So., 11.05.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Ukraine: Der Tag des Referendums
Die Fördertürme stehen nicht nur heute am Sonntag still – schon seit Jahren wird immer weniger Kohle im Schacht Petrowskogo gefördert - Anders als früher unter Hammer und Sichel. Viele machen Kurzarbeit oder müssen unbezahlten Urlaub nehmen. Der Ausweg aus diesem Elend, glauben sie, sei die Abspaltung von der Ukraine. Deswegen gehen sie wählen.
Für die alten, die nicht so gut Treppen steigen können, ist unten im Verwaltungsgebäude ein kleines Wahlbüro eingerichtet. Es geht alles ganz schnell: Pass zeigen, Häkchen machen, fertig. Eine Wahlkabine gibt es nicht.
Eine Etage höher - das eigentliche Wahllokal – auch ohne Kabinen. Ein aktuelles Wählerverzeichnis haben sie nicht – das wollte die Regierung in Kiew und nicht rausrücken. Sie müssen deswegen die Wählerlisten von den letzten Wahlen benutzen, erklären sie uns – das würde aber hervorragend funktionieren..
"Wir kennen die Leute aus unserem Stimmbezirk sehr gut. Ich habe nämlich schon ein paar Mal als Wahlhelferin gearbeitet.“
In der Urne sehen wir nur Ja-Zettel – ja zur Unabhängigkeit.
"Wir haben es satt, so wie bisher zu leben. Ich will nach Russland. Wir wollen uns an die Heimat anschließen. Wir sind doch alle Slawen.“
Und so denken viele, die heute zum Referendum gegangen sind..
Am Stadtrand von Donezk haben die Separatisten Kontrollposten errichtet.
Größere Fahrzeuge werden durchsucht. Sie haben Angst, dass die politischen Gegner Waffen und Munition einschmuggeln könnten.
"Wir hoffen, dass bald alles besser wird. Unsere Situation: Das kann man doch nicht leben nehmen, das ist überleben. Die Renten sind winzig, die Löhne auch. Und es gibt keine Arbeit.“
Die Uniformen haben sich die Männer selbst zusammengestellt, ihre Gesichter sind maskiert – aber daran sind sie jetzt hier gewöhnt.
"Die haben doch nur Angst um ihr Leben und das ihrer Familien. Ich, ich bin geschieden und habe 2 Kinder. Ich fürchte mich vor nichts, deswegen verberge ich mein Gesicht nicht.“
Angst hatten aber andere: Wer nicht für die Unabhängigkeit stimmen wollte – der blieb heute besser zuhause.
Autor: Michael Heussen/ARD Studio Moskau
Stand: 12.05.2014 09:52 Uhr
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