Mo., 05.07.10 | 04:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
USA: BP-Kosmetik gegen Ölpest
Autor: Udo Lielischkies / ARD Washington
Allein die Ausläufer des Hurrikan Alex genügten, um die Lage in den vier Bundesstaaten, die bisher von der BP-Ölkatastrophe betroffen sind, zu verschärfen: Schiffe und Reinigungskräfte mussten in sichere Häfen zurückgeholt werden, gleichzeitig drückten starke Ostwinde immer mehr Öl an Strände und in Marschen. Die Nerven der Küstenbewohner liegen blank.
Fischer Christian hat Tränen in den Augen, als er uns die ölverschmierten Felsen vor Grand Isle in Louisiana zeigt. Dort fischt niemand mehr - und das wohl über viele Jahre. BPs Aufräumarbeiten sind für ihn reine Kosmetik und auf der nahe gelegenen Pelikaninsel leiden ölverschmierte Vögel, um die sich niemand kümmert. Kevins Austernfabrik - nach dem Öl die letzte in dieser Gegend von Louisiana - produziert noch: Seit acht Generationen ernährt sie Kevins Familie schon, doch nach dem Öldesaster könnte diese Saison die letzte sein. ARD-Korrespondent Udo Lielischkies, unterwegs im Krisengebiet, zeigt die verheerenden Auswirkungen der größten Umweltkatastrophe in den USA.
IRAK: Nach dem Abzug der US-Armee
Autor: Jörg Armbruster / ARD Kairo
Müllberge, die keiner abholt und die bei rund 50 Grad Celsius stinkend vor sich hin köcheln, eine fehlende Kanalisation und die kaum funktionierende Versorgung mit Elektrizität und Trinkwasser: Das ist Alltag für die Bewohner Bagdads im Sommer 2010. Dabei müssten die Menschen jetzt glücklich sein, weil das Ende der ungeliebten Besatzung naht. Wir erinnern uns: Mit dem fadenscheinigen und widerlegten Argument, der Irak bedrohe die Welt mit Massenvernichtungswaffen, marschierten die Vereinigten Staaten George W. Bushs mit ihrer Koalition der Willigen 2003 im Rekordtempo nach Bagdad. Den 300.000 Soldaten gelang der schnelle Sturz Saddam Husseins. Nach sieben verlustreichen Jahren ziehen sich die Amerikaner auf der Grundlage eines Abkommens mit der irakischen Regierung aus dem Land zurück. Bis Ende August räumen die letzten regulären Kampfeinheiten ihre Stützpunkte; lediglich 50.000 Soldaten bleiben zur Ausbildung und Sicherung von US-Einrichtungen zurück. Die Iraker nehmen ihr Land wieder in die eigenen Hände, aber es scheint schlechter zu laufen als vor der „Befreiung" von Diktator Saddam Hussein.
MAROKKO: Scheidung auf Leben und Tod - Tradition gegen Gesetz
Autorin: Annekarin Lammers / ARD Madrid
Gegen den Widerstand vieler Konservativer setzte König Mohammed VI. von Marokko vor sechs Jahren ein neues Familienrecht durch. Das Gesetz gilt als enormer Fortschritt für die Rechte der Frauen in einem islamischen Land: Nun können auch sie die Scheidung einreichen und auch ohne die Einwilligung eines männlichen Verwandten heiraten. Das Mindestheiratsalter wurde auf 18 Jahre heraufgesetzt, die Polygamie, die Vielehe eingeschränkt. So viel zur Theorie. Die Realität wird bestimmt von festgefahrenen Traditionen, reaktionären Richtern und Vorurteilen, die stärker sind als jedes noch so fortschrittliche Gesetz. Im Einzelfall kann der Weg zur Scheidung für die Frau zu einem Kampf um Leben und Tod mit ihrem gewalttätigen Mann werden. Nicht selten werden misshandelte und dann endlich geschiedene Frauen danach sogar von ihren eigenen Familien verstoßen.
JAPAN: Plastikessen als Appetitanreger
Autor: Mario Schmidt / ARD Tokio
Sein Essen ist ungenießbar, soll aber dem Betrachter das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Shiko Tanaka kreiert Gerichte aus Vinylchlorid als Orientierungshilfe für den Gast, der keine Überraschungen mag. Vorbei sind die Zeiten, als Restaurants ihre Gerichte mit Fotos bewarben. Wer heute mit Essen Kasse machen will, der schwört auf das Modell, das frischer, besser und originaler aussieht als das richtige Essen auf dem Teller. Und auch die Zubereitung ist gar nicht so anders: Der echte Fisch dient als Modell für die Gussform, deren Füllmasse dann auch tatsächlich 20 Minuten lang im Ofen ausgebacken wird. Nur bei den Farben - und darauf ist der „Plastikkoch" besonders stolz - sieht alles noch appetitlicher aus als beim Original. Und die „Plastik-Menüs" machen nicht bei der japanischen Küche halt: Längst gibt es auch Spaghetti und Omelettes - frisch und lecker aus Plastik.
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