Ich hoffe, dass genügend Wechselwähler erkennen werden, wie falsch es ist, diesen Mann im Weißen Haus zu halten", so T.C. Boyle, Schriftsteller.
Noch genau ein Jahr. Dann muss Amerika sich entscheiden – ob es weltoffen und umweltbewusst sein will wie T.C. Boyles Kalifornien oder nationalistisch und unternehmerfreundlich wie Trumps Texas.
Autor: Jan Philipp Burgard / ARD Studio Washington
Stand: 03.11.2019 20:00 Uhr
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