So., 09.03.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Charkiv – Die russischste aller Städte
Die Grenze zur Ukraine. Ghobdovka. Der größte Grenzübergang. Früher wurden Reisende aus Russland hier einfach durch gewunken. Jetzt werden sie genau kontrolliert.
In den letzten Wochen haben russische Demonstranten hier immer wieder die Grenze überquert und in Charkiv die pro-russischen Demos angeheizt.
Die Grenzer sind nervös. Für heute haben pro-russische Kräfte in Charkiv zur Kundgebung aufgerufen.
Alexander Moskvin, ein erfahrener Grenzschützer - erklärt seinen Kollegen, wonach sie suchen sollen.
Das orange-schwarz Band – das Demonstranten bei den pro russischen Demos tragen, Waffen, Messer, Kampfanzüge.
Reporterin:
Alexander Moskvin, Grenzschützer:
Belgorod, eine russische Nachbarstadt. Von dort aus starten viele der Busse, mit denen russische Agitatoren über die Grenze zu den Demos fahren.
Diese vier Männer passen ins Profil.
Alexander Moskvin:
Allein in der letzten Woche haben die Grenzschützer mehr als 530 Personen herausgefischt. Unter den Demonstranten hat sich das inzwischen herumgesprochen.
Alexander Moskvin:
Trotz aller Kontrollen ist im Osten der Ukraine in den letzten Wochen ein reger Demonstrations-Tourismus entstanden.
Und hierhin fahren die Demonstranten: zur Leninstatue nach Charkiv.
Hier haben sie vor einer Woche die neu installierte Regionalregierung und Anhänger der sogenannten Maijdan Bewegung aus der Regionalverwaltung gejagt.
Mit Knüppeln und Schlagstöcken und Tränengas waren pro-Russland Anhänger ins Gebäude gestürmt.
Einer, der dabei war - ein junger Russe aus Moskau. Im Internet schwärmt er vom Sturm auf den Sitz des Gouverneurs.
Mika Ronkainen:
Inzwischen ist der Gouverneur zurückgekehrt. Jetzt überwachen ukrainische Polizisten seinen Sitz, um eine erneute Stürmung zu verhindern.
Wir treffen Ivan. Er war im Rathaus und wurde beim Angriff durch pro-russische Aktivisten am Kopf schwer verletzt. Er hatte sich der hiesigen Majdan Bewegung angeschlossen, um auch im Osten für mehr Demokratie zu kämpfen.
Er erzählt mir wie sie eingekesselt wurden.
Ivan ist nervös. Er will nicht, dass wir seinen vollen Namen nennen.
Er spricht Englisch, damit man uns nicht versteht.
Ivan:
Ivan dreht sich um. Immer wieder unterbricht der Student seine Schilderung, fühlt sich beobachtet. Die Angst als Majdan Anhänger aufzufallen sitzt tief.
Ivan:
Die Einmischung von außen verzerrt das Bild, meint er.
Ivan:
Mischen sich die Russen zu sehr ein?
Ivan:
Ivan will lieber gehen. Zu viele Menschen. Mittlerweile hat sich der Platz rund um die Leninstatue, die größte in der Ukraine mit pro Russland Anhängern gefüllt.
Es sind vor allem junge Russen in Kapuzen, die ihm Angst einjagen.
Russland, Russland rufen sie und zeigen damit ihre Nähe zum grossen Nachbarn. Hier im Osten fühlen sich die Menschen schon immer mit Russland verbunden.
Igor Chulepetov:
Und die russische Sprache und Kultur ist hier im Osten ein Teil ihrer Identität.
Doch selbst wenn sich viele Menschen im Osten der Ukraine traditionell Russland verbunden fühlen, vom großen slawischen Bruder wollen sie nicht geschluckt werden.
Autorin: Birgit Virnich
ARD Studio Moskau
Stand: 15.04.2014 10:44 Uhr
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